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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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D.W.D.K.: Die Zukunft des deutschen Kunstgewerbes. I.
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Die Werkstatt der Kunst

keäakiem: fritz tzellwag. VI. Jakrg. yekt 39. 24. Zunr 1907.
In diesem rteits unseier Leitsckritr erteilen wir jedem Rünstier das freie Mort. Mir sorgen dafür, -lass keinerlei
Angriffs auf Personen ocler Senossensckaften abgedruckt werden, okne dass vorder clsr Angegriffene clie Möglichkeit gekabt
Katts, in demselben tzefts zu erwidern. Oie Redaktion kalt sich vollständig unparteiisch und gibt durch den Abdruck keineswegs
-eine Nebereinstirnniung rnit den auf diese Meise vorgetragsnen Meinungen zu erkennen. - .

Vie Zukunft des ckeutscken Runstgeiwerbes. I.

Schon in Nr. 33 vom f3. Mai haben wir
kurz darauf hingewiesen, daß sich zwischen dem
„Lachverband für die wirtschaftlichen Inter-
essen des Kunstgewerbes" und dem Lehrer an
der bsandelshochschule in Berlin, Lserrn Dr.-Ing.
Muthesius, ein Streit entwickelt habe wegen eines
Vortrages, den Dr.-Ing. Muthesius über „Die Be-
deutung des Kunstgewerbes" gehalten und nachher
in der „Dekorativen Kunst" (Lebruarheft) im Druck
veröffentlicht hat.
Durch gewisse Ungeschicklichkeiten hat sich
der „Lachverband für die wirtschaftlichen Interessen
des Kunstgewerbes" von vornherein die Sympathien
der Meffentlichkeit verscherzt und sich sehr deutliche
Zurückweisungen voll der gesamten presse zugezogen.
Dadurch ist leider die allgemeine Aufmerksam-
keit von dem wirklichen Thema auf das persönliche
Gebiet abgelenkt worden. In Wahrheit handelt es
sich hier längst nicht mehr um eine Personenfrage,
sondern um schwere Kämpfe, die sich in dem „Kunst-
gewerbe" abspielen werden und die man von allem
Anfang an wohl beachten muß. Ls ist dies umso-
mehr notwendig, als der Lachverband durchaus
nicht die „kleine Klique" ist, wenn er auch nur
oa. s70 Mitglieder zählt. Im Gegenteil ist er eine
ganz bedeutende wirtschaftliche Macht. Ihm
gehören die kapitalkräftigsten Lirmen in ganz Deutsch-
land an und er beschäftigt oa. 30000 Menschen,
darunter eine große Zahl Künstler, deren wirt-
schaftliche Interessen, neben den künstlerischen, in
diesem Streite mit berührt werden müssen.
Scheint auch in diesem Widerstreit der alten
gegen die neue Zeit der endliche Ausgang nicht
zweifelhaft, so kann mail doch die schwersten wirt-
schaftlichen Erschütterungen durch vernünftige Ueber-
legung, Maßhalten und weise Verständigung mildern
und der deutschen Kunst die Wiedergeburt des
völkischen Kunsthandwerkes erleichtern.
Die „Werkstatt der Kunst" hat die Interessen
aller Künstler, gleichviel welcher Richtung,
zu vertreten. Sie muß deshalb den besten unpar-
teiischen Standpunkt zu gewinnen suchen. Ratschläge
aus den Kreisen der Leser sind der Schrift-
leitung darum sehr willkommen.

Der „Fall Mnthefins".
Nachstehend seien zunächst die Akten über die
äußere Veranlassung, welche die tiefen Gegensätze
akut werden ließ, mitgeteilt.
Berlin, 28. März t9O7.
). Sr. Lxz. dem Dandelsmimster Berrn v. Delbrück, Berlin.
Der Lachverband für die wirtschaftlichen Interessen
des Kunstgewerbes sieht sich gezwungen, bei Lw. Exzellenz
vorstellig zu werden, und zwar die Tätigkeit des perrn
Geheimrats Dr.-Ing. Muthesius betreffend.
wir nehmen Bezug auf eine Reihe von Reden und
Publikationen des Oerrn Vr. Muthesius und besonders auf
den im Anfänge dieses Jahres in der neuen Handelshoch-
schule zu Berlin gehaltenen Vortrag „Die Bedeutung des
Kunstgewerbes".
Zur gefl. Information von Ew. Exzellenz fügen wir
den im Druck erschienenen Vortrag bei und haben die be-
leidigenden, nicht der Wahrheit entsprechenden Ausfälle des
Redners rot markiert.
Es erscheint uns mit der Stellung eines preußischen
Beamten') unvereinbar, in solcher aggressiven Form ganze
ehrenhafte Berufsklassen vor dem weitesten Publikum zu
diskreditieren. Der unterzeichnete Lachverband protestiert
aufs schärfste gegen die von perrn Geheimrat Muthesius
geleistete Propaganda, die Architekten, Maler, Bildhauer
und Handwerker gleichmäßig beleidigt, sobald die Ange-
hörigen dieser Stände sich den vollkommen einseitigen, in
der Mehrzahl schädlichen Ideen des perrn Vr. Muthesius
unzugänglich zeigen.
Es ist beleidigend, wenn ein Beamter des Ministeriums
vor einem weiten Publikum unserem Meisterstande und
unseren Industriellen nachsagt, sie wären bei ihren Oppo-
sitionen gegen seine Reform-Ideen nur von pekuniären
Interessen geleitet.
wir müssen perrn Geheimrat Muthesius die Be-
fähigung absprechen, über die maßgebenden Bedürfnisse
unseres pandwerks zu urteilen, eines pandwerks, dessen
tüchtigste Vertreter ihm ebenso fremd sind, als ihm das
vollkommen berechtigte, gesunde konservative Element im
pandwerk unverständlich ist.
Es erscheint im höchsten Grade nötig, perrn Geheim-
rat Muthesius darauf hinzuweisen, daß eine so einseitige
Parteinahme für eine Richtung, die einsichtige und ernst-
hafte Künstler und Lachmänner sehr reserviert beurteilen,
nicht mit seiner Beamtentätigkeit vereinbar sein dürfte.
Im Interesse nicht nur des Kunsthandwerks ersucht
der unterzeichnete Lachverband für die wirtschaftlichen Inter-
essen des llunstgcwerbes Lw. Exzellenz, der Tätigkeit des
perrn Geheimrat Or. Muthesius Einhalt zu gebieten, ehe
ein nicht mehr gut zu machender Schaden entstanden ist.
Lw. Exzellenz ganz gehorsamster
Lachverbaud für die wirtschaftlichen Interessen
des Kunstgewerbes.
tätigkeit nichts zu tun. O. XV. O. 1^.
 
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