Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

DOI Kapitel:
Nr. 101 - Nr. 110 (2. Mai - 12. Mai)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48723#0041
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
„Volkszeitung"
2. Blatt. — Dienstag, 9. Mai 1922.

AklWk WM M RIM MWkWr
Von Dr. R. Kuczynski.
(Nachdruck verboten.)
Die S o z i a l isie r n » g s ko n»»n is s io n hat in der Zeit
von» 20. Mär« dis zum 1. April eine große Anzahl Sachverständiger
zur Frage der deutschen Zahlungsbilanz und der Wechselkurse ver-
nommen und hat nunmehr ihr vorläufiges Gutachten über die Sta-
bilisierung des Geldwertes erstattet. Der Gedanlengang ihres
Hauptvotu m s (das hier bereits veröffentlicht wurde. D. Red.)
ist kurz der:
Jede S t ab i l ts i e r u n g d e s Markkurses hat zur Vor-
aussetzung eine geordnete Zahlungsbilanz und den Besitz aus-
reichender Mengen von Gold. Die Stabilisierung wurde außer-
ordentlich erschwert, wenn nicht nur eine untere, sondern auch eine
obere Grenze des Marktürses festgesetzt würde, insbesondere weil
darin die deutschen Noten und Markguthaben des Auslandes in
Massen dem Valutamarkt zuströmen würden. Deshalb kommt als
vorläufiges Ziel nur das Fe st halten einer unteren
Grenze für den Martlurs und damit einer oberen Grenze für
die Golddevisen (Dollars usw.) in Frage.
Zur Durchführung dieser Stabilisierung ist erforderlich:
s) Produktion und Konsum sind in Einklang zu brin-
gen durch Einschränkung des Konsums und durch Erweiterung de«
Produktion. Aber — Konsumeinschränkung ist gegenüber dem
Friedensstande bereits in großem Umfange erfolgt und darüber
hinaus heute nur noch beschränk« möglich; die Produktionserweite-
rung anderseits wird vor allem durch das sich immer wiederholende
heftige Schwanken des Marktürses ustd die dadurch bedingte Un-
sicherheit des internationalen Wirtschaftslebens gehemmt.
d) Der R e ich s h a u sh alt ist ohne Notenausgabe, durch
Steuern und, soweit erforderlich, durch langfristige innere Anleihen
zu balancieren. Ab er — finanztechnisch wird jeder solche Versuch
mit den sich aus den Wechselkursschwankungen ergebenden 'Schwie-
rigkeiten zu kämpfen haben; fortschreitende Geldentwertung wirft
die Ansätze des Haushalts immer wieder durch Vermehrung der
persönlichen und sachlichen Ausgaben um.
c) Die R eparatio nsl a sten — Geld- und Sachleistungen
— müssen ermäßigt und darüber hinaus auf folgendem Wege er-
leichtert werden: Die in den nächsten fünf Jahren fälligen Barzah-
lungen werden durch eine internationale Anleihe ausge-
bracht, die von Deutschland verzinst und getilgt Wird.
Alle Mitglieder waren darüber einig, daß eine bedeutende
Ermäßigung der Reparationslasten die Vorbedingung für eine
Stabilisierung des Markkurses und für die Herstellung des Gleich-
gewichtes im Reichshaushalt sei. Ein Teil der Kommission aber
war der Ansicht, daß nach einer solchen Ermäßigung der Repa-
rationslasten eine Stabilisierung des Martkurses ohne internatio-
nale Anleihe auf dem Wege einer inneren Finanzresorm zu erreichen
sei. Von den Mitgliedern, die an der Enquete und an den inter-
nen Beratungen der Kommission teilgenommen hatten, waren es
schließlich nur die sozialistischen Intellektuellen (Hilferding,
Kautzky, Lederer, Lindem» n n), die das Hanptvotmn ohne
Einschränkung annahmen. Die sozialistischen Gewerkschaftsvertreter
(Kaufmann, Uinbreit, Werner, Wissell) insbesondere und der Ver-
fasser erstatteten folgendes Zusatzvotum:
„Die unterzeichneten Mitglieder stimmen dein vorstehenden
Votum tu den meisten Punkten zu, sind aber der Auffassung, daß
der heutige Kreislauf — höhere Steuern, höhere Preise, größere
Inflation, niedrigere Marr — nur dann sortbestehen mutz, wenn
an den bisherigen Steuerformen und der bisherigen Steuer-
erhebung festgehalten wird, nicht aber, wenn das Reich auf denk
Wege einer allgemeinen Vermögensabgabe unter besonderer'Be-
rückfichtigung der Sachwerte und durch ein weitgehendes Erbrecht
an dem Privateigentum bzw. seinen Erträgen dauernd beteiligt
würde. Sie sind der Auffassung, daß eine solche innere Finanz-
reform die Voraussetzung einer Stabilisierung der deutschen Va-
luta ist."
Die Reichsregierung stellt auf dem gleichen Boden wie daS
Hauptvotum. In der Note, die sie am 10. April der Reparations-
kommission übergeben hat, heißt es:
„Bereits in der Note vom 28. Januar hat die deutsche Re-
gierung ihre Ueberzeugung dahin zum Ausdruck gebracht, daß
nur auf dem Wege einer ä ußeren An l eih e die erforderlichen
Mittel zur Deckung der Reparationslast beschafft werden können,
und daß nur eine derartige Anleihe die Stabilisierung
der Wechselkurse herbeiführen kann. Die seither einge-
tretene Entwicklung hat die deutsche Regierung in ihrer Auf-
fassung bestärkt. Nur eine solche Anleihe würde es ermöglichen,
daß die Barzahlungen für das Jahr 1922 bewirkt werden können.
Ein Teil der Anleihe könnte zur Regulierung der deutschen Va-
luta abgezweigt werden . . .
« M1 «IM
Theater, Kunst und Wissenschaft.
50 Jahrfeier derUniverfitstät Straßburg i. Els.
Am 1. Mat waren fünfzig Jahre verflossen seitdem nach dem
siegreichen Frieden von 1870—71 in Straßburg i. E. eine deutsche
Universität gegründet wurde, nachdem die im Jahre 1620 gegrün-
dete hohe Schule in den Stürmen der französischen Revolution
nntcrgcgangeil war. Mit dem Verluste des Elsasses und der
Stadt Straßburg haben wir bekanntlich im Herbste 1918 die neue
Kaiser Wilhelms-Universität wieder eingebüßt. Trotzdem feierte
man in der Aula des Frankfurter Universttätsgebäudes die Wie-
derkehr des fünfzigsten Jahrestages durch sine einfache, aber ge-
rade durch ihre schlichte, ergreifende und erhebende Feier. Erschie-
nen waren dazu Vertreter der Universität Fantsuri a. M. des ehe-
maligen Lehrkörpers der Straßburger Universität, alte Straßbur-
ger Studenten, elsaß-lothringische Flüchtlinge und die Angehörigen
der hier ansässigen Alt-Straßburger akademischen Korperativnen.
Veranstalter der Feier waren das W i s s e n s ch aft l ich e I nst i -
tut der Elsaß-Lothringer im Reich, dessen Vorsitzen-
der UMVersttätsprofessor Gey. Rat Dr. Mbert Ehrhardt-
Bonn in seiner Begrüßungsrede den Zweck der Feier umriß und
betonte, daß die Feier ans Dankbarkeit gegen eine große Tote
statksiude, den Verlust der Universität für das Deutschtum be-
zeichnet der Redner als eines der größten Opfer, das der
Ausgang des Weltkrieges von dem deutschen Volke gefordert habe.
Nach Bekanntgabe einer langen Reihe von Ehrenpromo-
tionen entrollte Geh. Konststorialmt Johannes Ficker-Halle
ein eindrucksvolles Bild von der Entwicklung, die die Universität
Straßburg in den 16 Bahren ihres Bestehens genommen bat.
Eine große Zahl von Elsässern verlangte im Frühjahr 1871 die
Nöuerrichtung der alten deutschen Universität, und sie sand überall
im Reich jubelnde Zustimmung. Straßburg hat sich von allem
Anfang an als eine Gemeinschaft der Lehrenden empfunden, und
die Lchrgemeinschaft ist dort eine Lebensgemeinschaft geworden.
Die 'Universität als Trägerin der organische» Wissenschaft vereinte
in glücklicher Weise ein konservatives und ein fortschreit »des
Element. Man knüpfte in Ehrfurcht an das Vergangene an. Dies

Allerdings erscheint der deutschen. Regiermi-g das Gelingen
jeder Rcparationsanleitze nur möglich, wenn die Geldgeber ^ami!
rechnen .'S.-.ueu, daß mit dem Ertrag der Anleihe nicht nur eine
Reihe von Jahreszahluugen, sondern auch die sonstigen nach dem
Vertrag von Versailles neben den Reparationen bestehenden De-
visenverpftichtnngen finanziert werden."
Die Reparationskommission erklärt nun in ihrer
Antwort, die sie am 13. April der deutschen Kriegslastenkommission
überreicht hat, „daß jede Hoffnung für DelttschtanD, im Ausland
eine Anleihe von irgendwelcher Bedeutung aufzunehmen, Chi -
m ä r e bleiben wird, solange Deutschland nicht eine sehr ernstliche
Anstrengung zur Wiederherstellung des Gleichgewichts seines Haus-
halts gemacht hat".
Das „Berliner Tageblatt" (Nr. 179 vom IS. April) bemerkt
dazu kategorisch:
„Für jeden Wirtschaftspolitiker, der tiefer in die Zusammen-
hänge eindringt, ist es klar, daß der Gesundungsprozeß umge-
kehrt vor sich gehen muß: erst die Anleihe, und daraus ergibt sich
dann alles andere beinahe zwangsläufig."
Ach nein! Fast allo fremden Wirtschaftspolttiker, die tiefer
in die Zusammenhänge entgcdrungen sind» und nicht die Dümm-
sten unter den deutschen Wirtschaftspolitikern halten die innere
Finanzreform für die erste Voraussetzung des Gesundungspro-
zesses. Aber recht hat das „Berliner Tageblatt", wenn es »leint,
aus der äußeren Anleihe werde „sich dann alles andere beinahe
zwangsläufig" ergeben. „Beinahe zwangsläufig" würde insbe-
sondere folgendes eintreten: Deutschland könnte, neben seinen son-
stigen Verpflichtungen, die Anleihe aus die Dauer nicht verzinsen
und tilgen, und die Unterpfänder, die es dafür geben müßte —
um was für Werte es sich dabei handeln würde, kann man daran
abmessen, daß der gesamte Kurswert aller deutsche» Aktiengesell-
schaften nsw. heute höchstens 10 Milliarden Goldmart beträgt —,
würden über kurz oder lang verloren gehen. Will die Reichs-
regierung Deutschland vor dem Gchlinunsten bewahre», so spiele
sie nicht »veiler mit dem gefährlichen Plan einer äußere,« Anleihe,
sonder,« führe endlich durch, was sie dem deutschen Volke wie dem
Ausland feit drei Jahren schuldig ist: eine ehrlich« innere Finanz-
reform!

Soziale Rundschau.
Dienstbotennot.
Ueber 200 Dienstboten werden z. Zt. auf dem Arbeitsamt in
Heidelberg gesucht und die Klagen der einzelne» 'Hcrrichaftev
über die großen Ansprüche der Dienstmädchen Mm man des
öfteren in den verschiedensten Gesellschaftskreisen hören: wie die
Dinge aber in Wirklichkeit liegen, darüber konnte bereits aus dem
hiesigen Arbeitersekretariat genügend Erfahrung gesammelt wer-
den.
Z. B. möchten wir hier ejire Herrschaft und zwar Herrn Prof.
Dr. Ludwig Schreiber als Beispiel ansühren. Die Hausangestellten
dieser Herrschaft suchen fast ausnahmslos Schutz beim hiesigen
Arbeitersekretariat. Wie dort die Behandlung ist, zeigt, daß Wit
dem 1. Januar 1920 bei Dieser Herrschaft nicht weniger als 20
Dienstmädchen die Stelle gewechselt haben und Schutz bei dem
hiesige» Arbeitersekretariat wegen Der BcbanDlnng der Hausfrau
gesucht haben. Diese Zahl allein spricht schon für sich, ohne daß
man auf Einzelheiten näher eingshen müßte, Schikanen und Be-
ichitnpsungen sind hier an der Tagesordnung und die Behandlung
spottet jedKr Beschreibung.
So nahm sich das Arbeftersekretarmt in der letzten Zeit veson-
iders um ein Dienstmädchen, das dort beschäftigt »Var, au, nm Die-
sem zu seinem Recht zu verhelfen. Das Mädchen Diente vorher seit
einigen Jahren in Heidelberg bei den feinsten Familien und erhielt
von denselben das denkbar beste Zeugnis ausgestellt. Das Mäd-
chen war etwas schwerhörig. Nicht nur daß sie von der Frau Pro-
fessor alles mögliche erdulden mußte, sie mutzte sich auch Volt dein
schulpftWtigm Jungen alles gefallen lassen. Wiederholt wurde
sie von demselben an die Haustür geschickt, es sei jemand dort,
wo sie besuchen wollte; wenn sie zurückkam, machte sich der Laus-
bub darüber lustig und als das Mädchen Beschwerde dagegen bei
der Fräst Professor einlegte, so wurde ihr von derselben bsdentet,
sie habe sich das einfach gefallen zu lasse»«. Am 1. Januar d. I.
kündigte sie die Stellung, bei einer anderen Unterredung leugnete
Die Frau Professor ab, daß sie gekündigt habe. Als sie am 26.
und 27. darauf bestand, daß sie am Ersten Die Stellung verlasse,
Wurde sie von der Frau Professor mit Schtmpsworten bedacht,
welche in keinem Lexikon stehen, viel weniger noch eitler gebildet
sein wollenden Frau über die Sippen ko in uw» dürsten. Sie wurde
weiter von ihr schikaniert, indem sie das Mädchen hieß, sie solle in
den Keller gehen und Kohlen holen; jedoch als sie den Schlüssel
verlangte, sie ihr denielbcn verweigerte mW so eine Reihe anderer
Schikane». Das Mädchen kam in Dieser Aufregung in einer ner-
vösen Ueberreizung aus das Arbeitersekretariat, fo daß ihr von
dort bedeutet wurde, sofort einen Arzt anfzusnchen. Sie nahm
hieraus ärztliche Hilfe in Anspruch, ras Zeugnis hierüber liegt
bei den Gerichts»««». Aus Vermittlung des Arbettersekreiarintes,
dem Mädchen seinen Monatstohn von sage und schreibe 120 Mk.
ansWzahlen, lehnte die Frau- Professor -es ab, zunächst mit der

zeigte sich schon darin, daß von Den 46 ersten Professoren 11 Elsäs-
ser waren. Die bedeutendsten Männer der jüngsten Hochschule
des Reiches, die zugleich eine Hochschule Der Jüngsten war, wa-
ren überzeugt, daß sie Träger eines besonderen Geistes seien. Da-
mals vollzog sich Die Abkehr von der idealistisch-koustruktiven Wis-
senschaft. Damals wurde die neue Wissenschaft des Empir-ischön
zur Tat. Es wurde alles getan, um durch die Berufung der besten
Kräfte und durch Die Bereitstellung reichlicher Mittet für Seminare
und Institute der jungen Hochschule höchsten Rang zu geben.
1884 wurde das neue UniversttätsgebänDe errichtet, ein Symbol
des inneren Ausbaues der Universität. Der Lehrkörper bestand
zuletzt aus 103 Personen, Die Zahl der Institute betrug SO, völlig
nengvschassen wurde Di« Mhdlisch-theologische Fakultät. Der
Universität blieben mich Rückschläge nicht erspart. Eine gewisse
Gleichgültigkeit Deutschlands äußerte sich in Der abnchmcnden
Zahl der ans Deutschland stammenden Studierenden. In erfreu-
licher Weise wurde dies allerdings Durch Die starke Zunahme der
elsaß-lothringischen Studierenden kompensiert. Mit stolzer
Freude breitete der Vortragende alsdann eine Fülle berühmter
Namen a»ls, Nams» von Männern, Die in Der Geschichte der deut-
schen Wissenschaft für immer fortleben. Es ist unmöglich, auch
nur eine kleine Anzahl riessr Männer mit Namen zu nennen, cs
genügt, weir» man in Deutschland sich vor Augen hält, daß viele
sei,«er ausgezeichnete» Gelehrten in Straßburg gewirkt haben
oder dort herangereift sind. Den gleichen Rus wie der Lehrkörper
der Straßburger Universität dürfen die Institute, die Kliniken
und sonstigen wissenschaftlichen Anstalten Vsanspmchen. Manche
von ihnen Dursten als erste und einzige ihrer Art angesehen wer-
den. Die Straßburger Universität war von Anfang an besonders
bestrebt, eine Arbeits Universität zu sein, an der deutsch«
Wissenschaft und deutscher Geist nur nm Der Sache und ernster
Arbeit willen gepflegt wurde». Die ungehemmte Auswirkung des
neuen Geistes, Die Heranziehung Der konkreten AnsclMmng, der
Tried zur Universalität, Der Kampf gegen Das Spezialistentum,
das starke Verlangen nach Verbindung mit Dem Leben zeigte sich
besonders stark durch die intensiv? Beschäftigung mit Der Geschichte.
Der Kultur, der Sprache,. Der - Landschaft Elsas; Loihrin,ge»s. Der !
wachsende» ttatiÄnaiistischen Propaganda gegenüber erwies sich"

Begründung, sic Hobe nicht gekünDM. Doch als sic mit dieser
Ausrede »Ku, uie.hr auskam, und mo> mul'wciwn tonnte, daß
eine Knndignng bei der Lohnzahlung doch stattgtsunden habe, io
gab der Herr Professor Schreiber bei dem Amtsgericht an, man
habe auch ausdrücklich bemerkt, sie könne dann gehen, wenn er etzi
anderes Mädchen auf den Ersten habe. Also es war der Herr-
schaft darum zu tun, nach eigener Willkür ei» Mädchen ausznbeu-
re» gegc» Diese horrende Bezahlung, wie oben angeführt, bis mar
ein anderes Ausbeutnugsobjekt wieder gesunden nabe. Füll
Termine vor dem -Gemeinde- - und Amtsgericht musst?» fiattsinde»
Doch die Herrschaften ließen sich nicht dazu herbei, dem Mä-Dche«
seinen verdienten Lohn zd geben, sodaß sie 27 Tage in« Atonal um-
sonst ihre Arbeit sich von ihr schaffen ließe». Auch das GemeiuDr-
und Amtsgericht tonnten, nachdem Die Frau Professor einen Eid
geleistet hatte, daß sie das Mädchen nicht -schikanierte und diese be-
leidigende Ausdrücke abstritt, rem Mädchen das Gehalt nicht zu-
sprechen. So bekommen die Herrschaften ihre Arbeit umsonst ge-
leistet und zwar aus Mangel Der Gesetzgebung, Die die rechtliche»
Verhältnisse der HauKaugestellten regeln-. Solche Pros. Scbrei-
bers-Hervschasten gibt cs in Heidelberg noch mehr. Sie alle an
dieser Stelle z» veröffentlichen, würde heule zu »veil führe». Aber
in Anbetracht dieser Verhältnisse sollen sich die Herrschaften nicht
Wundern, daß Die Mädchen -nicht mehr als Hausangestellte heute
arbeiten. Vor Dem Krieg waren die Verhältnisse Der Hausange-
stellten ebensowenig rosig als heule, doch immerhin war dort einem
Dienststrädchen Gelegenheit geboten, so viel zu ersparen, datz sie
sich bei ihrer Verheiratung die Aussteuer anschassen konnte; heute
ist es einem Mädchen noch nicht einmal möglich, die Schuh? sohlen
zu lassen, welche sie in der Zeit verlauft.
Um hier gründliche bessere Verhältnisse zu schassen, ist es
nötig, daß sich die Hausangestellten geschlossen dem Verband im
Gewerkschaftshaus, Zimmer Nr. 12, anschlietzen. Auskunft in all
ihre»« Angelegenheiten erteilt rhnen das Arbeitersekretariat, Ge-
werkschaftshaus, Rohrvacherstratzc 13—IS, unentgeltlich. 8.

Kommunales.
Die neue bad. GsmeindeVoranschlags- und
Rechnungsordnung.
Die Verordnungen, die das Finanzwesen der Gemeinde nach
ihrer förmlicher« Seite neu regeln (eine Gemeindeabgabeord-
ttung ist, Wie verlautet, in Vorbereitung) und die zugleich eine wich-
tgie Ergänzung der neuer« Gemeindeordnung bilden, sind für die
Gemeinde ohne Zweifel eine Ueberraschnng, und zwar im Großen
und Ganzen eine angenehme Ueberraschnng. Sie sind mit den un-
ten erwähnten Einschränkungen kein ftomprornift mit der Vergan-
genheit, keine „Veredelung" unzeitgemäßer Vorschriften und abge-
lebter Formen, man ist diesmal in der Tat einen bedeutsamer«
Schritt weiter gegangen und etwas geschaffen, das zwar noch recht
weit entfernt ist von einer idealen Lösung (das gilt besonders vor»
der Buchungsordnung), aber gegen die bisherige Regelung immer-
hin eine erhebliche Verbesserung bedenket. Die Auswirkung der
neuen Regelung kann nur eine segensreiche für die Gemeinde sein,
Wenn sie im richtigen Geist angewendet wird. Wer die neue Zeit
und ihre Forderungen begreift, wird dein Ministerium für dieses
Ostergeschenk Anerkennung zollen: es ist eiir Markstein in der Ber-
waltungsgeschichte der badischen Gemeinden.
Die Verordnung kommt auch deshalb überraschend, weil über
der Entstehung der neuen Vorschriften ein undurchdringlicher
Schleier geheimnisvolle» Schweigens gebreitet war. Rolf turüare
cireulos meos (Störe Meine Kreise nicht), hieß es abwehrend.
Die Frucht dieser stillen und gewiß nicht leichten Arbeit entschädigt
aber für das „Hangen und Dangen in schwebender Pein", und wir
habe» besonders Anlaß, uns darüber zu freuen, da die Verord-
nungen unfern gelegentlich der Kritik des Voranschlags der Stadt
Heidelberg geäußerten Wünschen im wesentlichen enisprecheu.
Bevor wir eine Beurteilung des fachlichen Inhalts der beiden
bedeutsamcu Neuregelungen eintreten, möchien wir ein Wort über
die Form der Vorschriften sagen. Die Gliederung des Stosses ist
übersichtlich und folgerichtig, die Sprache klar, bestimmt, sachlich,
bündig und dabei von lebendigen» anregendem Flusse, wett entfernt
von den» ungeheuren Wust des papierenen Kanzleistiles der bisheri-
ger» Voranschlags- und Rechnungsauweisung, der einen» das Stu-
dium gründlich verleiten konnte. Wohltuend berührt auch das
srenldwcrtreine gute Deutsch, »venu wir auch da und dort eine Ver-
besserung gewünscht hätten, z. B. Vermeidung der häufigen An-
wendung des unschönen Kanzleisürwortes „derselbe", der Worte
„mit der Maßgabe sinngemäße Anwendung" u. ähul. Das sind
aber verschwindend kleine Mängel, die gegenüber den erwähnten
großen Vorzügen nicht ins Gewicht fallen.
Die folgenden Ausführungen sollen nun dazu dienen, den
Leser mit dem Inhalt der beiden Ordnungen, soweit der Raun»
es gestattet und soweit die breitere Oessentlichkeit davon berührt
ist, in gedrängter Kürze bekannt zu machen. Der neuen Bucknmgs-
ordnung, die einen Bestandteil der Rechnungsorduuug bildet und
die ebenfalls sehr wichtig ist, werden wir einen bewndcren Ab-
schnitt widmest, und zum Schlüsse werde» wir unsere Bedenken
und Bemerkungen gegenüber einzelnen Punkten der neue» Bestim-
mungen äußern.
Gemeindevorairschlagsordnung.
1. Aufstellung und Prüfung des Voranschlags
(Paragraphen 1—7): Der Bürgermeister entwirft spätestens ft»
Laufe des Monats Januar unter Beizug des Gememdcrectmers
den Voranschlag für das nächste Rechnungsjahr. Vor Ablauf des
die Universität zwar unentwegt -als Stätte deutscher MlDmig -und
deutschen Charakters, es war ihr indessen nicht vergönnt, zur Ver-
söhnung der Gemüter beizutragen.
Das beklagenswerte Ende der Straßburger Universität ist aber
ein wirkliches Ende, Das geistige Werk steht da, unverlierbar »mV
unzerstörbar. Das Beispiel freudiger Pflichterfüllung bis zum
Letzten, vollster Einsetzung der Persönlichkeit, Das Die Straßburger
Universität gegeben, wird weiterwirken in dem Geist, der die Ar-
beit -der Straßburger Universität beiherrschte: ftitleris et Umriss,
der Wissenschaft und Dem Vaterland!
Die eindrucksvolle Feier schloß mit einem von Christian
Schmitt gedichteten Festgesang.
*
Der deutsche Lehrervcrem hält seine diesjährige Verlreier-
vsrsammtnng in den Tagen vom 5. bis 7. Juni iu H an »ober
ab, bei der neben andern Anträgen besonders zwei bedeutsame
Zeitsragen zur Verhandlung kommen: I.Staatsburgerkuudc, staats-
bürgerliche Erziehung, Reichsverfaffung (Berichterstatter: Lehrer
A. M öl'ler, Schriftleiter der Frankfurter Schuizcikung, ans
Frankfurt a. M.); 2. Die Kultnraufgaben des Volksstnates und die
Landschule (Berichterstatter: Lehrer Bernhardt aus Weide-
brunn bei Schmalkalden). Die Versammlung wird auch zu der
Frage: Schule und Religionsunterricht (Abschnitt 4 der Schul-,
forderu-ng Des Deutschen Lchrsrvereins) erneut Stellung nehmen.
Berichterstatter für diese Fragen sind Magistraisschulvat Titte!
aus Dortmund und Lehrer E. Vieh weg, Schriftleiter Der
Sächsische»» Schnlzeitung, aus Dresden. Ueber die VerhanDtuagen
werden »vir berichten.
Ein Philosophenheim in Erlangen. Die Kani-Gesell-
schaft erhielt, wie uns mttgeteift wird, van einem bayerischen
Industriellen ein großes, schön eingerichtetes Gebäude, in Eptan-
gen geschenkt. Die Gesellschaft will darin ein Phftosophenheim
und eine Zentralstelle für PhilosopHi'e in Deutsch-
land errichten; die in Dem Heim wohnenden Philosophen werden
Kurse abbatten. Prof. Bai-Hin ger (Halle), der Gründer der
Kant Gesellswast, vollzieht Mitte Juni die Einweihung des
Hauses.
Hattefchrs Händel-Fest 1SW. Dir Stadt Halle rüstet in dkienr
 
Annotationen