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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0223

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208

Herrschererhebungen des Spätmittelalters

ausgewählt wurde, diente die Messliturgie jenes Tages doch in besonderer Weise auch
der Erhöhung und Glorifizierung des neuen Herrschers, indem die Erscheinung Christi
und die Erhebung des Königs in feierlichster Form parallelisiert wurden.'*'''
Im Anschluss an die kirchliche Feier erfolgte die Vergabe der Lehen an die anwe-
senden Fürsten, die ihrerseits dem König schworen, ihm bei der Wiedergewinnung des
Reichsgutes zu unterstützen?"" Bemerkenswert ist hierbei, dass man sofort zur Beleh-
nung schritt und nicht bis zur Krönung in Aachen wartete?"^ Berichtet der Ellenhard-
Codex über die hierbei befolgte rituelle Form lediglich, dass der Lehensempfang »ehr-
erbietig und mit dem schuldigen und gebührenden Gehorsam« geschah?"" so bietet die
Fortsetzung der Annalen von Niederaltaich hingegen weitere Details: Als Rudolf von
den Fürsten den Lehnseid gefordert habe, hätten diese sich zunächst verweigert, da das
Zepter fehlte. Rudolf habe daraufhin ein Kreuz ergriffen, mit den Worten: »Seht das
Zeichen, in dem wir und die ganze Welt erlöst sind. Dieses Zeichen gebrauchen wir an-
stelle des Zepters.« Dann küsste er das Kreuz, und indem alle geistlichen wie weltlichen
Fürsten dieses ebenfalls küssten, empfingen sie ihre Lehen und schworen ihm den
Treueid?"" Der Wahrheitsgehalt dieser Darstellung der Ereignisse ist schwer zu bestim-
men, doch spricht dafür, dass die Lehensvergabe auch nach anderen Quellen bereits in
Frankfurt erfolgte, Rudolf die Reichsinsignien jedoch erst später ausgehändigt be-
kam?"^ Die Schilderung dürfte also zumindest für die Belehnung mittels des Kreuzes
zutreffen. Ob die Kurfürsten sich tatsächlich zuerst weigerten, ihre Lehen zu empfan-
gen und ob Rudolf die besagten Worte sprach, mag hingegen fraglich bleiben?"^

199 Die Nachricht einer Bestätigung der Wahl bei Ellenhardi Chronicon, S. 123 bezieht sich mögli-
cherweise ebenfalls auf die Messfeier, fasst die Geschehnisse jedoch in allgemeinerer Form
zusammen: ... ac zu regem alz omzzzhzzs eieefzzs RomanorMm, nee non eiecho de zpso^acD cum magna
soHempzzzYafe alz omzzzhzzs, sz'czzf zieczzzY, cozz/z'rmafa.
200 Schwäbische Fortsetzung der Kaiserchronik, S. 415, Vers 342-346: Der Dzzzec mzf zzz/zfe /zorf daz
amf. / der/drsten sz'c/z de/zaz'zzer sc/zamf, / er zzazm zzozz z'm szzz ie/zezz. / z'zz izegzzzzde mazzeger/ie/zen, / dem er
da por was zzzzMeazzf; Ellenhardi Chronicon, S. 123: Pzlzzcz'pes rzero ef eiecfoz*esyeoda szza alz eo rezzerezz-
fer receperzzzzf czzm oizedenha deMfa ef cozzsMefa, z'zzz*amezzhz efz'am alz z'psz's preshfo cozpwaiz, t?Mod szhz
famz?zzam Romazzorzzm regz assz'sfez*e zzePezzf contra z'zzzzasoz*es et ziefezzfores Izozzorum z'mporz'z Romanz.
201 So noch die ältere Forschungsmeinung (vgl. RI VI,1 Nr. la; auch STEMMLER, Königskrönungen,
S. 3f. und selbst 1960 noch RössLER, Ein König für Deutschland, S. 14f.). Von der Vergabe der Le-
hen im Allgemeinen, nicht speziell auf die Kurfürsten bezogen, sprechen Ottokars Österreichi-
sche Reimchronik, S. 169, Vers 12784 und diesem folgend Johann von Vikring, Liber certarum
historiarum, 1. II, Rec. A, S. 218; Rec. B. D. A2, S. 268. Beide wissen jedoch nichts von Rudolfs
Aufenthalt in Frankfurt (vgl. oben, Anm. 184).
202 Siehe oben, Anm. 200.
203 Continuatio Altahensis, S. 408: Qnz Rzzdolfzzs sfafz'm oxogzY a prz'zzcz'pzhzzs ciorz'cz's ac iaz'cz's/z'doz z'zzra-
mezzfum. Qzzod cum rocMsarozzf propfer scepfrz alzsezzcz'am, z'pse eieefzzs szgzzum crzzcz's accz'pz'ezzs faiz'a
dz'xz'sseyerfzzr.' »Fcce sz'gzzzzm, z'zz z^zzo zzos et fofzzs mzzzzdzzs esf redempfzzs; et /zoc szgzzo zzfamzzr loco scepfrz.«
Ff deoscHiafa erzzee, omzzes prz'zzcz'pes tarn spz'rz'ddos z^zzam seczziares z'psam erzzeem loco scepfrz osezziazzfes,
recz'pz'ezzfesyeoda, sDzYz'deüfahs z'zzramozdzzm prestzferzzzzf.
204 So RI VI,1 Nr. 1 sowie, wenn auch ohne Diskussion der Quellen, Ropp, Erzbischof Werner von
Mainz, S. 87) HiRN, Rudolf von Habsburg, S. 18, REDLICH, Rudolf von Habsburg, S. 167 und KRIE-
GER, Rudolf von Habsburg, S. 102.
205 KLEiNSCHMiDT, Herrscherdarstellung, S. 226-229 weist in der Behandlung dieser Erzählung auf
die Tradition des Kreuzes als Herrschaftszeichen, die ikonographische Führung des Kreuz-
zepters durch die Staufer und das Kreuz als Rechtssymbol generell hin. Für ihn ist die Szene
»ein Musterbeispiel projektiver Darstellung, die historische Realität, traditionelles Auffas-
sungsgut und spirituellen Anspielungshintergrund jeweils als Reflexe miteinander verbindet«,
in ihr »wird eine historische Realität, die in einem bestimmten Rechtsbrauch und Traditionszu-
 
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