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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Müller, Richard; Petersen, Hans von; Schlichting, Max: Die Kunst auf der Weltausstellung in St. Louis
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0110

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^02 — Die Werkstatt der Kunst. Peft 8.

sen-München, Waler Max Schlichting-Berlin. Sie
erfuhren bei ihrer Ankunft in St. Louis, am s. Sep-
tember daß sowohl England als Frankreich
ihre Kunstabteilungen außer Wettbewerb gestellt hät-
ten. Die Gründe dieses in Amerika etwas auffallen-
den Schrittes sind hier nicht zu erörtern. Die Tat-
sache war jedenfalls für die übrigen Nationen nicht
ungünstig, wenn man bedenkt, daß in Amerika alles
Amerikanische besonders geschätzt wird, also auch die
in Amerika verliehenen Medaillen. Die Verhand-
lungen wurden in mehreren Sprachen geführt. Die
Jury beschloß: s. Nicht jedem Lande eine bestimmte
Anzahl von Medaillen zuzuteilen, sondern nur nach
der Güte der Arbeiten zu entscheiden. 2. Reinem
Lande mehr als einen Oranä ?rix in der Gruppe
„Malerei" zu verleihen, um die Bedeutung dieser Me-
daille, als der höchsten Auszeichnung, hervorzuheben.
Am Vormittage fand nur die Besichtigung statt,
und zwar in drei Nundgängen. Beim ersten Rund-
gange wurden nur die Vorschläge für die Goldenen,
beim zweiten für die Silbernen, beim dritten für die
Bronzenen Medaillen gemacht. An den Vorschlägen
beteiligten sich neben den Vertretern des betreffen-
den Landes auch lebhaft die anderen Mitglieder der
Jury. Jeder Vorschlag, der durch zehn Stimmen
mittels bsandaufheben unterstützt war, wurde zur end-
gültigen Abstimmung am Nachmittage zugelassen.
Am Nachmittage wurde also nur abgestimmt, und
zwar nicht vor den Bildern, sondern in einem noch
dazu wenig komfortabel eingerichteten Raume der
Ausstellung. Die Abstimmung war geheim, In dieser
weise arbeitete die Jury vom s.— s6. September
von sO—s2 Uhr vormittags und 2—6 Uhr nach-
mittags täglich, zumeist bei einer geradezu tropischen
chitze. Daß bei einer internationalen Jury die
Bewertung der einzelnen Künstler oft anders aus-
fällt als in deren Vaterland, ist zu verstehen, bser-
vorstechend war aber das Bestreben der Amerikaner,
in keiner Weise die Reputation des betreffenden
Künstlers als maßgebend zu betrachten. Es wurde
einzig und allein das hier vorhandene Werk juriert,
und dieses an und für sich sehr gerechte Prinzip
von den Amerikanern auch in ihrer eigenen Sek-
tion auf das strengste durchgeführt.
In der Sektion Malerei sind insgesamt 7^ Aus-
zeichnungen an deutsche Künstler verliehen worden,
und zwar: s Großer Preis (A. v. Menzel), s be-
sondere Erinnerungsmedaille (F. A. v. Kaulbach),
s2 Goldene, 2^ Silberne und 36 Bronzene Medaillen,
die sich auf Berlin, Dresden, Frankfurt a. M., Düssel-
dorf, Kassel, Karlsruhe, Leipzig, München und
Worpswede verteilen.
Die deutschen Bundesstaaten sind mit ihren be-
deutendsten Kunstzentren, die verschiedenen Richtungen
der Malerei durch ihre hervorragendsten Vertreter
beteiligt. Unter den zwölf durch Goldene Medaillen
ausgezeichneten Künstlern, die hier aufgeführt seien:
K. Bantzer-Dresden, bsans v. Bartels-München, Frz.
v. Defregger-München, Wilhelm v. Diez-München,

Alois Erdtelt-München, chans cherrmann-Berlin,
Alexander Köster-Karlsruhe, G. Kühl-Dresden, L. v.
Löfftz-München, Wilhelm Schreuer-Düsseldorf, chugo
Vogel-Berlin, Anton v. Werner-Berlin, befinden sich
auch zwei Vorstandsmitglieder des Deutschen Künstler-
bundes: Kühl und Bantzer. Abgesehen von den
verstorbenen Künstlern Lenbach und Leibl, konnten
auch hervorragende Arbeiten lebender Künstler, wie
Knaus, Kampf, Janssen, Schönleber, Bracht u. s. w.,
nach den Bestimmungen nicht ausgezeichnet werden,
weil die Werke älter als elf Jahre waren. Schon
die bisher genannten Namen zeigen, daß unsere Aus-
stellung eine würdige Vertretung der deutschen Ma-
lerei ergab. Alle Kunstzentren waren entsprechend
ihrer Bedeutung, München vielleicht relativ am besten
vertreten. Die Ausstellung bot einen interessanten
Ueberblick über die Malerei der verschiedenen Län-
der, der dadurch noch an Eigenart gewann, daß die
amerikanische Kunst hier stärker vertreten war, wie
jemals auf dem Kontinente, wenn auch sämtliche
Staaten bedeutende Anstrengungen gemacht hatten,
so hat man doch in Deutschland schon bessere Ver-
tretungen deutscher Kunst, in Frankreich weit hervor-
ragendere Vertretungen französischer Kunst u. s. w.
gesehen. Die Ausstellungen fast aller Völker waren
nicht so gut, wie die besten ihres Landes.
Die von den Künstlern selbst eingelieferten Werke
zeigten vielfach, daß bei der Auswahl für Amerika
die verkaufschanoe des Werkes ein bestimmender
Faktor war. Selbst ganz radikale Maler präsentierten
sich dort in ihren Bildern von einer überraschend
liebenswürdigen Seite. Das cherüberschicken von
Museums bildern, das wegen des Fernbleibens
eines Teiles der deutschen Künstlerschaft in größerem
Maße geschah, hat sich aus diesen Gründen als sehr-
günstig erwiesen.
Von den Ausstellungen anderer Länder erweckte
besonders die schwedische ein großes und berech-
tigtes Interesse, einerseits schon durch Kollektivaus-
stellungen zweier Künstler von internationalem Rufe,
anderseits aber auch durch die nach neuem suchende,
ehrliche, realistische und doch stimmungsvolle Malerei,
die äußerst sorgfältige Auswahl der Bilder und die
gute Anordnung. Die französische Abteilung brachte
einen Ueberblick über die verschiedenartigsten Rich-
tungen, deren Werke, untereinander nur nach dem
Gesetze des Geschmacks angeordnet, von neuem wieder
das gute Niveau des Durchschnitts der französischen
Künstler erkennen ließ. Die Fähigkeit, sicher und rich-
tig zu zeichnen, die sorgfältige Beobachtung der Ton-
werte, ein natürlicher Geschmack und die Achtung
vor der Tradition hüten die französischen Künstler
vor Roheiten und geben den Werken, selbst der extra-
vagantesten Modernen, den Stempel künstlerischer
Ausgeglichenheit und Reife. Beachtenswert ist ferner
neben der verhältnismäßig großen Zahl von Dar-
stellungen des Nackten die Tatsache, daß die meisten
französischen Künstler Landschaft und Figur in gleichem
Maße beherrschen und auch schildern. Die vielen,
 
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