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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Abänderung der Satzungen für die grossen Berliner Kunstausstellungen
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Denkmal-Unkultur
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Ein Kulturbild
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0574

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566

Die Werkstatt der Kunst.

heft

Künstler und der Genossenschaft der Akademie je zur Välfte,
jedoch mit der Maßgabe zu, daß der Anteil der Akademie
dieser gar nicht zufiel, sondern auf der nächsten Ausstellung
zu Ankäufen für die öffentlichen Sammlungen verwendet
werden mußte. Diese Ankäufe erfolgten durch die Aus-
stellungskommission.
Für die Abänderung dieser Bestimmungen hat die
Akademie der Künste sich seit Jahren bemüht, indem sie
geltend machte, daß ihr durch die Satzungen lediglich finan-
zielle Pflichten, aber keinerlei wirkliche Rechte zuge-
teilt wären. Man empfand diese Regelung um so mehr als
unbillig, als die Akademie der Künste länger als ein Jahr-
hundert (seit t786) allein die Berliner Ausstellungen ver-
anstaltet und geleitet hatte. Meder war sie in die Lage
versetzt, aus den Erträgen ihren Unterstützungsfonds zu
vermehren, noch stossen ihr weitere Mittel für ihre allge-
meinen künstlerischen Zwecke zu. In dem Augenblick, wo
die Akademie nach der Uebersiedelung in ihr neues peim
am Pariser Platz eigene Ausstellungen wieder in ihre Tätig-
keit ausgenommen hat, schien eine Abänderung der Satzungen
noch dringender geboten. Diese Erwägungen haben jetzt,
wie die „Korr. für Kunst nnd Missensch." mittcilt, zu dem
kaiserlichen Erlaß geführt.
Auch nach den abgeLnderten Bestimmungen
bleibt cs bei der bisherigen Organisation. Rach wie vor
wird die Große Berliner Kunstausstellung von einer Kom-
mission geleitet werden, in welche die Genossenschaft der
Akademie und der Verein der Berliner Künstler je sechs
Mitglieder entsenden. Die Mahl erfolgt jedes Jahr im
November. Jedoch ist es nach dem neuen Erlaß, falls die
Ansstellnngsvorbereitungen den späteren Zusammentritt der
Kommission erheischen, jeder der beiden Körperschaften un-
benommen, die Anberaumung der Mahl zu einem früheren
Zeitpunkte zu verlangen. Das wird insbesondere sür
größere, namentlich internationale Ausstellungen zweckent-
sprechend sein.
Durch eine zweite Aenderung der Satzungen wird auch
dem U n te rstü tz u n gsfo n ds d e r Ä kad e m i e d e r K ü n st e —
ebenso wie dem Berliner Künstler-Unterstützungsverein —
aus den lleberschüsfen eine Summe bis zum Vöchstbctrage
von 5000 Nk. zugebilligt. Im übrigen ist die Verteilung
jetzt durch den Erlaß des 'Kaisers folgendermaßen geordnet:
Von den weiteren lleberschüsfen (nach Abrechnung der
Beträge für die Unterstützungszwecke. Res.) wird die pälfte
zu Ankäufen von Kunstwerken ans der nächstfolgenden Aus-
stellung verwendet. Diese Ankäufe erfolgen durch die Aus-
stellungskommission. Gegen die getroffene Auswahl steht
jedoch im Einzelfalle sowohl der Genossenschaft der Mit-
glieder der Akademie, wie auch dem Verein Berliner Künstler
das Recht des Einspruchs offen. Die Ankäufe werden
zur Verfügung des Ministers der geistlichen Angelegenheiten
gestellt behufs Abgabe au Staats- und provinzialsamm-
lnngen oder öffentliche Gebäude.
Der nach Abzug dieser Vollste verbleibende Rest der
Uebcrschnsse fällt der Akademie der Künste und
dem Verein Berliner Künstler zu; über die Verwen-
dung des der Akademie zufallenden Anteils entscheiden die
Sektionen für die bildenden Künste des Senats nnd der
Genossenschaft gemeinsam.
Die abgeänderten Bestimmungen der Ausstellungs-
satzungen treten mit dem Oktober in Kraft. Für die
Große Berliner Kunstausstellung des Jahres t007 gelten
noch die bisherigen Vorschriften.
Denkmal Dnkultur.
Wilhelm Busch.
Gegen die Aufstellung voll u n k ü n stlcrische n m onu-
menten wendet sich ein Erlaß des bay c r i sch en S ta a l s-
ministerums des Innern, der indes auch anderwärts

als in denr in Kunstfragen erfreulicherweise immer noch
voir einem löblichen Ernst geleiteten Baperlande Beherzigung
verdiente. Die „Münch. Allg. Ztg." schreibt hierüber: Eine
Anzahl kleinerer Städte und Landgemeinden, sowie manche
Vereine waren in neuerer Zeit bei Errichtung von Krieger-
denkmälern und sonstigen Gedenksteinen mit anerkennens-
wertem Verständnis darauf bedacht, Denkmäler zu schaffen,
die selbst bei größter Einfachheit und Schlichtheit doch den
Stempel künstlerischer Eigenart an sich tragen und dem
Aufstellungsplatze zum Schmucke gereichen. Leider werden
aber recht häufig, wenn auch in bester Absicht, von übel
beratenen Verwaltungen und Vorstandschafteil Denkmäler
errichtet, die jeder Eigenart entbehren und sich in Formen
halten, wie sie in den Musterbüchern der Grabsteinfabri-
kanten gefunden werden. Es ist das, wie das Staats-
ministerium des Innern in einer an die Verwaltungs-
behörden gerichteteil Entschließung neuerdings zum Ausdruck
bringt, sehr bedauerlich, weil durch solche Dutzendmonumente
schöne Orts- und Straßenbilder verdorben werden und über-
dies ein unerfreuliches, durchaus falsches Bild des künst-
lerischen Könnens und Empfindens der Jetztzeit auf die
Nachwelt überliefert wird. Das Staatsministerium des
Innern weist deshalb wiederholt darauf hin, daß tüchtige
Bildhauer und Architekten mit der Ausführung be-
traut, und daß unter gar keinen Umständen die Lieferungs-
verträge abgeschlossen werden sollen, bevor nicht der Denk-
malsentwurf die Billigung von fachkundiger Seite und der
zuständigen Stelle gefunden hat.
Durch derartige voreilige Vertragsabschlüsse können
den Bestellern bei allenfalsiger Beanstandung des Entwurfs
große Unannehmlichkeiten und zwecklose Ausgaben erwachsen.
Es ist dringend zu empfehlen, daß die Gemeinden und Ver-
eine sich in diesen Angelegenheiten rechtzeitig an die Distrikts-
verwaltungsbehörde wenden und dort wegen der Beschaffung
eines guten Entwurfs sich Rats erholen. Im übrigen sei
ausdrücklich betont, daß das Staatsministerium des Inueru
hierbei keineswegs kostspielige Monumente im Auge hat,
vielmehr werden auch ganz einfach gehaltene Denkmäler
bei geschmackvoller Eigenart in der Ausführung und bei
entsprechender Anpassung an die Umgebung, in die sie hinein-
gestellt werden-, den patriotischen Zweck in durchaus wür-
diger Meise erfüllen, die Ortschaft schmücken und den ver-
ständigen Sinn der Stifter ehren.
6m Kullurbilct.
Der Erste Staatsanwalt in Breslau hat folgende
Anklage erhoben:
Der Kaufmann Emmo Delahon zu Breslau, Taschen-
straße 2, geboren am m. März ^877 zu Breslau, evangelisch,
verheiratet, Wehrmann, unbestraft, wird angcklagt, im April
t007 in Breslau unzüchtige Abbildungen an Orten,
welche dem Publikum zugänglich waren, ausgestellt zu haben.
(Vergehen gegen tzfj M't Nr. t, 'M, St.-G.-B.)
E r m i t t e I u n g s c r g c b n i s.
Der Angeschuldigte hat in einem Schaukasten seiner
Papierhandlung die Blatt 2 der Akten befindlichen vier An-
sichtspostkarten öffentlich ausgestellt und dieselben am
25. April t007 an einen Polizeibeamten verkauft. Die Post-
karten sind Reproduktionen von Gemälden, und zwar:
>. „Das Urteil des Paris" von Peter Paul
Rubens. Die eine der Göttinnen ist ganz nackt dargestellt;
ihr.schwellender Busen und ihr Geschlechtsteil sind deutlich
sichtbar. Die beiden anderen Göttinnen drehen dein Beschauer
die Seite bezw. den Rücken zu. Auch sic sind zum größten
Teile nackt.
2. „Rubende Venus" vou Palma Vechio. Aus
diesem Bilde zeigt sich Venus ganz nackt. Brust und Ge-
schlechtsteil sind deutlich zu sehen.
5. „Marchand d'Lsclavc" von Girand zeigt im
Vordergründe ein nacktes Mädchen, im Hintergründe wenig
bekleidete Mädchen. Bei allen treten die Brüfic deutlich
hervor.
 
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