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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0352

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Ludwig von Bayern und Friedrich von Österreich (1314)

337

Die in der Forschung bisher vollkommen unbeachtete Erwähnung einer Altar-
setzung im Zusammenhang mit der Königs- beziehungsweise Kaiserkrönung lässt fer-
ner erkennen, dass selbst ein Vierteljahrhundert nach dem letzten Vollzug dieses Aktes
auch in einem niederbayerischen Kloster noch die wenn auch etwas verschwommene
Kenntnis bestand, dass eine solche Handlung in irgendeiner Weise mit der Erhebung
eines neuen Herrschers in Verbindung stand. Die unmittelbar auf Ludwigs Weihe fol-
gende kürzere Darstellung der Geschehnisse in Bonn lässt außerdem erkennen, dass
Rituale auch auf der textlichen Ebene als >Argumentationsbausteine< verwendet wer-
den konnten: Wenn Friedrich auf einem Fass gekrönt wird und dann sogar in dieses
hineinfällt, musste dies seiner Weihe in den Augen des Chronisten wie der Zeitgenos-
sen jegliche Legitimation absprechen.
Jenseits der Textebene waren beide Kandidaten durch ihre Krönungen einer Ent-
scheidung allerdings kaum einen Schritt näher gekommen, sondern hatten lediglich ihr
Soll erfüllt, wobei jede der beiden Krönungen einen Mangel auf wies A' In den Schrei-
ben an verschiedene Reichsstädte betonten beide Thronanwärter hingegen die Recht-
mäßigkeit ihrer Krönung, stets verbunden mit dem Hinweis auf die ebenso beschaffene
Wahl A" Durchschlagende Wirkung dürfte dieses schriftliche Werben jedoch eher sel-
ten gehabt haben: Ein Prozess um die Rechtmäßigkeit des Königtums unter Abwägung
der Argumente unter juristischen Gesichtspunkten mochte vielleicht an der Kurie ge-
führt werden A' aber für die Fürsten und Reichsstädte zählte die unmittelbare Durch-
setzung der Herrschaft vor Ort, sozusagen vor der eigenen Haustür. So hatten mehrere
Städte um den Bodensee noch Anfang Februar ein Bündnis geschlossen, das dauern
sollte, bis ein König yewzz/fzy Würde zu Cos/czz/zcr ZA/zzn? und von allen oder der Mehrheit
zum (zerren angenommen worden seiA^ und auch die Bürger Hagenaus beschlossen im
Vorfeld des Speyrer Aufeinandertreffens vom März 1315, dass sie den wo/fen /zzz/zen ze
nnserern /zerren der dort dzzz ne// Fe/zn/ze.^
Vor Frankfurt war es Ludwig gewesen, der das Feld behauptet und die Anerken-
nung durch mehrere Städte erreicht hatte, um sich dann durch sein machtvolles Er-

879 LMz/ow/cMS ... ZM /oco dc/zZZzY, SH MOZ! a dc/zZZZf, Fn'drn'CMS ... a dc/zZZZf, SH MOZ! ZM /oco t?MO dc-
ZzMzl, coroMat/, wie es Matthias von Neuenburg, Chronik, c. 38, S. 98f. treffend zusammenfasste.
880 Auch an der Kurie bemühten sich beide Kandidaten um eine Anerkennung ihrer Ansprüche,
auch wenn die Sedisvakanz hier keine schnelle Entscheidung erwarten ließ. Diese Bemühun-
gen, die sich unter anderem aus den Schreiben Friedrichs an seinen Schwiegervater Jakob von
Aragon sowie aus dessen Briefen an die Kardinäle ergeben, kann hier nicht näher nachgegan-
gen werden. Hingewiesen sei auf einen von der Kurie an Jakob von Aragon gesandten Bericht
vom April 1315, aus dem hervorgeht, dass auch der Erzbischof von Mainz an der Kurie für sei-
nen Kandidaten warb (MGH Const. 5, Nr. 260, S. 222, § 3). Hieran ist auch ersichtlich, dass man
an der Kurie recht ungehalten darüber war, dass keiner der beiden Kandidaten nach seiner
Wahl um die Approbation ersucht hatte (ebd., § 4: El uzdUur z'psz's, t?Mod MHMMS sapz'cMUr agaMf ////
c/ccfZ, t?MZa MOMfOZ* /pSOrMM! MHSZf a/Z^MCM! MMMCZMM! ad CMZ*MM! ad prUCMdzZM! apro/zaCZOMOM! SMO pcrSOMO H
pz*osfaMdMM! ZMZ*aM:oMfa H a/z'aydcz'oMdzzM:, o/ocfz zHz*o przMcz'pos RoMMMC occ/osz'o szzMl^dcoro coMszzHz).
881 Vgl. die Doppelwahlen 1198 oder 1257 (dazu unten, Kapitel 7.2.1, 7.2.2 und 7.3.2). Auch Ludwig
betonte später gegenüber Papst Johannes XXII. seine am richtigen Ort stattgefundene Salbung
und Krönung sowie die auf ihn entfallene Mehrheit der Stimmen (vgl. PETERSOHN, »Echte« und
»falsche« Insignien, S. 84, Anm. 51f. sowie ausführlich unten, Kapitel 7.3.3).
882 Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich, Bd. 9, Nr. 3335, S. 194.
883 MGH Const. 5, Nr. 243, S. 211.
 
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