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Velhagen & Klasings Monatshefte — Band 28, 2.1913/​1914

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hatte welſche und deutſche Art zu einem
eigentümlichen Ganzen verſchmolzen, und
ſo war ein Neues entſtanden, das unter der
Eleganz des klaſſiſchen Aufputzes mit un-
bekümmerter Heiterkeit die heimiſche Derb-
heit durchſchimmern ließ. Dieſe weltfreu-
dige, maskenfrohe überlieferung entſprach
Taſchners Art; er nahm ſie auf und erfüllte
ſie mit neuem, ſelbſtändigem Leben. In
den Brunnenentwürfen ſelbſt — ſo in dem
für Poſen und in dem nicht ausgeführten
für Kempten im Allgäu — knüpfte er, auch
ohne durch die Umgebung gezwungen zu
ſein, gern an romaniſche Weiſe an, dieſen
wahrhaft deutſchen Stil, und bewies auch
damit, daß er nicht wie viele ſeiner Alters-
genoſſen in blinder Theorienwut jegliche
Anlehnung an das hiſtoriſch überkommene


verwarf, ſondern mit echter künſtleriſcher
Freiheit das Gute nahm, wo er es fand.
So hoch man Taſchner als einen viel-
ſeitigen und anregenden Künſtler und Lehrer
in München und Breslau ſchätzte: die reich-
ſten Ernten hielt ſeine Schaffenskraft doch
erſt in Berlin. Mit bewundernswerter
Selbſtzucht verſtand er es, ſich den ſtiliſti-
ſchen Anforderungen zweier ſo verſchieden-
artiger Naturen wie Meſſel und Hoffmann
anzuſchmiegen. Er hat namentlich an dem
plaſtiſchen Schmuck des Wertheimſchen
Warenhauſes mit gearbeitet und dieſen
modernen Zweckmäßigkeitsbau mit fein
erfühlten gotiſierenden Figuren in beſchei-
dener Unterordnung verziert. Verwandter
als die Strenge Meſſels war ihm ſicherlich
die Heiterkeit Hoffmanns, der auch die
hiſtoriſche Dekoration nicht verſchmäht. Die


es nun Schulen oder Muſeen, ſoziale An-
ſtalten, Kranken- oder Rathäuſer ſind, hat
Taſchner mit einer faſt unüberſehbaren
Schar von Figuren geſchmückt. Niemals
iſt er dabei der Schablone verfallen. Im-
mer wieder fand er neue, oft ſehr luſtige
Löſungen. Er übte hier eine Kunſt, die
jeder im Volke verſtand und die doch nie
billigen Wirkungen zuliebe die ihr einge-


der er den plaſtiſchen Sinn jeder Aufgabe
erfaßte, blieb unvermindert, und wenn es
ſich auch nur um einen Wetterhahn handelte.

Mit dem Namen Hoffmanns iſt auch das
Werk verknüpft, das Taſchner zu dem ſel-
tenen Ruhme eines wahrhaft volkstüm-
lichen Bildhauers erhob: der Märchen-
brunnen im Berliner Friedrichshain. Man


Märchenbrunnen in einer der reizloſeſten
Gegenden des hauptſtädtiſchen Häuſer-


mit ſpöttelnder Ungeduld ertragenem Har-


Gewiß war dieſer Sieg auch anderen zu
danken, vor allem dem Baumeiſter, der die
architektoniſche Anlage ſchuf, aber das
Weſentliche an dem Brunnen, das, wes-


Taſchners Hand. Hier entfaltete ſich die
 
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