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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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D.W.D.K.: Der "Fall" Hildebrand
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Ein Londoner "Kunsthändler"?
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Schliepmann, Hans: Kunst und Wirtschaft, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0462

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft ZZ.

554

nehmen, nach den vorher genannten Prinzipien
die Vorbedingungen für dieses Ausschreiben aufs
gewissenhafteste geprüft?)
Wir wollen die Frage rein theoretisch be-
handeln und geben einmal zu, daß die Preisrichter
die denkbar beste Wahl getroffen haben; aber, so
fragen wir: ist es allen Bewerbern in dieser
Konkurrenz vorher mitgeteilt worden, daß
es ihnen frei stünde, nach subjektivem Ermessen an
den gegebenen Grundlagen des Preisausschreibens
zu ändern, ohne daß sie deshalb von der Bewerbung
ausgeschlossen würden? Wenn das geschehen ist,
so kann inan ja gegen die Prämiierung des
Eattlerschcn Entwurfes nichts einwenden. Bisher
hörte man aber davon nichts! (Wir sind ge-
neigt, zu glauben, daß die Art, in der bei der
Eendlinger Brunnenkonkurrenz von den Juroren ver-
fahren worden ist, nachträglich sanktioniert
werden soll, indem man diesen vermeintlichen Fort-
schritt in der Preisrichterpraxis dann erst offiziell
zur künftigen Methode erhob.)
Nehmen wir nun ein Preisausschreiben an,
das für einen Brunnen, z. B. in Bamberg, erlassen
wird. Den Teilnehmern soll gestattet sein, ohne
daß sie deshalb vom Wettbewerb ausgeschlossen
würden, „eine Zdee zu bringen, die von der der
Preisrichter abweicht". Gut, Künstler, die in Bam-
berg oder in der Nähe dieser Stadt wohnen, werden
Gelegenheit haben, die Gertlichkeiten usw. zu prüfen
und es werden ihnen vielleicht ganz originelle Odeen
aufsteigen, die ihnen bedeutende Thancen für den
Gewinn geben. Wer dagegen in Posen oder
Breslau wohnt, wird sich an die „Direktiven" Halter:
müssen, die von den Veranstaltern des Ausschreibens
resp. von den Juroren gegeben werden. Er wird
sich also im Nachteil befinden.
Wir sehen die Sache so an: entweder machen
die Preisrichter (für dieses Amt sind die allerbesten
Künstler gerade gut genug) ihre Vorarbeit so sorg-
fältig und künstlerisch erschöpfend, daß ein Anonymus,
wenigstens in den elementarer: Vorbedingungen
des Kunstwerkes, keine Verbesserungen mehr anzu-
bringen vermag, oder aber sie erkennen an, daß
sie in solchem künstlerischer: Nachwuchs ihre
Meister gefunden haben. Das können sie nur an-
erkennen, indem sie selbst zurücktreten und ihr Amt
das nächstemal den jungen überlassen, die die
Grundbedingungei: für das zu schaffende Kunst-
werk besser zu erkenne:: vermochten, als sie. Ueber-
trägt man diese Konsequenz auf den Fall der Send-
linger Konkurrenz, so wäre in den „Ning der
Münchener Preisrichter" (in der Tat findet mar:
beinahe bei jedem Preisgericht dieselbe:: Namen)
endgültig Bresche gelegt.
Herr Professor von Hildebrand schreibt aber:
„Da diese Fragen die meiste künstlerische Erfahrung
und Einsicht in die gegenseitigen Wirkungsbedingungen
(des Denkmals und seiner Umgebung) erheischen, so ist es
natürlich, daß die Lösung dieser Aufgabe den
reiferen Künstlern und nicht den jungen zufällt."

wir meinen, die Aufgabe müßte unbedingt
denjenigen Künstlern (alt oder jung) zufallen, die
es verstehen, solche Grundbedingungen für ein
Preisausschreiben zu finden, die nicht übertroffen
werden können. O. W. O K.
Em Loncloner „Kunstbau äler"?
Wir bedauern, daß sich auf unsere Aufforderung
in Nr. Zf noch niemand aus der Künstlerschaft
gemeldet hat, der mit der genannten Firma in Ge-
schäftsbeziehungen gekommen ist. Ls ist ja nicht
ausgeschlossen, daß die Firma dennoch reelle Absichten
hat; deshalb ist es sehr wünschenswert, daß uns
bezügliches Material mitgeteilt werde.
Der Herr Generalkonsul in London bestätigte
uns inzwischen, „daß sich das Bureau der Bank
unter der angegebenen Adresse befände, und daß sie
auch in den Registern des sogen. Zomerset-lllouse,
der dortigen Zentralregisterbehörde, eingetragen sei;
doch sei dies an und für sich nur ein Beweis
dafür, daß den gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich
der Lintragepflicht der Gesellschaften mit be-
schränkter Haftpflicht genügt sei ..."
Wir haben noch nachzutragen, daß die Künst-
lerin, deren Korrespondenz wir abgedruckt haben
(es war also eine Dame, die diese Ueberlegung
bewies) sich zuerst Rat von dem Herrn Geschäftsleiter
des Münchener Kunstvereins, Ervin Pixis, er-
beten hat, der zur äußersten Vorsicht mahnte und
empfahl, sich an das Konsulat in London und an
die W. d. K. zu wenden. Es ist sehr erfreulich, daß die
rührige Geschäftsleitung sich auch noch in solcher Weise
der wirtschaftlichen Interessen der Künstler annimmt.
Kunst unä Mrtscbakt.
Von Hans Schliepmann, Kgl. Baurat.
(Fortsetzung.)
Von jeher, ehe noch die Nützlichkeitsbetrachtung alle
anderen Triebe überwucherte, hat der Künstler kaum einmal
eine eigene Stellung im Wirtschaftsleben gehabt. Wo die
Kunstübung nicht einer von ihrem Gott stets wohlgenährten
Priesterkaste überlassen war, bildete sich sehr früh die Form
des Mäcenatentumes in allen ihren Abwandlungen aus.
Als Sklaven seines reichen Herrn, als Freigelassenen des
Latifundienbesitzers, als Günstling eines ganzen Volkes gar
in dem einzigen Griechenland finden wir den Künstler,
falls er nicht von Geburt schon über des Lebens Sorgen
erhoben war. Der fahrende Sänger suchte täglich neue
dürftige Beschützer; noch Joseph Haydn war nicht viel
mehr als ein Bedienter und Mozart hatte hart zu büßen,
daß er im Erwachen des Gefühles für freies Menschentum
sich den Zumutungen seines Salzburger Herrn entzog. Die
ganze Renaissance ist von Kunstpflege durch Mäcenaten
erfüllt; uud man weiß, wie dies unbewußte System einen:
liebenswürdigen Raffael zum Segen, einem titanischen
Michelangelo zur Pein wurde.
Dies aber ist typisch. Denn das System des Mäcenaten-
tums besteht noch heute als gebräuchlichste Form der wirt-
schaftlichen Einordnung des Künstlers. Ist er eine schmieg-
same Frohnatur, die eine bloße Gipfelung des bis dahin
Gewordenen erstrebt und verkörpert, dann wird das
Mäcenatentum erträglich; unerträglich, wenn er ein von
seeliscben Kämpfen um ein Neues, Unerhörtes erfüllter
 
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