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Auge, Oliver; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Handlungsspielräume fürstlicher Politik im Mittelalter: der südliche Ostseeraum von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis in die frühe Reformationszeit — Mittelalter-Forschungen, Band 28: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34741#0311

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296

IV. Die verfassungsrechtliche Stellung

stung.*"' Explizit sind in den Quellen derartige Zusammenhänge zwar kaum genannt,
doch lassen sie sich aus dem jeweiligen Kontext vielfach erschließen. Insgesamt lassen
sich die Spielarten der hier behandelten Kontaktpflege dabei wiederum dem dyna-
stisch-familialen Bereich zuordnen, dem politische Bezüge, wie schon dargestellt, da-
mals stets inhärent waren. Wenn z. B. Herzog Heinrich d. Ä. von Braunschweig-Lüne-
burg am 23. Januar 1507 mit Landgraf Wilhelm von Hessen eine Einung schloß und
beide sich gegenseitige Unterstützung im Falle eines Angriffs versprachen, aber ge-
meinsam neben Papst, König, Herzogen von Sachsen und Markgrafen von Brandenburg
u. a. gerade auch die Herzoge von Mecklenburg sowie Bogislaw X. von Pommern aus-
nahmen, dann läßt sich letzteres gut über die politisch-dynastischen Beziehungen er-
klären, die beide, die Mecklenburger und Pommern, zu den Genannten aufgebaut hat-
ten und unterhielten.'^ Mittelbar gewannen die Herzoge in ihrem weiteren Umfeld so
wertvolle fürstliche Rückendeckung. Oder ganz konkrete Hilfe: Der Bitte Magnus' II.
etwa, Herzog Johann von Sachsen-Lauenburg möge einmal in seinen Städten herumhö-
ren lassen, welche Gerüchte über ihn in seinem Verhältnis zur Stadt Rostock im Umlauf
seien, kam dieser sogleich nach, wie er in einem Schreiben vom 28. März 1485 hilfsbe-
flissen vermeldeter^
Ganz allgemein hoben gute Beziehungen zu anderen Reichsfürsten auch das ei-
gene Ansehen, was sich in der Bestellung als Schlichter bei verschiedenen Streitfällen
widerspiegelter"' Das konnte sich wiederum auf andere Weise auszahlen. 1479 stifteten,
wie schon erwähnt, die Herzoge Albrecht VI. und Magnus II. von Mecklenburg einen
Frieden zwischen Pommern und Brandenburg.*^ Für die Mecklenburger war das inso-
fern lohnenswert, als sie erstens für ihre vertragliche Bürgschaft eines etwaigen Anfalls
Pommerns an Brandenburg im Falle des Aussterbens der pommerschen Greifendyna-
stie vom Kurfürsten ihrerseits die Lande Barth, Wolgast, Anklam und Gützkow ver-
sprochen erhielten*^ und zweitens kurz darauf Herzog Bogislaws Vermittlung in ihrem
Streit mit den Maltzahn um Stadt, Schloß und Vogtei Penzlin gewannen.*^ Kurz zuvor
war zudem ein Landfrieden zwischen Mecklenburg, Pommern und Brandenburg ge-
schlossen worden, der sie auch noch von außen her absicherte.*" 1502 übernahm Bogis-
law X. z. B. die Schlichtung in den Irrungen des Grafen Wilhelm von Henneberg mit den
Landgrafen von Hessen.**" Gerade für Bogislaw, dessen ständischen Status Brandenburg
doch immer wieder anfocht, mußte der Stellenwert eines solchen Auftrags von vornher-
ein ein sehr hoher sein, ebnete gerade dies doch auch seiner Anerkennung als vollwerti-
gem Reichsfürsten den Weg. Andererseits gewannen die Fürsten im Streitfall durch ihre

283 Siehe dazu etwa die Selbstverpflichtung des Herzogs Heinrich d. Ä. von Braunschweig und Lü-
neburg vom 21. Januar 1493: LAS, Bestand 11.11, Nr. 21782 oder des Grafen Jakob von Lindow-
Ruppin vom 20. März 1495: Ebda., Nr. 22584.
284 Regesten der Landgrafen von Hessen II, Nr. 1124. - Zu den Ausnehmungen in solchen Bündnis-
sen siehe ausführlich das in Abschnitt 1.3.2.2 Gesagte.
285 LAS, Bestand 11.11, Nr. 19385.
286 Es sei hinzugefügt, daß dies im Prinzip nichts Neues war. So schlichtete etwa schon Heinrich II.
von Mecklenburg am 5./6. Dezember 1321 einen Streit zwischen den Brüdern Johann und Erich
von Sachsen-Lauenburg um Reichslehen und erteilte einen Rechtsspruch auf die Klage Herzog
Erichs gegen Graf Gerhard von Holstein über einen Sühnebruch, übrigens ausdrücklich mit
dem Kaiserrecht als rechtlicher Grundlage: UBBraunschweig VII, S. 219f. Doch scheint der Um-
fang solcher Schlichtungen zum Ausgang des Mittelalters zugenommen zu haben.
287 LAS, Bestand 11.11, Nr. 17320.
288 Ebda., Nr. 17338-17340. - EiBL 2006, S. 48, Anm. 74.
289 LAS, Bestand 11.11, Nr. 17372.
290 Ebda., Nr. 17362-17366.
291 StA Meiningen, Gemeinschaftliches Hennebergisches Archiv, Sektion I, Nr. 410101-2641.
 
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