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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Widmer, Karl: Die internationale Kunstausstellung in Mannheim
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Das Glogauer Kriegerdenkmal / Das Preisausschreiben für die Universttät in Kiel / Der Düssldorfer "Künstlerstreit" / Kunstbericht aus Bielefeld / Breifkasten der Schriftleitung / Aus Akademien und Kunstschulen / Personalien / Auszeichnungen / Stipendien und Stiftungen / Aus Künstler- und Kunst-Vereinen / Aus Galerien und Museen / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0602

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Die Werkstatt der Kunst.

heft ^3.

39^

lebt. Als die höhere Kulturaufgabe der Kunst-
ausstellungen erscheint vielmehr die Repräsentation
des Kunstwerks, so, wie es im organischen Zusammen-
hang mit den übrigen raumgestaltenden und raum-
schmückenden Künsten austritt. Aus all diesen Fort-
schritten galt es in Mannheim die Summe zu ziehen
und damit dem modernen Ausstellungswesen wieder
neue Richtwege zu weisen. Doch liegt eben das
Wesentliche darin, daß es keine eigentliche Wohn-
kunstausstellung werden sollte, wie die Dresdener.
Nicht: der Raum als Kunstwerk, sondern das
Kunstwerk im Raum hieß das Programm.
So wurde auch das Kunstgewerbe herangezogen:
in auserlesenen Stücken, die zugleich als edelster
Schmuck des Raumes wirken. Und so bildet die
Raumkunst selbst den Rahmen sür eine möglichst
vielseitige und reich abgestuste Folge wechselnder
Raumbilder, von dem eigentlichen Bilderraum, dem
das Kunstwerk erst den Inhalt gibt, bis zum selb-
ständigen raumschöpserischen Kunstwerk, wo das
Bild und die Plastik im Ensemble der gesamten
Ausstattung den Höhepunkt und die Konzentration
der künstlerischen Raumstimmung angibt. Unter
diesen treten neben Nepräsentativräumen auch intimer
ausgestattete Zimmer aus. Doch wurde auch hier
immer die Note des Festlichen, einer künstlerischer!
Luxusstimmung sestgehalten. Der eigentliche Nutz-
raum (Eßzimmer, Schlafzimmer und dcrgl.) hätte
nicht in den Nahmen des Ganzen gepaßt. In
diesem Sinne wurde auch einzelnen Künstlern —
Malern und Bildhauern — Gelegenheit gegeben,
sich den Raum sür die Ausstellung ihrer Werke selbst
zu gestalten. Don dem Programm, das dem Kunst-
werk eine beherrschende Rolle im Raum anweist, ist
nur Glbrich abgewichen. Sein „Empfangsraum
einer großen Dame" verzichtet säst ganz auf den
Bilderschmuck.
Wenn in dieser Weise also in der Einheit
des Kunstwerks mit dem Raum ein neuer
schöpferischer Gedanke der Ausstellungskunst ver-
wirklicht werden sollte, so war damit auch für die
Auswahl der Kunstwerke selbst diesmal eine ganz
bestimmt abgegrenzte Basis gegeben. Ludwig Dill,
der künstlerische Leiter der Ausstellung, mußte sich
deshalb auch eine unbedingte Freiheit der Aktion
sichern. Er mußte sich vorbehalten, daß selbst ein-
geladene Kunstwerke wieder zurückgeschickt werden,
wenn sie sich in den künstlerischen Bau des Aus-
stellungswerks nicht einfügen ließen: für solche Aus-
stellungen entscheidet nicht allein die unbedingte
(Qualität der Kunstwerke, sondern auch die bedingte:
ihre charmonie mit dem Ganzen. Daß es nur auf
diese Art möglich ist, künstlerisch geschlossene, auf
die völlige Einheit von Raum und Kunstwerk ge-
stellte Ausstellungen zu schaffen, liegt auf der chand.
Und gerade solche Ausstellungen arbeiten an einer
der wichtigsten Kulturaufgaben unserer Zeit: an der
Schaffung eines künstlerischen Kulturmilieus, wo auf
dein Boden eines geklärten und gehobenen Geschmacks

Raum, Bild, Statue, Möbel und Gerät denselben Geist
einer verwandten künstlerischen Kulturstimmung atmen.
Die Leiter der Mannheimer Stadtverwaltung,
denen die erste Idee der Ausstellung zu verdanken
ist, haben diesen Gedanken in seiner ganzen Be-
deutung erfaßt. Sie haben im vollen Verständnis
dafür einen Mann mit der Organisation betraut,
in dessen Person die Garantie gegeben war, daß
auch die Ausführung den höchsten Ansprüchen
genügen würde. Und sie haben diesem Mann volle
Freiheit und unbeschränkte Macht — so weit es
überhaupt möglich war — in die chände gegeben.
Damit haben sie von sich aus das Wichtigste getan,
was das Gelingen ermöglichte. Die Ausstellung
verdankt ihren künstlerischen Erfolg vor allem der
Tatsache, daß sich eine Persönlichkeit durchsetzen
konnte, die nut der künstlerischen Befähigung auch
die menschlichen Qualitäten — vor allem die goldene
Rücksichtslosigkeit, die nur die gute Sache im Auge
hat, verbindet. Und dem künstlerischen Erfolg ent-
spricht auch der materielle — vor allem die Zahlen,
die von klingendem Erfolg reden. Es sind bis
setzt für ungefähr 250 000 M. Kunstwerke angekauft.
Und was das Entscheidende dabei ist: es ist in der
(Qualität der käuflichen Kunstwerke selbst die
Garantie gegeben, daß solche Summen einmal für
gute Kunst aufgewandt werden und nicht für
Publikumsware, für die sonst das Geld in Masse fließt.
Vas Glogauer Kriegerdenkmal.
(vergleiche Nr. ^2 unter „Erledigte Preisausschreiben".)
Bei der Prüfung des Programms der soeben in
Glogau entschiedenen Kriegerdenkmal-Konkurrenz und des
Berichtes des in Glogau erscheinenden „Niederschlesischen
Anzeigers" über das Ergebnis fällt dem Unbefangenen dabei
einentschieden erWiderspruch zwischen den Programm-
bedingungen und dem Entscheid der Preisrichter auf.
0 In K 3 der Bedingungen wird eine mehr archi-
tektonische Anlage verlangt ohne gänzliche Ausschließung
des plastischen Schmuckes und ein weithin sichtbar von
allen angrenzenden Straßen znrGeltung kommen-
des Denkmal.
Ls bedarf hiernach wohl gar keiner Frage, daß sich
die weitaus größte Mehrzahl der konkurrierenden Künstler
bemüht haben wird, eine möglichst monumentale, hoch-
strebende Wirkung in den eingesandten Entwürfen zu erzielen.
Das Preisgericht aber ging auf einmal nach dem
„Niederschlesischen Anzeiger" davon aus, daß das projektierte
Denkmal sich unbedingt dem Standplätze anzupassen habe
und schloß, da die monumental gedachten Ausarbei-
tungen (die verlangt waren!) dieser nachträglich be-
tonten Forderung nicht zu entsprechen schienen,
von vornherein Werke dieses Genres aus. (!) Und
da nun, fährt der Bericht wörtlich fort, wie schon erwähnt,
diese Art Entwürfe in der Hauptsache vertreten
waren (kein Wunder!), so konnten die Preisrichter über
den Rest (!) alsbald zu einem Urteil kommen.
Die beiden mit den ersten Preisen gekrönten Arbeiten sind
denn auch der Beschreibung nach keineswegs in ihrer Wirkung
in der Hauptsache architektonisch und noch weniger hochragend
und weithin von allen angrenzenden Straßen sichtbar.
Es sind also hier, berichtet die Zeitung nicht etwa
grundfalsch, und das ist wohl kaum anzunehmen, die Künstler,
die sich an das pro gram in gehalten haben, grund-
sätzlich von vornherein ausgeschlossen worden.
 
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