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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0239

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

Tatsächlich wurde vom Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg die Wahl sei-
nes Schwagers Adolf von Nassau betrieben, der hierfür weitgehende Zugeständnisse
machen musste.^ Auch in diesem Fall war eine einmütige Wahl keineswegs gewiss,
musste Adolf in der Urkunde vom 27. April, weniger als eine Woche vor dem anvisier-
ten Wahltag, doch versichern, die Wahl auch dann anzunehmen, wenn nicht alle Wäh-
ler dem Kölner Erzbischof folgen würden.^
Wenig später kamen Anfang Mai die Kurfürsten schließlich in Frankfurt zusam-
men, wo am 5. Mai 1292 in der Dominikanerkirche die Wahl Adolfs erfolgte.^ Aus-
schlaggebend für dieses Ergebnis war das Einschwenken Gerhards von Mainz auf den
Kandidaten seines Kölner Amtsbruders, wozu er auch die Gesandten des Königs von
Böhmen sowie die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg bewegen konnte.^ Der
genaue Hergang der Wahl ist aus den Quellen nicht eindeutig rekonstruierbar. Sicher
ist jedoch, dass der Kölner Erzbischof selbst in Frankfurt nicht persönlich zugegegen
war/89 während der anwesende Pfalzgraf angesichts seiner ausweglosen Lage schließ-
lich wohl ebenfalls der Wahl Adolfs zugestimmt haben dürfte.^"

285 Ebd., Nr. 474, darunter unter anderem 25 000 Mark Silber für die Aufwendungen des Erz-
bischofs pro sorUh'o Romani z'mporz'z' (S. 462, § 13). Zu dem so genannten »Andernacher Vertrag«
siehe ausführlich HAIDER, Schriftliche Wahlversprechen, S. 136-141, ERKENS, Siegfried von
Westerburg, S. 316-327 und GERUCH, Adolf von Nassau, S. 580-584. Wann genau es zu einer
Verständigung zwischen Siegfried von Westerburg und Adolf von Nassau kam, kann nur spe-
kuliert werden. Möglicherweise geschah dies in der ersten Märzhälfte 1292 (ebd., S. 584).
286 MGH Const. 3, Nr. 474, S. 460, § 2.
287 Ebd., Nr. 475. Auf diesen Tag hatte der Mainzer Erzbischof im Einverständnis mit seinen Mit-
wählern den von ihm ursprünglich angesetzten Wahltermin (2. Mai) verschoben (S. 463f.).
Diese Verzögerung wird möglicherweise auf ein verspätetes Eintreffen des Pfalzgrafen oder
aus den länger andauernden Verhandlungen über die Kandidatenfrage zurückzuführen sein
(LoRENz, Über die Wahl des Königs Adolf von Nassau, S. 231; BAETHGEN, Zur Geschichte der
Wahl Adolfs von Nassau, S. 541). Die Einladung durch den Pfalzgrafen auf den 30. April war
offenbar folgenlos geblieben.
288 Der Herzog von Sachsen und die Markgrafen Otto der Lange und Otto mit dem Pfeil waren in
Frankfurt persönlich zugegen (vgl. z. B. RI VI,2 Nr. 15), zumindest Albrecht von Sachsen hatte
aber bereits früher erklärt, seine Stimme nur im Einverständnis mit dem böhmischen König
abzugeben (ebd., Nr. 3).
289 Noch am 4. Mai urkundet er in Andernach, und auch wenige Tage nach der Wahl ist er neben
dem König von Böhmen und dem Erzbischof von Trier der einzige Kurfürst, der keinen Wille-
brief zur Belehnung des Landgrafen von Hessen abgab (SAMANEK, Studien zur Geschichte Kö-
nig Adolfs, S. 29; vgl. dazu unten, Anm. 302).
290 Die Überlieferung über den Hergang der Wahl ist keineswegs eindeutig und widerspruchslos:
So kam SAMANEK, Studien zur Geschichte König Adolfs, S. 11-31 unter Einbeziehung der histo-
riographischen Quellen zu dem Ergebnis, dass von einer »electio per unum« nicht die Rede sein
könne und dass stattdessen der Mainzer Erzbischof »auch ohne Einigung aller den entschei-
denden Kürruf getan« habe (S. 25-27; so auch RI VI,2 Nr. 11: »Die wähl Adolfs wurde durch
Gerhards kürruf entschieden, der eine einigung aller nicht zur Voraussetzung hatte, sondern
sich auf die führende rolle der mainzer stimme und auf deren durch die Übereinstimmung mit
Köln und Böhmen entstandenes Übergewicht gründete.«). BAETHGEN, Zur Geschichte der Wahl
Adolfs von Nassau, widersprach dieser Ansicht entschieden und bestätigte dagegen die Auffas-
sung der älteren Forschung, die von einer schließlich erzielten vollen Übereinstimmung der
Kurfürsten ausging. In der Sache ähnlich, wenn auch mit anderer Argumentation GERUCH,
Adolf von Nassau, S. 585f. Die ausführliche Schilderung der Frankfurter Wahl in Ottokars
Österreichischer Reimchronik erwies BussoN, Beiträge zur Kritik der steyerischen Reimchro-
nik, Teil 2, S. 67-83 als vollkommen unglaubwürdig, und bereits Johann von Viktring ist seinem
sonst vielfach benutzten Gewährsmann an dieser Stelle nicht gefolgt (vgl. ebd., S. 83-85).
 
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