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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Rothe, Friedrich: Das neue Kunstschutzgesetz, [1]
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Erklärung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0474

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H66

Die Werkstatt der Kunst.

Heft

eine Erweiterung erfahren; zweifellos die wichtigste
Verbesserung, die das Gesetz den Künstlern ge-
bracht hat.
Gegenstände des Kunstgewerbes, die eine
original-künstlerische Schöpfung darstellen, genießen
also in Zukunft nicht nur den Musterschutz, falls
ein solcher angemeldet ist, sondern ohne jede An-
meldung den Kunstschutz, dessen Dauer bekanntlich
diejenige des Musterschutzes weit übersteigt. Dies
kann freilich in der Praxis zu manchen Schwierig-
keiten führen, da die Frage, ob ein kunstgewerblicher
Gegenstand den Kunstschutz genießt, oft zweifelhaft
sein wird und die Industrie in vielen Fällen die
Nachbildung nach Ablauf des Musterschutzes für zu-
lässig erachten wird, während tatsächlich noch der
Kunstschutz besteht.
Bauwerke genießen den Urheberschutz nur,
„soweit sie künstlerische Zwecke verfolgen". Gleich-
gültig ist hierbei einerseits die wirtschaftliche Be-
stimmung des Gebäudes und andererseits der
künstlerische wert des Geschaffenen, vielmehr kommt
es lediglich darauf an, ob der Urheber neben dem
wirtschaftlichen auch einen künstlerischen Zweck bei
der Errichtung des Gebäudes verfolgte. So kann
z. B. ein Stall sehr wohl den Kunstschutz genießen,
während viele Wohnhäuser, die keinen künstlerischen
Gedanken vermitteln, dieses Schutzes entbehren.
Durch das Wort „soweit" gibt der Gesetzgeber zu
erkennen, daß auch die Teile eines Bauwerkes ge-
schützt werden und daß ein Teil, z. B. ein Erker,
ein Turm schutzfähig sein kann, während dem Rest
des Gebäudes die Schutzfähigkeit abgesprochen
werden muß.
Nachdem das Gesetz weiter einzelne Fälle des
Urheberrechts, wie die Herausgabe eines Werkes
durch eine juristische Person, die eines Sammel-
werkes, die Verbindung von Werken der Kunst
und Photographie geregelt hat, folgt die Bestimmung,
daß bei einer Mitarbeiterschaft mehrerer,
deren Arbeiten sich nicht trennen lassen, eine ur-
heberrechtliche Gemeinschaft nach Bruchteilen im
Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsteht. Es
stehen hiernach den Teilhabern an dieser Gemein-
schaft im Zweifel gleiche Anteile zu. Die Verwaltung
ist eine gemeinschaftliche und ebenso wie die Be-
nutzung durch Mehrheitsbeschluß zu regeln. Ueber
den ganzen Gegenstand können nur alle Teilhaber
gemeinschaftlich verfügen, während die Verfügung
über den einzelnen Anteil dem einzelnen Teilhaber
zusteht, ohne daß die anderen Teilhaber ein Ver-
kaufsrecht hätten. Jeder Teilhaber hat ein unver-
jährbares Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft
zu fordern. Die Aufhebung erfolgt, da eine Natural-
teilung in der Regel ausgeschlossen sein wird, mangels
einer Einigung der Teilhaber durch die Versteigerung
des Rechts und Teilung des Erlöses.
Ls folgt sodann in H 9 ^e gesetzliche Ver-
mutung, daß derjenige Urheber eines Werkes sei,
dessen Namen auf dem Werke angegeben oder durch

kenntliche Zeichen ausgedrückt ist. Diese Bestimmung
hat erhebliche praktische Bedeutung, da bekanntlich
der Nachweis für das Bestehen eines Rechts in
Prozessen häufig recht schwer zu führen ist. Nach
den allgemeinen Nechtsgrundsätzen müßte der Künstler,
der sein Urheberrecht gerichtlich geltend macht, den
Nachweis führen, daß er auch wirklich der Urheber
des in Anspruch genommenen Werkes sei, wenn der
Gegner dies bestreitet. Durch die gesetzliche Ver-
mutung wird nun, wie der Jurist sagt, die Beweis-
last umgekehrt, und der Künstler, dessen Namen oder
Kennzeichen sich auf einem Werk befindet, ist in der
angenehmen Lage, daß ihm nachgewiesen werden
muß, er sei nicht oder nicht allein Urheber des Werkes.
Das Gesetz legt dem Namen und Kenn-
zeichen des Künstlers überhaupt eine große Be-
deutung bei. Ls wird bekannt sein, daß wir seit
Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches einen
Schutz gegen den Mißbrauch des Namens haben.
Hierüber weit hinausgehend schützt unser Gesetz den
Namen des Künstlers, indem es bestimmt, daß der
Name des Urhebers auf einen: Werke nur von
diesem oder mit seiner Einwilligung angebracht
werden dürfe und die Zuwiderhandlung unter
Strafe stellt. Da nicht einmal der Rechtsnachfolger
des Künstlers die Genehmigung erteilen darf, so ist
nach dem Tode des letzteren das Signieren seines
Werkes stets unzulässig und strafbar. Die Be-
stimmung ist getroffen, um Fälschungen vorzubeugen,
und weil ja der Künstler triftige Gründe gehabt
haben kann, wenn er sein Bild nicht zeichnete. Dem
gleichen Zweck, Fälschungen nach Möglichkeit vorzu-
beugen, dient das gleichfalls unter Strafe gestellte
Verbot, den Namen oder eine sonstige Bezeichnung
des Urhebers des Werkes auf einer Vervielfältigung
in einer weise anzubringen, die zu Verwechselungen
Anlaß geben kann.
Auch im übrigen ist das Bestreben, das Recht
des Künstlers an seinem Werke gegen jede Beein-
trächtigung zu schützen, scharf ausgeprägt. So ist
es im Falle der Uebertragung des Urheberrechts dem
Erwerber verboten, an den: Werke selbst, an seiner
Bezeichnung oder an der des Urhebers Aenderungen
vorzunehmen, es sei denn, daß der Berechtigte die
Einwilligung zu diesen Aenderungen nach Treu
und Glauben nicht versagen könnte. Inwieweit
Aenderungen hiernach zulässig sind, wird sich nach
der Verkehrssitte, insbesondere nach den in Künstler-
und Rcproduzentenkreisen herrschenden Ansichten
richten. Als zweifellos unzulässig werden in der Regel
Weglassung der Jahreszahl, Aenderungen im Titel
des Werkes, Weglassen des Wohnortes des Künstlers,
Teilung eines Bildes in mehrere Bilder angeführt.
Erklärung.
In meiner Denkschrift vom April habe
ich heftige Anklagen gegen die Geschäftsgebarung
des Ausschusses des „Künstlerbundes für Tirol
 
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