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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Nieβen, J. J.: Der Künstler als Kunsthändler?
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Eine Stiftung von 100000 Mk. / Ein Schweizer Preisauschreiben / Eröffnete Ausstellungen / Laufende Preisausschreiben / Erledigte Preisausschreiben / Denkmäler / Staatsankäufe etc. / Staatsaufträge etc. / Aus Akademien und Kunstschulen / Personalien / Auszeichnungen / Todesfälle / Architektur / Aus Galerien und Museen / Stipendien und Stiftungen / Aus Künstler- und Kunst-Vereinen / Kunsthandel und Versteigerungen / Vermischtes / Literatur und Kunstblätter / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0251

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2^Z

Die Werkstatt der Kunst.

kleinere Nebel, und der Zwischenhandel ist bei Kunst-
werken noch notwendiger als dein: anderen handel.
Denn der Konsument kann irr der Kegel dem Künstler
nicht bekannt sein, sondern diesen muß erst der Händler
aufsuchen, wenn Konsument und Produzent, Künstler
und Kaufliebhaber, sich hier begegnen, so fällt auch
der Zwischenhandel von selbst fort; aber das ist nur
verhältnismäßig selten der Fall, um so seltener, weil
meistens der Liebhaber nur ein einziges Wal von
demselben Künstler kaufen wird. Der Kunsthandel
selbst ist durch den Umstand wirksam, daß ihm die
Käufer bekannter sein können als dem Künstler und
er, wenn er nicht einseitig ist, wissen kann, was das
Publikum haben will. Dabei sind seine Angebote
und Vorschläge einem großen Publikum maßgebend,
das selber nicht die nötige Sicherheit des Urteils
und des Geschmacks hat. Neuen Erscheinungen ist
naturgemäß der Kunsthandel nicht so zugänglich wie
dem bekannten, das einen gewissen Warktwert
schon besitzt.
Die Ausbeutung des Künstlers ist leider nicht
immer zu verhindern, und sehr schwere wißstände
sind auch im Kunsthandel vorhanden. Solche sind
insbesondere die kleinen Kunsthändler, welche sich
überall in gerade leerstehenden Läden einnisten und
im Tagesgeschäft und in häufigen Auktionen eine
Waste schlechtes Zeug auf den Warkt werfen und
den Warkt des guten Kunstwerkes beeinträchtigen.
Gerade diese Leute nutzen oft die Notlage des
Künstlers in schlimmster weise aus. Leider ist der
reelle Kunsthandel in den letzten Jahrzehnten
immer schwächer geworden. Ts gibt nur noch wenige
Händler, welche fest kaufen; cs stehen ihnen ja genug
Werke in Kommission zur Verfügung. Weistens
kauft der Händler erst dann, wenn er bereits einen
Käufer gefunden hat und dann durch sein Angebot
mehr verdient, als wenn er sich mit einer hohen
Provision begnügt. Verkaufsabschlüsse würden häufiger
und leichter sein als dies jetzt der Fall ist, wenn
das Geschäft seitens des Kunsthändlers immer ganz
ehrlich gemacht würde; leider lehrt die Erfahrung,
daß manches Geschäft deshalb scheitert, weil der
Händler mehr fordert als er soll. Die wenigen
Kunsthändler, welche nicht Kommissionäre sind, sondern
selbst kaufen, machen zudem meistens nur nut einigen
Künstlern Geschäfte, weil sie der Produktion eines
einzelnen leichter einen guten Warkt verschaffen
können. Sie halten sich dabei meist an die (teilweise
durch die Wode) anerkannten Größen und schließen
leicht ab, weil sie dem Künstler allen Aerger mit
der Jury, den Ausstellungen, die wühe des Ver-
sendens und der Verhandlungen mit etwaigen Kauf-
liebhabern abnehmen. Auch die Unerfahrenheit und
Unbeholfenheit der meisten Künstler in geschäftlichen
Dingen weist sie auf die vermittelnde Hilfe des
Knnsthandels an; denn Künstler und Geschäftsmann
stecken selten in einem Wenschen bei der ungeheuren
Wesensverschiedenheit künstlerischer und kaufmännischer
Dinge. Zn diesen Verhältnissen kommen allerdings

sehr viele Künstler mehr gelegentlich im handel
zur Geltung, umsomehr sind sie auf ihn angewiesen.
Dazu kommt noch eins: Die großen Kunsthandlungen
entwickeln sich immer mehr in der Richtung des
Antiquariats. Sie kaufen manche Bilder mehr-
mals zurück, sobald sie aus Familienbesitz durch Erb-
gang oder andere Umstände wieder frei werden
und befassen sich neuerdings fast alle auch nut dem
handel in alter Kunst in ausgedehntestem waße,
alles nicht zum Vorteil der zeitgenössischen Künstler.
Sie nutzen eben die Konjunktur aus: Alte Kunst ist
gesucht zu steigenden Preisen, besonders in den Groß-
städten. Nicht zu Unterschätzer: ist auch der Nieder-
gang der Ausfuhr deutscher und die Steigerung der
Einfuhr ausländischer Kunstwerke, eine Folge des
besprochenen Einflusses der großen internationalen
Ausstellungen, welche hierin den Kunsthandel haben
umgestalten helfen. Früher, als wir noch eine große
Ausfuhr hatten, gab es eine Wenge Händler, welche
mit „inländischen werten" spekulierten; heute haben
sich die Verhältnisse ganz umgekehrt. Der Exporteur
ist zum Importeur geworden, heute spekulieren auch
die Händler mit „ausländischen werten", und so
wird die Bilanz der deutschen Kunst eine immer
traurigere.
Aber das Darniederliegen des deutschen Kunst-
marktes ist nicht zu bessern mit der Parole: „Los
vom Kunsthändler!" sondern eher mit der anderen:
„Los von cter blincien Bevorzugung aus-
länäiscker Runst!" Diese Parole gilt für
die Ausstellungen und den Kunsthandel; sie
gilt weiter für presse und Literatur und
nicht zuletzt für unsere Wuseen und Kunst-
vereine; sie gilt aber auch für jeden Kunst-
freund. Sie wird hier nicht zum ersten Wale
ausgegeben; aber sie kann nicht oft genug wieder-
holt werden; denn unser Volk ist zu gesund, als daß
es sich von dieser unnatürlichen Vorliebe nicht be-
freien könnte.
Eme Stiftung von 100ooo Mk.
hat eine am (2. Januar in Wünchen verstorbene
Dame der Stadtgemeinde wünchen zur Förderung
der Walerei, der graphischen Künste und der
Bildhauerei hinterlassen.
„Ich will die Stadt Wünchen in die Lage
setzen," so heißt es in dein Testament, „und lege
ihr ausdrücklich die Verpflichtung auf, mit diesem
Teile meines Vermögens den Grundstock für eine
städtische Galerie zu bilden, die Zinsei: zum An-
kauf von Gemälden, von graphischen Werken und
von Gegenständen der Bildhauerkunst oder der an-
gewandten Kunst ii: Anspruch zu nehmen. Ich will
nicht, daß die Stadtgemeinde Wünchen durch diese
Bestimmung veranlaßt werden solle, schon in nächster
Zeit ein besonderes Haus zur Aufnahme einer Ge-
mäldegalerie zu errichten, erwarte aber von der
 
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