Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

DOI article:
Die Lehrer für die Zensur der Ansichtskarten
DOI article:
Juristischer Briefkasten der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft / Briefkasten der Schriftleitung / Fragen und Antwortenaustausch der Leser / Die Johanniskirche in München / Der Kunstverein in Bielefeld / Urheberrecht / Die geplante Künstler-Wohnhaus- und Atelier-Baugenossenschft / Aus Galerien und Museen / Aus Akademien und Kunstschulen / Personalien / Auszeichnungen / Todesfälle / Aus Künstler- und Kunst-Vereinen / Kunsthandel und Versteigerungen / Vermischtes / Literatur und Kunstblätter / Werbung
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0644

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
636

Die Werkstatt der Kunst.

Heft H6.

tritt und die den Weg zu in Ziel der Erziehung
gründlich verlegen. Ferne sei es, dem Genie die Frei-
heit zu beschränken und ihm zu verwehren, sich nachbildend
an das Meisterwerk der Schöpfung zu wagen. Wohl aber
ist es geboten, den Nacktheiten, die unter der Hand der
gottbegnadeten Künstler entstehen, nicht solche Plätze
anzuweisen, auf denen sie dem Unverstand leicht
zuSchlingen sittlichenEmpfindens werden können.
Im schrankenlosen Ausstellungsrecht läge auch eine starke
Versuchung der Profanation der Kunst. Abgesehen davon,
daß es sich bei den in Rede stehenden Bilderausstellungen
um Reproduktionen handelt und daß keine Reproduktion
das Original mit allen jenen Feinheiten, auf denen der
Kunsteindruck wesentlich beruht, wiederzugeben vermag,
haben die Künstler ihre Nacktbilder auch nicht für die
Straße geschaffen. Was für das Museum, für den Familien-
besitz oder für den Kunstliebhaber gedacht ist und geschaffen
wird, kann ohne Versündigung an dem Künstler nicht auf
den Weg der breitesten Oeffentlichkeit gezerrt werden. Sind
Bedenken gegen die allzu öffentliche Nacktheit gerechtfertigt,
ja drängen sich solche Bedenken dem Erzieher, zumal wenn
er sich in großen Städten bewegt, geradezu auf, so bleibt
doch dabei unbestritten, daß solche Bedenken ihre Grenze
haben müssen, wenn sie nicht zur Prüderie entarten sollen.
Marr täusche sich indessen nicht: in der .Bilderfrage' sind
die klassischen Meister des Pinsels nur Deckschilde. Das
.Geschäft' strebt nach voller Freiheit, um die blanksten
Unsittlichkeiten als Handelsware feilbieten zu können.
Hinter einem nackter! Rubens stehen hundert
Strauchritter, die es mit ihren Nacktheiten auf
den Geldbeutel der Betrachter solcher Bilder ab-
gesehen haben. Sie kümmern sich nicht um Anstand und
Sitte, sie wollen Geld verdienen, und dieser Zweck heiligt
ihnen jedes Mittel. Die große Schwierigkeit, das Reinigungs-
werk, das hier geboten wäre, zu vollbringen, sichert dem
Nebel leider die Duldung. Weil der Begriff des Zulässigen
sich nicht so scharf und klar umgrenzen läßt, als es für eine
normgebende gesetzliche Bestimmung erforderlich wäre, so
hätte das subjektive Empfinden überwachender Organe
allzu großen Spielraum. Denn wer bürgte dafür, daß sich
das Empfinden des .Sittenwächters- immer deckte mit dem,
was oben als das Empfinden der Gesellschaft in ihrer
großen Mehrzahl bezeichnet wurde und seinen Niederschlag
in dem umschriebenen Kodex der guten Sitte gefunden hat?
Der eine täte leicht zu viel, der andere leicht zu wenig.
Kurzum, die bildliche Unzucht ist und bleibt aus lange hinaus
ein Drache, dem das Volk wehrlos gegenübersteht. Das
wird erst anders werden, wenn sich der Sinn für das
sittlich Reinliche oder Anständige derart verall-
gemeinert hat, daß mit den unzüchtigen Bildern
kein Geschäft mehr zu machen ist. Ein langer
Heilsweg, gewiß, doch es gibt keinen andern."
Juristischer Briefkasten cker Allgemei-
nen Deutschen Runstgenossenschakt.
(Jedem Mitglied der A. 2. A. G. wird unerUgeUtick durch den
Syndikus Herrn Or. Fried r. R o th e in Berlins., Französische
Straße 2H, Rat erteilt.)
,, K. Sie haben von einer Firma, mit der
Sie schon längere Zeit in Geschäftsverbindung
standen, den Auftrag erhalten, eine Skizze für einen
irr Aussicht genommenen Plakatentwurf zu fertigen.
Ueber die Honorierung der Skizze ist nichts verein-
bart worden, Sie haben den Auftrag für das Plakat
nicht erhalten und fragen an, ob Sie eine Ver-
gütung für die Skizze beanspruchen können.
Antwort: Wie schon früher an dieser Stelle
erwähnt, können Sie eine Vergütung für die Skizze
verlangen, da Sie den Auftrag zu ihrer Anfertigung

erhalten und sich nicht etwa an einem Preisaus-
schreiben für ein Plakat auf eigenes Risiko be-
teiligt haben."
Briefkasten cler Schriftleitung.
X. 8. Anweisungen über Lichtpausverfahren in zu-
verlässiger Form sind uns nicht bekannt, vielleicht gibt
Ihnen ein dortiger Architekt mündliche Auskunft, wenden
Sie sich ev. an die Lithographische Kunstanstalt Bogdan
Gisevius in Berlin UV., Linkstraße 9.
Architekt 1K. 8te. in X. wir können Ihnen zürn
Vergleich mitteilen, daß die Berliner Baupolizei für
einen Ouadratzentimeter Gußeisen 250 Zug, 500
Druck und 200 ÜA Abscherung als zulässige Inanspruch-
nahme vorschreibt. In Ihrem Ort wird es aber vielleicht
anders sein. — Ueber die andere Frage müssen Sie sich
bei dem dortigen Stadtbauamt erkundigen. — Eigentlich
können wir nur in künstlerischen Sachen Auskunft geben.
fragen- uncl Antwortenaustausck
cker iLeser.
8t. in v. Nachstehend die gewünschte Antwort, betr.
das Preisausschreiben für die Universitätsaula in
Kiel. Die Anfrage über den Satz: „Denn verlangt
wird ein ganz anderer Maßstab usw." erledigt sich
beim einigermaßen ruhigen Betrachten des Ausschreibens
wohl von selbst. Die Zeichnungen, die zur Ausgabe ge-
langt, sind eben bedeutend kleiner als wie die einzu-
reichenden Entwürfe, folglich müssen sie doch vergrößert
werden.
Wenn es schließlich noch Sache des Malers ist, wie
er das Ausschreiben auffaßt, so sehe ich für meinen Teil
die Aufgabe so: Die Hintere Kathederwand im Maßstab
t : 20 mit der vollständigen Architektur muß, um ein voll-
ständig übersichtliches Bild des ganzen Raumes zu geben,
in diesem Maßstab farbig behandelt werden, daher die Un-
kosten der Vergrößerung. Denn, handelt es sich nur um
das Bild, mit dem event. abschließenden Rahmen, so brauchte
doch nur die Größe ( : 8 ausgeschrieben werden.
Allerdings liegt auch in dem farbigen Entwurf der
Kathederwand die Schwierigkeit, aber auch die höchst inter-
essante Aufgabe. W. in S.
Die Jokanniskircke in München.
Wir empfingen folgende Zuschrift:
wie verlautet, soll die Johanniskirche in München,
Sendlinger Straße, restauriert werden. Nach den Erfah-
rungen, die in jüngster Zeit mit den in München restau-
rierten Kirchen gemacht sind, kann man sich der Besorgnis
nicht erwehren, daß diese herrliche Barockkirche dasselbe
Schicksal erleiden wird, wie die St. Anna Hofpitalkirche
und die Bürgersaalkirche. Wurde doch in der letzteren
das große Deckengemälde von Kneller durch das Restaurieren
vor wenig Jahren völlig zerstört, während die Neube-
malungen und Vergoldungen so minderwertig aussielen,
daß die Gesamtwirkung bei beiden Kirchen keine erfreuliche
genannt werden kann. Sollten die Renovierungsarbeiten
in der Johanniskirche nicht besser ausfallen, sollte nament-
lich die Uebermalung der Holzplastiken ebenso pietätlos
und unkünstlerisch gemacht werden, wie z. B. die der großen
Karyatiden auf dem Treppenhaus der Bürgersaalkirche, so
wäre es um die Intimität dieses Juwels einer Barockkirche
ebenfalls geschehen.
Wenn man heutzutage nicht mehr imstande sein sollte,
die Holzplastiken anständig herzurichten, warum läßt man
sie dann nicht wie sie sind, anstatt sie derartig zu entstellen,
und was die Vergoldung anbetrifft, sie durch Gelgold zu
ruinieren? Sollte es wirklich in München keinen Vergolder
geben, der auf Bolusgrund zu vergolden und niemanden,
 
Annotationen