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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Daelen, Eduard: Der Künstler in den öffentlichen Körperschaften
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Die Gründung der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0042

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 3.



schäft zur allgemeinen Beachtung. Ls wäre aller-
dings sehr zu wünschen, es läge im dringendsten
Interesse der Künstlerschaft, wenn sie in den gesetz-
gebenden Körperschaften der Gemeinden, der Land-
tage und des Reichstages eine eigene fachmän-
nische Vertretung besäße. Um den Wert einer
solchen zu erkennen, erinnern wir an das kürzliche
Beispiel Ferd. v. Millers in unserer Kammer der
Reichsräte.
Vie Grimäung äer Allgemeinen
veulseken Runslgenossensckaft *)
ging von der Künstlergesellschaft „Malkasten" zu
Düsseldorf aus, aber den plan ersonnen hatte der
Historienmaler Hermann Becker aus Hamburg, ge-
boren am 23. September s8(7, gestorben am 3. Mai
s885. Er hat die letzten 25 Jahre in Köln gelebt,
zuerst als Maler und Zeichner, später als Redakteur
an der „Kölnischen Zeitung", deren Kunstkritiker er
38 Jahre gewesen ist. Mitgewirkt haben der be-
rühmte Genremaler Gisbert Flüggen, ein geborener
Kölner, geboren am 9-Februar s8ss, gestorben zu
München am 3. September s859, der Landschafter
Alexander Michelis aus Münster, geboren s823, ge-
storben im April s869 zu Weimar, der Landschafter
Robert Krause aus Düsseldorf und namentlich der
Deutsch-Amerikaner, Historienmaler Emanuel Leutze,
geboren 2^. Mai s8s6 zu Schwäbisch-Gemünd, ge-
storben am s8. Juli s868 zu Washington. Ihnen
entwickelte Becker zuerst seinen Gedanken. Becker,
der nach vollendeten Schulstudien zu Haarburg die
Lehre als Kaufmann bestanden hatte, wurde nach
dem Tode seines Vaters Maler. Er kam (839 nach
Düsseldorf, wo er bei Professor Karl Sohn und bei
Direktor v. Schadow sich zum Historienmaler aus-
bildete. Hier entwickelte sich zwischen ihm und dem
genialen, als Künstler weit bedeutenderen Emanuel
Leutze eine äußerst innige Freundschaft. Beide Männer
wirkten fortan in der selbstlosesten Weise für die
Düsseldorfer und die deutsche Künstlerschaft. War
Leutzes persönlicher Einfluß auf die Düsseldorfer
Künstlerschaft bedeutender als der Beckers, so unter-
stand Leutze wiederum dem Einflüsse seines Freun-
des und er schlug die Schlachten, zu denen dieser
den plan entworfen hatte. Leutze erkannte auch das
organisatorische Talent und die geistvolle Redner-
gabe des Freundes rückhaltlos an. Bestrebungen,
die Düsseldorfer Künstlerschaft zu einigen, hatten
beide schon im Jahre (8^8 lebhaft beschäftigt. Kurz
nachdem das sogenannte Vorparlament am 30. März
(8^8 zu Frankfurt a. M. zusammengetreten war,
legte Hermann Becker seinen näheren Freunden die
fertigen Satzungen einer „Rheinischen Akademie der
*) Der Aufsatz: „Zum so. Jubiläum der Allgemeinen
Deutschen Kunstgenossenschaft" von Heinrich Deiters, Maler
in Düsseldorf, erfährt in der „Kölnischen Zeitung" von anderer
Seite noch einen Nachtrag durch die obigen geschichtlichen
Einzelheiten. Die Schriftleitung.

bildenden Künste" vor. Ls sollte das eine Verbin-
dung zum Schutze der Interessen der Kunst und
Künstler sein. Eine einzige Körperschaft sollte danach
alle selbstschaffenden Maler, Bildhauer, Architekten,
Kupferstecher und Lithographen umfassen, die längere
Zeit in Rheinland und Westfalen ansässig waren.
Die Korporation sollte die Interessen der Kunst und
der einzelnen Künstler schützen, sowie der Einsicht
und dem Willen der gesamten Künstlerwelt Aus-
druck und Wirksamkeit verleihen. Sie sollte bei allen
wichtigen Entscheidungen über Gegenstände künst-
lerischer Tätigkeit das Organ der Künstler und der
Kunstwelt gegenüber der Landesregierung bilden. In
den Statuten wurde die Einrichtung einer höchsten
Behörde für Kunstinteressen, Anweisung von Staats-
mitteln für Kunstzwecke und Anteil der Akademie
daran verlangt. Ferner verlangte Becker, daß die
Düsseldorfer Akademie fortan lediglich als eine Kunst-
schule zu betrachten sei und die neue „Rheinische
Akademie" bei der Reform des Unterrichtes oder
Reorganisation der Lehranstalt und Besetzung der
Lehrerstellen mit ihrem Rat und ihren Forderungen
gehört werde. Schließlich wurde die Forderung aus-
gestellt, daß, wenn der Staat Kunstwerke zu öffent-
lichen Zwecken in Auftrag geben wolle, die Aka-
demie die Aufsicht führe und durch freie Konkurrenz
den Künstler bestimme, der das Werk aussühren
solle. Diese Wünsche sollten dem Frankfurter Parla-
ment in Form einer Petition unterbreitet werden.
Die Maler I. p. Hasenclever, Hermann Becker,
Lorenz Llasen, p. H. Happel, Karl Hübner, p. p.
Kiedrich (aus Köln), Emanuel Leutze, G. Mengel-
berg (aus Köln), I. G. Meyer (von Bremen), Adolf
Schrödter und R. Wiegmann, letzterer als Vertreter
der Kunstakademie, bildeten ein Komitee, das eine
Generalversammlung aller Düsseldorfer Künstler ein-
berief. Diese erklärte sich im Grundsatz mit den Vor-
schlägen Beckers einverstanden, beschloß jedoch, das
Projekt einem Ausschuß zur Beratung zu überweisen.
Der Ausschuß erließ am 20. April (8^8 ein von Becker
entworfenes, offenes Schreiben der Düsseldorfer Künst-
ler an die Künstler Deutschlands.
Ob die Petition in der paulskirche zur Verlesung
und Besprechung gekommen, ist unbekannt. Auch die
geplante „Rheinische Akademie" kam nicht zustande,
wohl weil die Düsseldorfer Akademie und deren An-
hänger in zu schroffem Gegensatz zu der liberalen,
in eigenen Ateliers, außerhalb der Akademie, arbei-
tenden jüngeren Künstlerschaft standen. Noch beriet
man über die Akademie, da kam der 6. August (8^8.
In Düsseldorf feierte man an diesem Tage zu Ehren
des Neichsverwesers das Fest der deutschen Einheit.
Auf dem Friedrichsplatz hatte ein Bildhauer ein
riesengroßes Standbild der Germania errichtet. Lin
Festzug, in dem Herolde mit den Standarten aller
deutschen Staaten gingen, bewegte sich durch die
Stadt bis zum Standbilde. Hier stand Ferdinand
Hiller und dirigierte eigene, zur Festfeier komponierte
Gesänge. Als sich alle Banner vor der Germania
 
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