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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Daelen, Eduard: Der Künstler in den öffentlichen Körperschaften
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0041

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VI. ZLbrg- A Hskt 3. S jZ. Okt. ^906.

Redakteur: Hemricb KtsmdLcb.

In äieseni ^eUe unserer LeUsckrift erteilen veir je äs in Künstler äss sreieMorl. Mir sorgen clssür, clas tunlickst keinerlei
Tlngriile auf Personen ocler SenosssnsÄiastsn abgsclruckl veräen, okns clsss vorder cter Angegriffene clie MSgUäikeit geksbt
KLtts, in clernselben Hefte zu erwiclern. Oie keclaktion kält sicd vollständig unpsrteiisÄi unä gibt clurcd clen Rbclruck keineswegs
— eine rlebereinslinitnung rnit äen auf cties» Meise vorgetrsgenen Meinungen zu erkennen. —

Der ILünstler m äen ökkentUcken Rörpsrs^akten.^)
von bckuarck Oaelen.

Die Frage: ob die Kunst sich an der Behand-
lung öffentlicher Angelegenheiten beteiligen solle oder
nicht, ist schon öfter erörtert worden. Sonderbarer-
weise wird sie sogar von sehr vielen Künstlern in
verneinendem Sinne beantwortet und diese Ableh-
nung sucht man dann gerne mit dem Goethe'schen
Spruch „Bilde Künstler, rede nicht!" zu motivieren. . . .
In immer weitere Kreise dringt (jedoch) die Erkennt-
nis, daß die Kunst als ein bsauptfaktor in der
Entwicklung der menschlichen Kultur zu betrachten
ist und damit ihre Wichtigkeit für das gesamte öffent-
liche Leben nicht hoch genug geschätzt werden kann;
auch mehren sich damit die Bestrebungen, ihren
Einfluß namentlich auf die Erziehung bereitwilliger
die Wege zu ebnen. Aber trotzdem mag es wohl
noch recht weit davon entfernt sein, daß die ein-
fache und so natürlich berechtigte Forderung einer-
würdigen Vertretung der Kunst in den öffentlichen
Körperschaften allgemeinere Anerkennung findet. . . .
Wie vieles könnte von einer fachmännischen Kunstkom-
mission a>r solcher Stelle geleistet werden! Wie viele
der eingreifendsten und für das Volkswohl wich-
tigsten Fragen würden an sie zur Erledigung heran-
treten! Denn es würde sich selbstverständlich dabei
nicht nur um die persönlich künstlerischen Inter-
essen .... handeln, sonderil vielmehr um die idealen
Güter der ganzen Nation, die sich in allem, was
echte Kunst heißt, verkörpert finden.
Also nicht etwa nur Ausstellungsfragen und
ähnliches, wenn gleich auch sie schon eine hohe Be-
deutung für das Allgemeinwohl haben, sonderil auch
beispielsweise die meisten Erziehungsausgaben, und
zwar sie in erster Linie würden zur Lösung einer
solchen Kommission überwiesen werden und von ihr
die gedeihlichste Förderung zu erwarten haben. Km
auf diesem Gebiete nur eines der im Vordergründe
stehenden Kulturprobleme herauszugreifen, das ge-
rade für unsere Zeit wieder hervorragendste Be-
deutung gewonnen hat, sei die Erzielung eines all-
gem ein gültigen Urtei ls über die Darstellung
des Nackten, über ihre Aufstellung in Erziehungs-
anstalten, Museen und öffentlichen Anlagen, über
Wir entnehmen diese Zeilen einer Abhandlung, welche
demnächst in einen: von Eduard Daelen-Düsseldorf verfaßten
Werke: „Das Problem des Nackten" — bei Klemm A Beck-
mann in Berlin — erscheinen wird. Die Schriftleitung.

ihre Verwendbarkeit in Zeitschriften, Schaufenster-
auslagen, Postkarten ro. in Erwähnung gebracht.
Wie oft haben diese Fragen in letzter Zeit die Volks-
vertretungen in den erregtesten Debatten beschäftigt;
alle möglichen Anschauungen sind dabei zu Worte
gelangt, nur die des Künstlers nicht.
Und sie sollte doch eigentlich gerade als die
ausschlaggebende berufen sein. Denken wir uns,
daß ein Künstler von der Art und Bildung eines
Rubens im Reichstage säße, was für ein sachver-
ständiges Urteil vollen Wertes und Gewichts würde
seine gereifte und sonnig klare Lebensanschauung
in die Wagschale zu legen befähigt sein. Rubens
ist heute als einer der ersten und mächtigsten im
Kreise der führenden Geister allgemein anerkannt;
seine Stimme würde in dem wirren Gewoge des
aufgeregten Parteigezänks mit der Wucht entschei-
dender Autorität die heilsamste Wirkung üben.
Man wird dieser Proposition entgegenhalten,
daß ein lebender Künstler niemals den uneinge-
schränkten Nimbus und damit die unantastbar hohe
Stellung in der Würdigung der Menschheit würde
erlangen können, wie solche einem längst Verstor-
benen in vollstem Maße zuerkannt werden. Das
läßt sich nicht leugnen, da eine derartige Wahr-
nehmung auf Schritt und Tritt sich aufs ueue be-
stätigt. Wir brauchen nur an einen, der noch nicht
lange dahingeschieden ist und der in der Reinheit
seiner Anschauung der berufenste für ein solches
Richteramt gewesen wäre, zu denken, an den ein-
zigen: Arnold Böcklin; wie wenig ist heute noch
seine maßgebende Autorität in künstlerischen Dingen
als unbestritten feststehend anerkannt. ... So ist bei
der heutigen unklaren Zerfahrenheit sowohl in der
Anschauung und Beurteilung der künstlerischen Pro-
duktion als auch in den Reihen der Künstlerschaft
selbst freilich nicht eben viel Günstiges für eine rich-
tige Vertretung der betreffenden Interessen an öffent-
licher Stelle zu erwarten. Aber trotz alledem würde
es immerhin als ein Fortschritt zu betrachten sein,
wenn wenigstens die ersten Versuche in dieser Rich-
tung wirksam, wenn auch vorläufig noch tastend,
unternommen würden. —
Die erneute Anregung des Verfassers auf Be-
tätigung der Künstler in diesem Sinne, deren Nütz-
lichkeit so einleuchtend, empfehlen wir der Künstler-
 
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