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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0064

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Wahl und Thronfolge

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ling wohl zu Recht ihre entscheidende Bedeutung, obgleich mit einer wichtigen Ak-
zentverschiebung: Sie habe »keineswegs zu einem grundlegenden Umbruch im recht-
lichen Verständnis der Wahl« geführt, gleichwohl aber »die Entwicklung zur
Formalisierung des >Wahlgeschäfts< ... in verstärktem Maße« fortgesetzt, was schließ-
lich in die Ausbildung des Kurfürstenkollegs mündete A
Im Laufe des Hochmittelalters verschob sich das Gewicht zunehmend in Richtung
der Wahl, obgleich gerade unter den Ottonen und Saliern der Erbfolge faktisch noch
entscheidende Bedeutung zukam A Anlässlich der Erhebung Friedrich Barbarossas
1152 konnte beziehungsweise musste Otto von Freising allerdings bereits ausführen:
»Denn dieses Recht, dass nämlich das Königtum nicht nach der Blutsverwandtschaft
weitergegeben wird, sondern dass die Könige durch die Wahl der Fürsten eingesetzt
werden, beansprucht das römische Reich als seinen besonderen Vorrang.«^ Im Zuge
dieser Entwicklung erfuhren auch die Formen der Wahl eine gewisse Verfestigung und
Formalisierung,^ die durch die Doppelwahl von 1198 in eine neue Phase eintrat. Wie
die späteren Ausführungen zeigen werden, verstärkte sich diese Entwicklung im Spät-
mittelalter weiter, einschließlich einer stärkeren Trennung der einzelnen Elemente Vor-
verhandlung, Wahlakt und Anerkennung.^^ Dies führte schließlich dazu, dass der An-
spruch auf die Königsherrschaft allein aus der Wahl abgeleitet werden konnte und
diese damit die Krönung als konstitutiven Akt im rituellen Gefüge der Herrschererhe-
bung weitestgehend verdrängte.

ausreichende Begründung« aufgestellte Behauptung zurückgewiesen worden (ERKENS, Kurfür-
sten und Königswahl, S. 5).
33 REunNG, Entwicklung der Wahlformen, S. 270.
34 In der Merowinger- und vor allem in der Karolingerzeit war die Wahl in der Regel ein unerläs-
slicher Bestandteil der Herrschererhebung gewesen. Sie entschied jedoch nur »in den seltensten
Fällen ... auch über die Auswahl des Bewerbers«, sondern machte neben anderen Akten eine
bereits bestehende Auswahl »rechtsverbindlich« (KELLER, Schwäbische Herzoge als Thronbe-
werber, S. 131). Wahl- und Erbprinzip waren eng miteinander verschränkt, wobei der jeweilige
Grad stets von den politischen Gegebenheiten und Machtmitteln abhing (ScHLES/NGER, Anfänge
der deutschen Königswahl, S. 437f.; bejahend SCHNEIDER, Königswahl und Königserhebung im
Frühmittelalter, S. 256 und KELLER, Schwäbische Herzoge als Thronbewerber, S. 132). Zur Dis-
kussion um die Begriffe »Geblütsrecht« und »Wahlrecht« vgl. SCHMIDT, Königswahl und Thron-
folge, S. 11-18 und DiEDLER, Eine vergessene Designation?, S. 35-37.
35 Otto von Freising, Gesta Friderici I. imperatoris, 1. II, c. 1, S. 103: Nam z'd Uns Roman/ z'mpen'z apex,
H/Mz'cH non per sangn/'n/'s propagz'non: doscon&ro, sod per pr/hc/pM/?: oRcü'onon: rogos croaro, sz'M fam-
t?Man: ex sUgMian rvndz'caf prorogaüüa.
36 RoGGE, Die deutschen Könige im Mittelalter, unterscheidet zwischen »>Wahlen< in Form von
Huldigung« (S. V: »911-1124«, faktisch die Herrschererhebungen von 911, 918/919, 929, 936,1002,
1024, 1077 und 1081) und »>Wahlen< in Form von Stimmabgabe (Kur)« (1125-1198), was als
durchaus brauchbare Periodisierung und Klassifizierung angesehen werden kann, auch wenn
z. B. mit REunNG, Entwicklung der Wahlformen, S. 269 die Einordnung der Wahl von 1024 zu
überdenken wäre.
37 Vgl. hierzu kurz auch KELLER, Schwäbische Herzoge als Thronbewerber, S. 162, jedoch mit nur
bedingt angemessener Bewertung, wurden doch auch im Spätmittelalter alle einträchtig erho-
benen Herrscher allgemein im Reich anerkannt. Kellers abschließende Suggestivfrage (»Es ist
zu fragen, wie weit das Reichsganze sich in ihrer [der Kurfürsten, A.B.] Entscheidung noch re-
präsentiert fühlte und fühlen konnte.«), ist daher durchaus mit ja und nicht mit nein zu beant-
worten. Vgl. hierzu auch ERKENS, Mud/ oder paMcz?, mit dem abschließenden Fazit: »... änderte
sich im Grunde doch politisch kaum etwas, wenn der autoritative Vorrang weniger Großer zu
einem exklusiven Recht von sieben Fürsten wurde.« (S. 152).
 
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