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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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D.W.D.K.: Ein Bund deutscher bildender Künstler in Paris
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D.W.D.K.: Eine Atelierhaus-Genossenschaft in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0586

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578

Die Werkstatt der Kunst.

Heft HZ.

Vorteil für die betreffenden Künstler selbst, sondern auch
von wohltätigem Einfluß für die Entwicklung der pariser
Kunst im allgemeinen wäre. Diese steckt wirklich noch all-
zusehr in den Traditionen vergangener Jahrhunderte;
namentlich die pflege des Ausstellungswesens
wird hier mit einem Unverständnis gehandhabt, das einer-
schlechteren Lache würdig wäre.
Pier vor allem hätte der Klub einzusetzen, um eine
mustergültige kleine Ausstellung in modernem Sinne zu
schaffen; nicht etwa, um dem Publikum bloß gute Bilder
zu zeigen — die gibt's im Salon zur Genüge —, sondern
um zu zeigen, in welcher weise gute Bilder präsen-
tiert werden sollen. Die Prinzipien der modernen
Raumkunst haben sich in England, Deutschland und Gester-
reich längst eingebürgert; es wäre Zeit, sie auch in Frank-
reich zu üben.
Des weiteren fehlt es an einer brauchbaren Fach-
zeitschrift, die den Künstler über alle einschlägigen Vor-
kommnisse informiert, die rechtzeitig alle Termine zur
Einsendung der in Frage kommenden Ausstellungen ver-
öffentlicht, die über Preiskonkurrenzen, Leistungen usw. den
Leser ebenfalls rechtzeitig auf dem Laufenden hält. In
Deutschland ist eines der besten Blätter dieser Art „Die
Werkstatt der Kunst"; hier gibt es — auch für den
eingeborenen französischen Künstler — kein einziges, welches
den Anforderungen entspräche.
Ls fehlt mir hier an Zeit und Raum, mich hierüber
zu verbreiten; ich wollte nur kurz auf das hingewiefen
haben, was dem deutschen (und wohl auch dem französischen)
in Paris lebenden Künstler vor allem not täte. An Arbeit
für einen ernsten Verein fehlt es nicht; der Erfolg jedoch
richtet sich nach dessen Mitgliedern.
Ich begrüße Sie
hochachtend
Ihr ergebener
Raphael Kirchner.
Die „Werkstatt der Kunst" wäre gern bereit,
durch eine schnelle Berichterstattung über pariser
Verhältnisse und auf jede andere Weise die In-
teressen des Bundes zu fördern. O. O. K.
AteUerkLus-Genossensckast
m Mimcken.
In Nr. Ho veröffentlichten wir die Mitteilung, daß
eine Gruppe New-Porker Künstler ein Grundstück im
Westen New-Vorks erworben habe, auf dem sie ein präch-
tiges Atelierhaus errichten wolle. Das paus soll
3 2OOOOO Mk. kosten und Renaissance-Palast genannt
werden. Die Besitzer des pauses werden außer einem
geräumigen Atelier je eine Wohnung von 9 Zimmern
haben; eine Reihe von Ateliers mit kleineren Wohnungen
soll auch vermietet werden.
Wenn die Münchener Künstler solche Nachrichten
lesen, so kommt es ihnen recht zum Bewußtsein, wie er-
bärmlich die Zustände ihrer Ateliers sind, mit denen sie
sich, in steter Angst vor den protzigen Pausbesitzern, zufrieden
geben müssen. Sie sind in dieser Beziehung noch viel schlechter
daran, als ihre Kollegen irr anderen deutschen Städten, ob-
wohl diese auch sehr viel zu klagen haben.
Zunächst der Preis. Es ist in München üblich, daß
inan für ein Atelier im vierten Stock, das ca. 30 gm Boden-
fläche besitzt, ebensoviel bezahlerr muß, wie für eine Woh-
nung von etwa 2—5 Zimmern mit Küche (mit Balkon),
Bad, Keller, Speicher usw. — Eine Berechtigung für
eine solche Ueberzahlung der Ateliers ist nicht zu finden,
denn die Perstellung einer oben beschriebenen Wohnung
verursacht dem Bauherrn doch mehr Kosten als der Einbau
eines Ateliers ins Dachgeschoß, selbst wenn das Atelier

HO—50 girr groß ist, denn dessen Trennungswände werden
sehr oft nur aus to cm starken, sogenannten Schwemm-
steinen gebildet oder gar nur aus vier Finger dicken Rabitz-
wänden. In einem weiteren Vergleich wird man finden,
daß die kleinen Wohnungen in bedeutend besserem Zustande
gehalten werden als die Ateliers. In diesen fehlt meistens
jede Vorbedingung für einen behaglichen, gesunden Aufent-
halt. Die lustigen Wände lassen Zug und Kälte durch.
Das in der Regel zu große Fenster ist meistens undicht.
Durch intensives peizen wird der Luftzug uur noch vermehrt.
Doppel- oder Winterfenster, die in München sehr notwendig
wären, stehen immer noch aus dem unerfüllten Wunschzettel
der Künstler, der noch manches enthält, das nur bei Gefahr
sofortiger Kündigung den „vierstöckigen Pausbesitzern" gegen-
über erwähnt werden könnte: nämlich Dampfheizung, Licht,
Bilderaufzug, konstanter Warmwasserlaus usw. usw.
Als Gründe für die unverhältnismäßig hohen Preise
sind anzunehmen: der fortgesetzt sehr starke Zudrang zu den
künstlerischen Berussarten; die Vermehrung selbständiger
kunstgewerblicher Ateliers, für die übrigens kein reines
Nordlicht notwendig ist, sondern die Lage nach Nordosten
und Osten genügen könnte; auch die erhöhte Nachfrage von
Malerinnen nach Linzelateliers; endlich ein ohnedies be-
stehender Mangel an brauchbaren Ateliers.
Ateliers mit Wohnungen gibt es in München
nur sehr wenige, und was unter diesem anspruchsvollen
Titel angeboten wird, spottet meist jeder Beschreibung!
Ar: preiswerten geeigneten Atelierhäuschen ist be-
sonders ein fühlbarer Mangel eingetreten.
Zählen wir einmal die minimalsten Forderungen
auf, die an brauchbare Ateliers gestellt werden dürfen und
müssen, — aber leider nur von den wenigsten Ateliers in
München erfüllt werden:
!;. Line rauch- und rußsreie Belichtung.
2. Völlige Abgeschlossenheit von anderen Wohnungen.
— Besonderer Speichereingang.
3. Eigene Wasserleitung mit Ausguß. — Eigenes
Kabinett mit dem Wasserklosett in direktem Anschluß an
das Atelier, d. h. mit Eingang vom Atelier-Korridor aus.
H. Reflexfreie Nachbargebäude.
5. Absolute Feuersicherheit der direkten Umgebung des
Ateliers (Speicher usw.).
6. Ein wirklich brauchbarer und den Verhältnissen des
Ateliers angepaßter Vfen.
7. Möglichst gerade Fenster mit mehreren länglichen
Fenstern. — Doppel-(winter-)Fenster.
8. Direkter Zugang vom Korridor aus zu allen Räumen,
die an das Atelier grenzen. (Das Material, das zu den
Atelier-Wohnungen verwendet wird, soll stets trocken sein
und bleiben und im Winter und Sommer die größte Kälte
resp. pitze abhalten. In allen Wohnzimmern follte die
Sonne Zutritt haben.)
9. In jedem Atelier sollte sich noch ein Fenster nach
einer Sonnenseite befinden, denn wenn das Atelier nie von
der Sonne bestrahlt wird, so ist ein dauernder Aufenthalt
in ihm ungesund. — Ls müssen aber Vorrichtungen da sein
(Rolljalousien usw.), durch die das Seitenfenster während
der Arbeit lichtdicht abgeschlossen werden könnte.
^0. Das Atelier sollte mehr tief als lang sein. Das
große Fenster muß sich an der schmäleren Seite befinden.
zz. Bei Gberlichtanlage muß die Dachneigung eine
steile sein, damit der Schnee nicht zu lange liegen bleibt.
--- *
weil nun der Mangel an Ateliers, besonders an
Atelierhäuschen in München immer drückender, andererseits
das Entgegenkommen der Pausbesitzer immer geringer, ihre
Rücksichtslosigkeit aber immer größer wird, so ist die von
vielen Münchener Künstlern geplante „Gründung
einer Atelierhaus-Genossenschnft in München mit
qrößter Genugtuung zu be-grüßen. " tInterefi enten
wollen gefl. ihre Adresse perrn Architekt Gsttlieb Msstel
 
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