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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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D.W.D.K.: Der "Fall" Hildebrand
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0461

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Die Werkstatt der Kunst
keäakteur: fritz heUnag. VI. Jakrg. yekl 33. r- 13. Mal 190/.

In Liesen, Steile unserer LsUscki-itl erteilen tvir jeLern Künstler Las freie Mort. Mir sorgen Lasur, Lass keinerlei
Angriffe auf Personen oLer Genossensckaften sbgeLruckt wsrLen, okne Lass vorder Ler Angegriffene Lie Möglicdkeit gskabt
katte, in Lernselben tzefts ;u ertviLern. Oie keLaktion kalt sicd vollstänLig unparteiiscd unL gibt Lurcb Len AbLruck keineswegs
- — eins vlebersinstininiung rnit Len auf Liess Meise vorgetrsgenen Meinungen ;u erkennen.

Oer „^aU" Hllckebranä.

Daß im Münchener „Kunstbetricb" manche
Dinge nicht in Ordnung sind, wird setzt allgemein
zugegeben. Die „Kunst für Alle" spricht offen von
einer „Münchener Krise". Trotzdem ist sie — ebenso
wie die „Werkstatt der Kunst" — weit entfernt, mit
den Neidern der alten „Kunstmetropole" in dasselbe
bsorn zu stoßen, das bei seder möglichen und un-
möglichen Gelegenheit den Niedergang Münchens
als Kunststadt verkündet. Aber sie erkennt rückhalt-
los an, daß die schlechten Museumszustände — das
geradezu groteske Mißverhältnis zwischen künstle-
rischem Angebot und Nachfrage — die hierdurch
geschaffene allgemeine Notlage der Künstler — der
mangelnde Abfluß der überreichen künstlerischen
Produktion nach außen, für den offiziell nichts getan
wird — die bewußte oder unbewußte Geringschätzung
der außerordentlichen Veränderung in den wirt-
schaftlichen Forderungen unserer Zeit —; sie erkennt
an, daß alle diese schlimmen Dinge den Grund
bilden für eine ungestillte, herzliche Bitternis, die
schon seit langer Zeit die Künstlerschaft Münchens
in ihrer Gesamtheit erzittern läßt. Diese tiefe Er-
regung machte sich bei einer Gelegenheit, über die
man in ruhigen Zeiten vielleicht, im Vertrauen auf den
echten Kunsteifer der gerade zum Nichteramt Berufenen,
hinweggegangen wäre, mit Vehemenz Luft.
Die „Revolution" nahm nach alter Regel die
äußere Veranlassung zu ernst und schoß im
einzelnen Falle vielleicht etwas über das Ziel hinaus.
Wie immer, hatten es dann gewisse Elemente sehr
eilig, von einem' gehässigen Kampf gegen Per-
sonen zu sprechen. — Ls handelte sich für die Münchener
Künstlerschaft lediglich darum, einen typischen Fehler
des ganzen Betriebes aufzudccken. Daß der Rebel-
stand gerade bei einer Mitwirkung des bserrn
Professors von pildebrand akut geworden ist, war
reiner Zufall. — Wir lassen uns an den offiziellen
Erklärungen, die die rein künstlerischen Absichten des
perrn von Lfildebrand darzulegen bestimmt sind, ge-
nügen, und damit scheidet das zufällige per-
sönliche für immer aus.
Unsere Behauptung, daß bei der Konkurrenz
um den Sendlinger Brunnen Mißstände zu Tage
getreten seien, bleibt aber natürlich bestehen.
Wir halten an der Tatsache fest, daß es unrecht
und gefährlich war, bei der genannten Konkurrenz
einen Entwurf auszuzeichnen und auszuführen, der den
Bedingungen des Preisausschreibens nicht entsprach.

Lserr von pildebrand erörtert nun selbst
in den „Süddeutschen Monatsheften", wie gewissen-
hafte Preisrichter zu Werke gehen müssen, um zu
dem denkbar besten Resultat zu gelangen. Wir
folgen seinem Gedankengang: Die Wirkung eines
Kunstwerkes ist ebenso abhängig von seiner Umgebung
als von den in ihm selbst ruhenden Faktoren. Es
muß also mit seiner Umgebung eine künstlerische
Einheit bilden. Gegen dieses Prinzip ist unerhört
gesündigt worden. Auf dem Zeichenbrett ent-
standene Entwürfe, deren Verfasser über die künftige
Umgebung des Denkmals kaum etwas wußten, Ent-
würfe, die nut einem malerischen phantasiehinter-
grnnd auffrisiert, bestechend wirkten, wurden von
Zuroren, die nicht imstande waren, zu beurteilen,
ob überhaupt die Fragen des Ausschreibens richtig
gestellt waren, mit den Preisen gekrönt. Für die
Künstler wie für das Publikum waren die Wett-
bewerbe allmählich so sehr Selbstzweck geworden,
daß der erste Preisträger als genialer Künstler weit-
hin berühmt wurde, ohne überhaupt seinen Entwurf
auszuführen. Za, daß dieser meist so, wie er ihn
geliefert hatte, überhaupt gar nicht ausführbar war
oder in seine Umgebung nachher so paßte, wie
die Faust aufs Auge — das bekümmerte weder
Künstler noch Zuroren noch das Publikum.
„Erst hier in München lagen die Verhältnisse so, daß
es möglich wurde, im ganzen Prinzip einen Mandel durch-
znführen (?) nnd dank dem Entgegenkommen der Re-
gierung eine gründliche Neubehandlung der Wettbewerbe
festzulegen."
Diese Neubehandlung soll darin bestehen, daß die
Zuroren sich den Platz, auf dem das Denkmal oder
der Brunnen stehen soll, selbst ansehen, eventuell einen
anderen wählen, die Umgebung prüfen und die äußere
Anlage bestimmen usw. (Das Ei des Tolumbus.)
„Doch soll andererseits der Konkurrent nie-
mals behindert sein, seinevseits eine iAdee zu
bringen, die von der abweicht, die die Preisrichter
gefaßt hatten, was ihn bisher von dem Wett-
bewerb ausschloß."
Das ist bei der Sendlinger Brunnen-
konkurrenz geschehen. Sattler projektierte seinen
Brunnencntwurf an einer anderen Stelle. Die
Preisrichter erkannten diese Veränderung als eine
Verbesserung, und so bestimmten sie ihn zur
Ausführung. Der Brunnen kam also an eine andere
Stelle zu stehen, als wie es die Juroren vorge-
sehen hatten. (D. h., sie hatten doch, wie wir an-
 
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