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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Boermel, Eugen: Der Künstler in den öffentlichen Körperschaften
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Die deutsche Kunstausstellung 1908 in New-York
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0418

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 30.

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dem Markt der Dichter und Komponisten, das müßten
jene selbst erwägen, — aber aus unserem Markt
der bildenden Künste, den Ausstellungen, wäre es
leicht, maßloses Unrecht zu verhüten. Der Staat,
der da Ausstellungshallen aus allgemeinen Mitteln
erbaut, er gebe jedem Künstler, der sich durch irgend
eine öffentliche Arbeit als solcher legitimiert, das
Recht, ein Werk nach eigener Wahl juryfrei aus-
zustellen — man würde staunen, mit welcher fieber-
haften Tätigkeit die wirklichen Künstler bemüht sein
würden, dieses eine Werk möglichst vorzüglich zu ge-
stalten, wie die Dutzendware aufhören würde, in den
Ausstellungen zu erscheinen, und welch einen Kunst-
genuß eine solche Ausstellung dem Publikum ge-
währen würde. Und will man das nicht, so hebe
man von Staats wegen alle Privilegien, auch die der
Akademiemitglieder, auf und stelle alles unter die
Augen einer Jury, die zum Teil auch aus Kunst-
freunden bestehe. — wie sehen wir täglich die
Nationen ringen um den Markt der Welt, um Absatz-
gebiete für ihre waren und Erzeugnisse — furcht-
bare Kriege sind aus diesem Grunde geführt worden,
wenn irgend ein Volk sich für ganz allein berechtigt
hielt, auf diesem Markt zu herrschen. In den ver-
schiedenen Berufsarten sehen wir im einzelnen
diesen Kampf noch heute — und der Künstler?
Ihm allein ist das Recht der Lebenden verwehrt.
Unsummen fließen in die Taschen schlauer Kunst-
händler, die mit den Werken der Toten ein gutes
Geschäft zu machen wissen, aber wie lächerlich gering
lauten die Summen bei einer Auktion der lebenden
Meister. „Der Lebende hat Recht", so heißt es
in jedem anderen Berufe, nur nicht in dem unseren
— wie notwendig wäre es, daß man einmal die
alten Bilder hängen ließe, wo sie hängen, wie not-
wendig wäre es, daß in den öffentlichen Körper-
schaften ein Mann dem Volke klar mache, d. h. be-
sonders dem reichen, daß die Millionen für alte
Kunstwerke besser verwendet werden können an denen
der Lebenden, denn diese sollen doch einst Zeugnis
geben von dem Geiste und der Kultur unserer
Zeit. Die moderne Menschheit hat sich von der
Kunst abgewendet und der Technik gehört die
heutige Welt. Das ist eine traurige Wahr-
heit für uns. — Ich will nicht neidisch sein
auf die modernen Riesenerfolge der Technik und
Industrie, deren gewaltige Fortschritte wir alle be-
wundern. Auf der letzten Berliner Automobil-Aus-
stellung konnte man wieder die Freude des kauf-
kräftigen Publikums an den neuesten Maschinen sehen,
und wenn sie auch so manchen reichen Mann schon
in den Tod befördert haben, so wird sich doch be-
ständig die Kauflust sür Automobile steigern. Sport
und Technik ist die Parole. Nur in der großen
Masse des deutschen Bürgertums ist das Interesse
für die Kunst noch nicht erloschen; und um dieses
Interesse wach zu halten, müssen wir die Bahn frei
haben, es muß den Einzelnen versagt werden, uns
von unserem Markt, den Ausstellungen, fortzuweisen

und uns in solchen Zeiten, da keine staatlichen Auf-
träge vorhanden sind, fast ganz existenzunfähig zu
machen. — Man stelle sich einmal vor, was die
Agrarier, was die industriellen Fabriken dazu sagen
würden, wenn man sie verhindern wollte, ihre Er-
zeugnisse auf den Markt zu bringen, welch einen
Aufruhr gäbe das — und die Künstler? Ganz ent-
mutigt, endeten einige durch Selbstmord ihr trauriges
Leben — ich erinnere nur an Heinrich v. Kleist —
der armen Maler nicht weiter zu gedenken. —
Berlin will große neue prachtstraßcn erbauen,
welche Fülle von Arbeit gäbe es da für uns alle,
denn Kapital ist mehr wie jemals vorhanden —
nur in den öffentlichen Körperschaften müßte jemand
den maßgebenden Personen klar machen, daß die
bildenden Künstler imstande sind, aus diesen Straßen
Kunstwerke zu machen unter Leitung genialer Archi-
tekten, die sich mit Bildhauern und Malern ver-
ständigen, so wie es einst in Athen war. Ich glaube,
wenn die Bildhauer und Maler sich nicht bald zu
einer befreienden Tat aufraffen, so wird ihr Stand
bald in tiefes wirtschaftliches Elend geraten; denn
die moderne Architektur vermeidet immer mehr und
mehr die Hinzuziehung beider Künste zur Aus-
schmückung der Fassaden und Innenräume, und das
wenige, was da gemacht wird, trägt aus Gründen
der Altertumsnachahmung meistens nur noch den
Charakter von Aztekenarbeiten. — wenn ich hierüber
spreche, so sehne ich mir nicht etwa das wüste, sinn-
lose Bekleben der Fassaden mit Stuck und Malereien
zurück, sondern ich denke, manches schöne Bild in
Mosaiktechnik, die sehr vervollkommnet ist, und so
manches wirkliche Kunstwerk in Stein könnte, maß-
voll an die richtige Stelle gesetzt, die neuen Pracht-
straßen schmücken, dauernde Ausstellungsstücke könnten
zur Ehre der bildenden Kunst da geschaffen werden.
Einmal hatte die Kunst einen Fürsprecher beim
Volk, wie ich ihn meine, in perikles, dem Bürger-
meister von Athen — über zweitausend Jahre sind
seitdem vergangen, aber was damals geschaffen
wurde — ist noch bis heute vorbildlich geblieben für
alle Zeiten und Völker.
Vie cleulscke Kunstausstellung 1908
in Vexv-Vork.
Für Anfang s^OZ ist, wie der „Berliner Börsen-
Courier" berichtet, eine große deutsche Kunst-
ausstellung zu New-Hork geplant, die ein voll-
ständiges Bild des deutschen Kunstschaffens auf
-ein Gebiete der zeitgenössischen Bildhauerei
und Innen-Dekoration geben soll. Der deutschen
Ausstellung in Amerika soll auf Anregung der Aus-
stellungsleitung eine gleichartige Ausstellung
amerikanischer Kunst in den größten Städten
Deutschlands folgen.
Dem künstlerischen Komitee der Ausstellung
für New-Hork, die mit in erster Linie ihr Zustande-
kommen der Initiative des bekannten Berliner Bild-
 
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