Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

DOI Artikel:
Die Wertsteigerung von Kunstwerken
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0013

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Werkstatt der Kunst

sseäaktem: k)siuricb StsinbLcb.

VI. ZäkrZ. k)s?t i. i. Okt. syo6.

ctieseni r^eUe unserer LeitsckE erteilen wir jecleni Künstler clas freieMort. Mir sorgen clafür, clss tunlickst keinerlei
Angriffe aus Personen octer Senossensckaften Lbgeclruckt werclen, okne class vorder cler Angegriffene clie MögliÄ>keit gekabt
KLtte, in clernselben IZefte;u erwiclern. Vie Reclsktion kalt sied vollstänclig unparteiisch unct gibt clurck, clen Kbclruck keineswegs
— eine vebsreinstinirnung mit clen aus cliese Meise vorgetragenen Meinungen ;u erkennen.

Oie Msrtsteigerung
N)ie sich die Leser der „Werkstatt der Kunst"
erinnern werden, berichteten wir im Mai ds. Zs.
über eine Eingabe, welche der Dürerbund in
Sachen des Gesetzentwurfes, betreffend das Urheber-
recht an Werken der bildenden Künste und der Photo-
graphie, an den deutschen Reichstag richtete. Zn
dieser Eingabe war auch der für die Künstler sehr
bedeutungsvolle Vorschlag enthalten, daß, wenn ein
Kunstwerk während der Dauer des Urheberrechts
zu einem höheren Preise weiterverkauft wird, als
ihn der Künstler selbst bei dem ersten verkaufe er-
hielt, der Künstler ein viertel vom Mehrerlös für
sich solle sordern können, falls er dell Anspruch da-
rauf binnen zweier Zahre nach dein betreffenden
Verkaufe erhebt. Dieser Vorschlag stellte den ver-
such dar, deu Urheber an der Steigerung des Han-
delswertes seiner Werke, sobald eine solche eintrete,
zu beteiligen, aus dein Grunde, weil es eine in
der Kunstgeschichte hundertfach bestätigte Erfahrung
sei, daß gerade der Schöpfer bedeutender Kunstwerke
erst allmählich durchdringt, weshalb er seine erstell
Werke weit unter dem Preise zu verkaufen genötigt
ist, den ihm spätere Jahre zusprechen. Sind doch
Fälle bekannt, daß ein Kunstwerk vom ersten Käufer
etwa für 500 Mk. erworben, aber noch bei Lebzeiten
des Künstlers für 50 000 Mk. und mehr weiterver-
kauft wurde, so daß der Kunsthandel daran tatsäch-
lich hundertmal mehr verdient hat, als der Schöpfer.
Der Vorschlag bezweckte, dem Künstler wenigstens
eine bescheidene Beteiligung an solchen Mehrerlösen
als ein Urheberrecht zuzusprechen und fand den voll-
sten Beifall der Künstler. Erfreulicherweise scheiut
es nun, daß dieser Gedanke auch über die Kreise
der Künstler und wohlwollenden Kunstfreunde hin-
aus an Verständnis zu gewinnen scheint, denn wir
finden in der „Frankfurter Zeitung" eine Dar-
legung, welche sich in der folgenden Weise über die
Wertsteigerung von Kunstwerken ausspricht:
wer Gelegenheit hat, Gemälde-Auktionen zu
besuchen, der kann dort oft die Wahrnehmung machen,
daß Bilder, gute Bilder, auch von ziemlich bekann-
ten Malern, bisweilen geradezu zu Spottpreisen ver-
schleudert werden, welche kaum den wert des Rah-
mens erreichen, und andererseits, daß für Gemälde
bedeutender, berühmter Meister, auch wenn die zum
Verkauf gestellten Bilder nicht hervorragend sind,
schwindelhaft hohe Summen angelegt werden. Gegen
den Mangel an Steigerungslust gegenüber den Künst-

Kunstwerken.
lern der ersten Kategorie ist kaum etwas zu machen.
Mancher arme Teufel ist froh, wenn er überhaupt
nur etwas bekommt für ein Werk, das er vielleicht
in einer Zeit gemalt hat, in der es ihm besser ging.
Auch der Händler, dem das Bild vielleicht für ein
paar Mark verkauft oder verpfändet worden ist, ist
zufrieden und macht immer noch ein „Geschäft",
wenn er das Bild an den Mann bringt. Das ist
seine Sache, niemand hat ihm dreinzureden, wie
niedrig er ein Bild bei einer Auktion verkaufen
will, und wenn ihm nicht der Anstand verbietet,
bei einem Bild von der Größe s00:s^0 cm ein
Angebot von Z.sO Mk. zuzulassen und es einem
Käufer für ^s.60 Mk. zuzuschlagen — ein anderer
kann's ihm nicht verbieten! Anders ist es mit den
Riesensummen, die für Bilder von Berühmtheiten
angelegt werden. Da liegt doch ein öffentliches
Znteresse vor, schon deshalb, weil oft öffentliche
Gelder in Betracht kommen. Es ereignet sich manch-
mal — welche Zronie liegt darin! — daß ein
Verein, eine Stadt, eine Körperschaft für ein Bild
50 000—60000 Mk. bezahlt, das sie 5 oder 8 Zahre
früher für 5—6000 Mk. hätte haben können, aber
nicht wollte! (Siehe Klingers „Blaue Stunde" in
Leipzig.) Doch auch Ankaufskommissionen werden
erst mit der Zeit klug. Za, weun wenigstens der
Künstler die Riesensummen bekäme! Dem ist aber
meist nicht so! Nicht der Künstler profitiert von dem
Wertzuwachs seines Werkes, sondern der Kunst-
händler. Der Künstler bekommt gar nichts, nicht
einen Pfennig davon. So wie er einmal ein Bild
verkauft hat, hat er jedes Recht daran verloren.
Und wie oft, auch wenn er schon einen berühmten
Namen hat, könnte er das Geld sehr gut brauchen!
Es gibt genug Künstler, die trotz ihres Ruhmes gar
nicht in glänzenden Verhältnissen leben, nicht immer
durch eigene Schuld. Wie schmerzlich muß es sür
diese sein, zu sehen, wie der Zwischenhändler Tau-
sende, Zehntausende einsteckt für das, was sie schufen
und wofür sie eine Lappalie bekamen! Meist kann
der Kunsthändler nicht einmal das Verdienst für sich
in Anspruch nehmen, daß er früh die Größe des
Kunstwerkes erkannt hat und ihm nun ein Lohn
für die gute „Witterung" gebühre. Und verdient
die rechtzeitige Witterung wirklich immer so hohen
Lohn? Ich muß da immer an eine Geschichte Mul-
tatulis denken, die von einem höchst moralischen
Professor handelt, der einem armen Manne sein
 
Annotationen