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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0114

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Mainzer Ordo (10. Jahrhundert)

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zierung ist in gewisser Weise bereits durch den Ordo selbst vorgegeben, der durch die
Kombination von Handlungsanweisungen und dabei zu sprechenden Formeln die
Weihe in einzelne Abschnitte gliedert. Besonders deutlich wird dies in den älteren
Zeugnissen dieser Quellengattung, in denen den einzelnen Gebeten nur sehr kurze Ru-
briken vorausgeschickt werden (Sacn Mncho old, Coronc reyaEs zmposzüo, Gladn had/'h'o,
etc.), die keine explizite Abfolge der Handlungen festschreiben. Mit der Übernahme des
von Carl Erdmann als »Frühdeutschen Ordo« (Warmund-Sakramentar) bezeichneten
Textes ging jedoch eine stärkere Betonung der einzelnen Handlungen einher: Die jewei-
ligen Bausteine wurden nun in eindeutiger Reihenfolge angeordnet und miteinander
verknüpft, das Ritual erhielt einen klar benannten Anfangs- und Endpunkt. Bei der
Darstellung und Behandlung der einzelnen Sequenzen^ sollen daher im Folgenden
auch die Verarbeitung der Vorlagen und die Veränderungen in den verschiedenen
Handschriften einbezogen werden.
Der Ordo selbst beschränkt sich auf die liturgischen Bestandteile der Königserhe-
bung, eine Wahl durch die Großen, eine vorausgehende Thronsetzung oder das an-
schließende Krönungsmahl, wie es Widukind von Corvey für Otto I. berichtet,^ wird
nicht erwähnt. Den Auftakt bildet die Abholung des Königs von seinem Gemach (f/tala-
?MMs), wo einer der Bischöfe ein erstes Gebet spricht.^ Von zwei Bischöfen, die Heiligen-
reliquien um den Hals tragen, wird der König in Begleitung der Geistlichkeit hinter
dem vorangetragenen Evangelium, zwei Kreuzen und Weihrauch zur Kirche geführt.
Die Kleriker singen hierzu das Responsorium »Siehe, ich sende meinen Engel« (Ecce
mzüo anydMm weMw), das Volk (ptdyMS, plehs) bildet den Abschluss der Prozession.^' An
der Kirchentür spricht der Erzbischof ein weiteres Gebet, in dem Gott erneut um die
Gunst für »seinen Diener N., den er seinem Volk voranstellen« wolle, ersucht wird?"
Auf dem Weg zum Chor der Kirche singt der Klerus die Antiphon »Herr, behüte den
König« (Domzne sa(PMW?ac rcyc), worauf der Metropolit (epzscopMS mehopoEhmMs) ein drit-
tes Gebet für den König spricht.^
Vor dem Chor legt der hier als deszynafüs pnnceps bezeichnete Herrscher seinen
Mantel (paH/üw) und seine Waffen (H arme) ab, nach den Handschriften R (Wolfenbüttel,
Herzog August Bibliothek, Heimst. 555) und T (Wien, Nationalbibliothek, Cod. lat. 701)
jedoch nur den Mantel.^ Von den Bischöfen wird er in den Chor bis vor die Stufen des
Altares geführt, wo er sich gemeinsam mit ihnen und den Priestern für die Dauer der

23 Vgl. hierzu bereits mit weiteren Erläuterungen SCHRAMM, Krönungen in Deutschland, S. 233-
264 und SCHRAMM, Ablauf der deutschen Königsweihe, S. 62-87.
24 Widukind, Sachsengeschichte, 1. II, c. 1 und 2, S. 63-67. Vgl. hierzu u. a. SCHRAMM, Ottos I. Kö-
nigskrönung in Aachen, und KELLER, Widukinds Bericht.
25 Vogel/Elze (Hg.), Le Pontifical romano-germanique du dixieme siede, Bd. 1, Nr. LXXII, c. 1,
S. 246, in Zukunft zitiert als »Pontificale Romano-Germanicum, LXXII«. Der Gebetstext ist ge-
genüber der Vorlage (ERDMANN, Forschungen zur politischen Ideenwelt, S. 83, c. 1) leicht abge-
wandelt, in den Handschriften R und T und dem Druck von Hittorp jedoch beibehalten. Hier
spricht statt »einem der Bischöfe« (MWMS epz'scoporMW?) außerdem der Erzbischof das Gebet. Die
Sonderstellung jener drei Textzeugnisse zieht sich durch den gesamten Ordo.
26 Pontificale Romano-Germanicum, LXXII, c. 2, S. 246f.
27 Ebd., c. 3, S. 247:... Mf/ama/MS faasN., tyaem popaio fao poiaz'sü'prac/dn ....
28 Ebd., c. 4 und 5, S. 247.
29 Auch eine Handschrift des »Frühdeutschen Ordo« lässt die Erwähnung der Waffen aus (ERD-
MANN, Forschungen zur politischen Ideenwelt, S. 84, c. 6, Anm. g).
 
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