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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0074

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Ausbildung des >Krönungsrechts<

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der Weihe des Königs und beim Abhalten von Synoden (id esf zu rcyc consccrando et
si/nodo dabcnda).""" Ein solches Privileg war keineswegs eine Neuheit, und auch der Text
selbst verweist auf frühere Verleihungen (szczd prcdcccssorcs zzostzi' tzzz's yzvdcccssozihzzs
cozzccsscz'zzzzt). Beispiellos war jedoch die explizite Nennung der Königsweihe, 955 war
allein das Recht zur Einberufung von Synoden erwähnt worden.""
Es liegt nahe, die Berücksichtigung der Weihe als Reaktion auf die Ereignisse der
Jahre 936 und 961 zu deuten. Gleichzeitig dürfte das päpstliche Privileg von 975 dafür
verantwortlich sein, dass bei der Mitkönigserhebung Ottos III. neben dem Erzbischof
von Ravenna, der aufgrund besonderer Umstände anwesend wa r,""" nur der Erzbischof
von Mainz als Beteiligter erwähnt wird. Eine abschließende Lösung der Streitfrage war
hierdurch jedoch nicht zu erwarten, denn die Bestätigung des Primats war auch in die-
sem Fall nur ad personam ausgestellt.""^ Zwar konnte auch in Zukunft mit der Bestäti-
gung der erweiterten Fassung des Privilegs gerechnet werden, und das alleinige Mit-
wirken 983 hätte sich ebenfalls traditionsbildend auswirken können. Eine endgültige
Entscheidung war damit jedoch keineswegs gefallen,"'" der Anspruch der Mainzer Erz-
bischöfe schien vielmehr an die päpstlichen Privilegienbestätigungen gebunden.
Ulrich Stutz hat gegen die älteren Meinung von Heinrich Böhmer""^ das Privileg
von 975 daher als Schwächung der Rechte des Mainzer Erzbischofs und als »gefährli-
chen Weg« gedeutet, sei doch an Stelle des »eigenen« jetzt das »abgeleitete Recht« getre-
ten."*^ Hierin folgte ihm Georg May, der glaubte, hinzufügen zu können, dass das Krö-
nungsrecht »indem es an den Besitz des Palliums gebunden wurde, ... gleichzeitig auf
die Grenzen der Mainzer Kirchenprovinz beschränkt« worden sei.""" Gegen diese Auf-
fassung spricht jedoch die Praxis von 983 ebenso wie der Wortlaut des päpstlichen Pri-
vilegs (zu fofzz Germania ef GaHia ... praeminere). Zwar ist richtig, dass einmal erweiterte
Zuständigkeiten wieder zurückgenommen oder eingeengt werden konnten und dass
die Kurie ähnliche Rechte in einer Art »Wettbewerb« auch an andere Erzbischöfe verlei-
hen konnte."""" Eine solche Sichtweise richtet den Blick jedoch zu sehr auf den künftigen
Verlauf der Ereignisse, wo doch statt der Zukunft die Vergangenheit den Maßstab für
die Bewertung bilden muss: Jenes »eigene« Recht des Mainzers war nämlich nur 919
und wohl auch 911 in dessen eigener Kirchenprovinz unbestritten gewesen, 936 und
961 jedoch umkämpft und mit den Ansprüchen Triers und vor allem Kölns konfrontiert
worden. In dieser keineswegs gesicherten Situation stärkte das Privileg von 975 die
Mainzer Ansprüche, wurde dem Erzbischof das Vorrecht bei der Königsweihe doch

100 Zimmermann (Hg.), Papsturkunden 896-1046, Bd. 1, Nr. 237 S. 472, im Kopfregest auch zu der
Frage nach einem vorausgehenden, jedoch verlorengegangenen Privileg Johannes' XII. Zur
Trierer »Primatspolitik« in dieser Zeit vgl. BosHor, Köln, Mainz, Trier, S. 27-33.
101 Zimmermann (Hg.), Papsturkunden 896-1046, Bd. 1, Nr. 133, S. 238.
102 Siehe hierzu SCHRAMM, Königskrönungen der deutschen Herrscher, S. 112f. (S. 113: »in Aachen
ist Otto III. zum König von Deutschland und Italien gekrönt worden«).
103 Dies betont zu Recht MAY, Der Erzbischof von Mainz als Primas, S. 48.
104 So zu bestimmt ERKENS, Ex jure rcgzzz AE/fus coroaafor, S. 34: »Die wichtige Entscheidung über das
Recht, den Herrscher des ottonischen Reiches salben zu dürfen, schien damit gefallen.«
105 BÖHMER, Willigis von Mainz, S. 16f.
106 STUTZ, Der Erzbischof von Mainz, S. 23.
107 MAY, Der Erzbischof von Mainz als Primas, S. 48f. Differenzierter noch STUTZ, Der Erzbischof
von Mainz, in unmittelbarem Anschluss an die von May zitierten Ausführungen (S. 24).
108 Vgl. STUTZ, Der Erzbischof von Mainz, S. 23-25.
 
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