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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0404

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Karl IV. und die Goldene Bulle (1346-1356)

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nung der Tische genau festgelegt: Der Herrscher saE allein auf einem sechs FuE höheren
Tisch, seine Frau seitlich auf einem drei FuE erhöhten Tisch, die übrigen Kurfürsten je
zu dritt zur Linken und zur rechten Seite, der Trierer dem König gegenüber. Alle Tische
der Kurfürsten mussten eine einheitliche Höhe haben, wie auch keiner von ihnen sich
setzen durfte, bevor nicht alle ihr Amt verrichtet hatten."""
Wie bereits bei der Sitz- und Prozessionsordnung wurden die Kurfürsten auch
beim Königsmahl aus dem Kreis der übrigen Reichsfürsten herausgehoben und über
diese gestellt.""" Nur sie befanden sich auf den königlichen Hoftagen, bei denen das
Reich als Ganzes zusammenkam, in der unmittelbaren Nähe zum Herrscher, nur sie
trugen seine Insignien, verrichteten die Hofämter und speisten an erhöhten Tischen.
Die dabei in der Vergangenheit aufgekommenen Streitigkeiten schienen durch die um-
fassenden zeremoniellen Regelungen gebannt, da nicht nur die Wahl, sondern alle acfMS
püFEcz nun ohne Zwietracht der Kurfürsten vollzogen werden konnten. Der »Einsturz
der Säulen« und damit das Ende des ganzen Reichs""" schien abgewendet.

KrönMHgen Mud Kronen
In der Goldenen Bulle ging es vor allem um die Gewährleistung einer umgehenden,
einmütigen und allgemein anerkannten Königwahl sowie um die Regelung der die
Kurfürsten betreffenden zeremoniellen Aspekte. Dies wirft die Frage auf, welche Rolle
der Königskrönung in jenem zentralen Verfassungsdokument des Alten Reichs zukam.
Der Krönung ist in der Goldenen Bulle kein eigenes Kapitel gewidmet, eine Ent-
sprechung De coroMahone zu De elechone RoMMnorMm regzs (c. 3) sucht man vergebens.
Dennoch bleiben Krone und Krönung nicht unerwähnt, sondern treten an verschiede-
nen Stellen in Erscheinung: Im Kapitel über die Kurfürsten im Allgemeinen werden
zunächst für die Sitzordnung bei Hoftagen den einzelnen Kurfürsten ihre Plätze zuge-
wiesen: Nach dem Erzbischof von Mainz oder - je nach geographischer Lage des Hof-
tags - von Köln, kommt dem König von Böhmen hier der besonders ehrenvolle Rang
zur Rechten des Königs zu. Diese Auszeichnung vor den übrigen Kurfürsten wird in
der Goldenen Bulle gesondert begründet: CMW szf pnnceps coroMafMS ci MMcfMS, weil der
böhmische König ein gekrönter und gesalbter Fürst sei."'" Im folgenden Abschnitt über

das Großsiegel während des Mahls und bei der Rückkehr zu seiner Herberge um den Hals. Der
Stab von zwölf Mark Silber geht an den Kanzler, ebenso das Pferd, mit dem das Siegel zu diesem
zurückgeschickt wird (ebd., c. 27) § 2, S. 85).
1188 Ebd., c. 28, S. 86f. Dass die Höhe des Tisches damit rund zwei Meter betrug, hat soweit ersicht-
lich in der Forschung bisher nicht zu Verwunderung geführt.
1189 Dass diese besondere Ehrung der Kurfürsten noch eher personell als transpersonell gedacht
war, zeigt die Bestimmung, dass der Botschafter oder Bevollmächtigte zwar für seinen kur-
fürstlichen Auftraggeber sprechen, nicht jedoch an dem für ihn vorgesehenen Ort Platz neh-
men durfte (ebd., c. 29, § 2, S. 87f.). Siehe zu diesem Thema jetzt ANNAS, Repräsentation, Sitz und
Stimme. Die unterschiedliche Behandlung von persönlich anwesenden Fürsten und Gesandten
scheint um 1500 einer am jeweiligen Rang orientierten Anordnung gewichen zu sein (vgl. ebd.,
S. 133-135). Bei der Krönung Maximilians I. 1486 kam die Regelung der Goldenen Bulle hinge-
gen noch zur Anwendung (siehe unten, Kapitel 5.15.3).
1190 Vgl. Goldene Bulle, Proömium, S. 45.
1191 Ebd.,c.4,§l,S.57.
 
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