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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Inhalt / Arbeitskalender / Geplante Ausstellung / Eröffnete Ausstellung / Laufende Preisausschreiben / Ein Münchner Preisausschreiben
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Der Künstler als Kunsthändler
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Ein Preisausschreiben / Die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens / Staatsaufträge / Aus Akademien und Kunstschulen / Personalien / Auszeichnungen / Todesfälle / Stipendien und Stiftungen / Aus Künstler- und Kunst-Vereinen / Vermischtes / Werbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0238

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möchten wir die Künstler heute mit einem Unter-
nehmen näher bekannt machen, welches die dort
entwickelten Ideen zum guten Teil bereits verwirk-
licht hat. Im Dezember war es ein Jahr, daß
sich unter der Firma „Elsässisches Kunsthaus"
in Straßburg eine Gesellschaft mit beschränkter
Haftung bildete, welche es sich zum Ziele setzte, „an
der ästhetischen Entwickelung des Landes wirksam
mitzuarbeiten und sie praktisch zu fördern". Zur
Erreichung dieses Zieles handelte es sich in erster
Linie darum, geeignete Ausstellungs- und Verkaufs-
räume zu schaffen. Diese wurden durch entsprechen-
den Umbau der Erdgeschoßräume des Hauses Brand-
gasse 6 hergerichtet. Als Mitglieder der Gesellschaft
fanden sich eine Anzahl Künstler, Kunstliebhaber und
Industrielle zusammen, das Stammkapital beträgt
20 000 Mark. Da cs sich bei dem Elsässischen
Kunsthaus nicht um eine Erwerbsgesellschaft handelt,
so haben wir hier in der Tat eine Kunsthand-
lung, welche, von Künstlern ins Leben ge-
rufen, von Künstlern geleitet wird. Die Ge-
sellschafter erhalten die eingelegten Kapitalien mit
verzinst; im übrigen werden, nach Deckung der
Geschäftskosten, etwaige Ueberschüsse zu weiterem
Ausbau des Unternehmens verwendet. Die Ein-
nahmen ergeben sich aus den Verkaufsprovisionen
in der Höhe von 2OO/o- Dadurch aber, daß die
Ueberschüsse nicht einem beliebigen Kapitalgewinn
zugute kommen, sondern wiederum der Förderung
der Kunstbestrebungen im Reichslande dienen, hat
sich das „Kunsthaus" schon im ersten Jahre seines
Bestehens als ein' lebensfähiges, auf genossen-
schaftlicher Grundlage beruhendes Unternehmen
erwiesen. Schon setzt ist es geworden, was es sich
bei der Gründung vorsetzte, „ein Sammelpunkt für
Kunst- und Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen". Der
Aufsichtsrat, von dessen Mitgliedern wenigstens zwei
dem Verbände Straßburger Künstler entnommen sein
müssen, erhält, außer dem Ersatz der bareu Aus-
lagen, keine Vergütung. Desgleichen versehen die
Geschäftsführer (G. Stoskopf und Th. Knorr) ihre
Verrichtung ehrenamtlich.
So haben also in Straßburg die Künstler, wie
dies in dem Aufsatze des Heftes gefordert wird,
sich zusammengeschlossen und für ein entsprechendes
Ausstellungs- und verkaufslokal gesorgt. Dabei ist,
was besonders hervorgehoben zu werden verdient,
kein Unterschied zwischen „freier" und angewandter
Kunst. Denn für eine gesunde geschäftliche Ent-
wickelung ist die Vereinigung von Kunst und Kunst-
gewerbe zur Erzielung eines höheren Umsatzes ebenso
geboten, wie in ästhetischer Hinsicht der geschlosseneren
Gesamtwirkung wegen. Alle Gegenstände sind mit
den Preisen versehen, so daß das Publikum bei
freiem Eintritt unbehelligt kommen und gehen kann.
Der von Monat zu Monat wachsende Besuch des
„Elsässischen Kunsthauses" beweist) daß das Publi-
kum für diese Art einer Kunsthandlung dankbar ist.
Man braucht kein wohlhabender Kunstliebhaber zu

Heft s7.
sein, nm im Kunsthaus kaufen zu können. Es
handelt sich durchaus nicht nur um größere Objekte;
auch wer nichts weiter als ein anspruchsloses, kleines
Stück Keramik um zwei Mark kaufen will, kann
dies finden. Km das Publikum an regelmäßigen
Besuch des Kunsthauses zu gewöhnen, werden monat-
lich wechselnde Kunstausstellungen veranstaltet, während
die Bestände an kunstgewerblichen Objekten natur-
gemäß stabiler sind, aber durch den fortwährenden
Verkauf und die sich daraus ergebende Nachlieferung
sich rasch genug erneuern, um den Besuchern stets
neues vor Augen zu stellen. Die geschickt aus-
gedachte Organisation, welche in der Hauptsache
auf G. Stoskopf zurückgeht, hat bereits die Er-
fahrung gezeitigt, daß das Unternehmen auf einer
durchaus gesunden Grundlage beruht, auf welcher
man noch segensreich weiterbauen kann.
Außer der bedeutenden Förderung, welche die
reichsländische Kunst durch die vom Kunsthaus ge-
botene Ausstellungsgelegenheit erfährt, hat die künst-
lerische Produktion als solche vom Kunsthaus schon
nützliche Anregungen erfahren. Und zwar dadurch,
daß das Kunsthaus auf seine Koster: und seine Ge-
fahr Werke der Kleinplastik in Terrakotta, Steinzeug
und Majolika aussühren ließ, wenn es sich um
Arbeiten handelte, deren Verkäuflichkeit von der
Ausführung irr solchem Material abhing und der
Künstler nicht in der Lage war, das Risiko dieser
Ausführung auf sich zu nehmen. Auch hierin ist eine
Idee verwirklicht, welche die Anregungen Dr. Zeit-
lins als erstrebenswert, aber noch in weiter Ferne
liegend schilderten.
Das Unternehmen des „Elsässischen Kunsthauses"
trägt einer:, wenn man will: landschaftlich ge-
schlossenen Lharakter, sofern feine Bestrebungen die
Förderung von Kunst und Kunstgewerbe in Elsaß-
Lothringer: zum Ziele haben. Es liegt auf der Hand,
daß ein vergleichsweise kleiner Verband, wie der
Straßburger, seiner: Wirkungskreis nicht allzusehr
ausdehnen darf. Zur Ausstellung zugelassen werden
nur Werke von Künstlern, welche im Reichsland
geboren oder ansässig sind. Die für die Kunstaus-
stellungei: bestimmten Werke unterliegen einer Prüfung
durch der: Vorstand des Verbandes Straßburger Künstler,
eine Maßnahme, durch welche man das Hereinströmen
der Dilcttantenarbeit vermeidet. Es ist kaum daran
zu zweifeln, daß die Organisation des „Kunsthauses"
ir: Straßburg für ähnliche Gründungen vorbildlich
werden oder zum mindesten brauchbare Anregungen
dazu bieten wird.H
6m Preisausschreiben
zur Erlangung von Entwürfen zu einen: künst-
lerischen Katalogumschlag erläßt die Kunst-An-
h Mir wollen hinsichtlich der Bestrebungen auf diesem
Gebiete es nicht unterlassen, auf die große Ausstellungs-
und Verkanfshalle des Bayerischen Kunstgewerbe-
vereins in München hinzuweisen, auf deren Einrichtung
wir noch zurückzukommen hoffen. Die Echriftleitung.

Die Werkstatt der Kunst.
 
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