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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Das Vermieten von Kunstwerken
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0361

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Die Werkstatt der Kunst

keäaktem: Hemrick Stemback.

VI. ?akrg. Hekt 26. März 1907.

In ctlesen, reelle unserer Leitsckriff si-leNen wir jsäsni Künstler clas sreie Mort. Mir sorgen cisfür, class tun lickst keinerlei
Angriffs aut Personen ocler Eenossensckaffsn abgeclruckt wsrcien, okne class vorder cler Angegriffene clis Möglickkeit gekabt
KLtte, in cleniselbsn IZeffs zu erwidern. Vie lieü-tklion kält sick vollständig unparteiisck unci gibt clurck äen Abdruck keineswegs
. . -^z^e llebereinstinirnung rnit clen auf cliese Meise vorgetrsgensn Meinungen zu erkennen. .—

Vas Vermieten von Kunstwerken.

Jin Verlaufe einer Betrachtung „Ueber den
Kunstgenuß in der Malerei", nämlich wie ein solcher
am besten werde zu erreichen sein, nachdem uns in
den Galerien und den großen Kunstausstellungen
unserer Tage durch die große Zahl der Besucher
meistens keine rechte Sammlung ermöglicht, sodann
aber, und das vor allen Dingen, zu viel des Guten
an Kunstwerken geboten werde, welche aus den Be-
schauer einstürmen, so daß auch dieser Umstand die-
jenige innere Ruhe nicht eintreten lasse, wie sie not-
wendig sei, um sich ganz in die Werke der Künstler
Verliesen und sie aus diese Weise wirklich genießen
zu können — im Verlause einer solchen Betrachtung,
welche uns in der in Leipzig erscheinenden Zeitschrift
„Deutsche Kultur" begegnet und in welcher sodann
als zweiter Hauptforderung zum Genuß von Kunst-
werken auseinandergesetzt wird, daß wir vor allen
Dingen auch Zeit dazu brauchen, beschäftigt sich deren
Verfasser, Robert Erdn?ann - Großlichterfelde,
schließlich in besonderer Weise mit einem Wege, auf
welchem uns diese innere Sammlung und Zeit am ehe-
sten zur Verfügung stände. Er weißt darauf hin, daß
die Lösung eigentlich ganz einfach sei, indem man sich
selbst eine Sammlung von guten Bildern anschaffe,
für welche man in seiner Wohnung Zeit und Ruhe
genug finde?: werde. Line solche Anschaffung, wenn
man von den wohlfeilen Nachbildungen absehe, wäre
nun aber für den größte?: Teil des Publikums zu
kostspielig. Jedoch wie könnte vielleicht diesem Um-
stande abgeholsen werden? Der genannte Verfasser
macht zur Beantwortung dieser Frage einen Vorschlag,
von welchem wir glauben, daß wir an ihm nicht
vorübergehen dürfen, da er sa in erster Reihe sich
an die Künstler richtet, und schreibt folgendes:
Um auch weniger bemittelten Personen zu er-
möglichen, Bilder, welche ihr Interesse gewonnen
haben, jedenfalls zeitweise zu besitzen, sollte man ein
Vermieten derselbe?: einführen. Auf allen Aus-
stellungen müßten von den Künstler?: diejenigen ihrer
Werke, welche sie zu verleihen geneigt sind, im Katalog
einen entsprechenden Vermerk erhalten. Durch diese
Einrichtung bekämen unsere Massenausstellungen
wieder einen Sinn, indem sie nicht mehr Stätte?? des
Kunstgenusses vorstelle?? würden, sondern nur das,
was sie ohnehin waren: Kun st Märkte. Wer also
ein Bild zu miete?? geneigt ist, meldet dasselbe, zu-
gleich mit der Mietsdauer im Bureau an. Nach
Schluß der Ausstellung wird ihm dasselbe, falls es

nicht verkauft wurde, zugesandt. Der Mietpreis ließ
sich beispielsweise auf s des Kaufpreises pro Monat
feststellen, doch wäre dies, ebenso wie die Regelung
der Transportkosten, Sache der praktischen Erfahrung.
Sollte der . . . Fall eintreten, daß ein Bild mehrere
Reflektanten hätte, so müßte es der Reihenfolge der
Meldungen nach vermietet werden. Dieser Vorschlag
scheint mir nach keiner Richtung, weder für die
Kunst, noch für diejenigen, welche ihr dienen, eine
Schädigung zu enthalten; die Vorteile werde ich im
folgenden dartun. Für die Künstler läge er, erstlich
von der idealen Seite betrachtet, darin, daß ihre
Werke in bedeutend umfangreicherer Weise als bis-
her das leisteten, was sie sollen, nämlich: schmücken
und erfreuen, und der materielle Nutzen wäre der,
daß eine große Zahl von Bildern, welche sich jetzt
in den Ateliers und auf aussichtslosen Ausstellungen
Herumtreiben, nicht nur keine Unkosten, sondern viel-
mehr einen gewissen Gewinn einbringen würden.
Der Vorteil des Mieters liegt auf der bsand, und
die praktische Seite der Sache ist für ihn einfach
genug. Er braucht nur in seinem Zimmer eine??
Platz sreizuhalten für die zu leihenden Bilder, und
schneller als uns ein „gemietetes Klavier" gebracht
wird, sind die Kunstwerke von gewandter: Spediteuren
an die Plätze befördert. Das wäre, soweit ich sehe,
die praktische Seite dieser Neuerung.
Nu?? könnte man noch einen Einwand machen,
wird nicht das Vermiete?? dem Kaufen hinderlich
sein? Ich glaube, sicherlich nicht; im Gegenteil
geht meine Ueberzeugung dahin, daß uns ein Kunst-
werk, welches während der Mietsdauer das hält,
was es versprach, so lieb werden könnte, daß wir,
wenn unsere Mittel es irgend erlauben, versuchen
werden, dasselbe käuflich zu erwerben.
Andererseits aber, und hier setzt das für die
Kunst Wesentliche meines Vorschlages ein, werden
wir auch oft enttäuscht werden. Das Kunstwerk
wird nicht das halten, was es versprach; wir werden
bei dieser ruhigen und sorgfältigste?? Kunstbetrachtung
viele Stunden des Genusses haben, lernen aber auch
zugleich, die Spreu vom Weizen zu unterscheide??.. .
Dieses Feingefühl und Verständnis, damit also auch
der Genuß, wird sich um so mehr steigern können,
als wir genügend Gelegenheit finden werden, uns mit
Freunden und Bekannten über die sich in unsern
Zimmern befindenden Bilder zu unterhalten. Ueber-
haupt kann ich mir vorstellen, daß der Umstand,
 
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