Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

DOI article:
Bemerkungen der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft zu dem Entwurf eines Gesetzes, betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, [1]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0138

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
f30 Die Werkstatt der Kunst. Heft fO.

Anstatt „Kunstgewerbe" dürfte es praktischer und geschmack-
voller sein, den allgemein bekannten Ausdruck „angewandte
Kunst" zu wählen: Der A 2, Absatz, würde dann folgende
Fassung erhalten: Die Erzeugnisse der angewandten Kunst
und der Baukunst gehören zu den Werken der bildenden
Künste.
Zum tz HO.
Der neu hinzugefügte 3. Absatz des tz HO ent-
spricht an sich einem Wunsche der Künstler. Die
Künstlerschaft hat indes Bedenken gegen die Auf-
nahme des Satzes, „soweit nicht ein anderes verein-
bart ist". Uebertragung des Urheberrechts und Ueber-
tragung des Eigentums stehen an sich in gar keinem
Zusammenhänge. Dies wollten die Künstler, mit
Rücksicht auf mancherlei Unklarheiten, mit möglichster
Schärfe im Gesetz ausgesprochen wissen. Dadurch,
daß auf die Möglichkeit einer von der gesetzlichen
Regelung abweichenden Vereinbarung besonders hin-
gewiesen wird, wird dies Bestreben vereitelt. Die
Bestimmung, welche an sich überflüssig ist, kann in-
sofern schädlich wirken, als sie die Verschiedenheit
von Uebertragung des Eigentums und des Urheber-
rechts verwischt und dazu verleitet eine Verein-
barung, auch da anzunehmen, wo sie nicht vorliegt.
Am besten würde dies Bedenken beseitigt, wenn
die Ueberlassung des Eigentums nur bei einer aus-
drücklichen Vereinbarung auch den Uebergang der
Urheberrechte zur Folge hätte. Der Wunsch der
Künstler geht deshalb dahin, entweder den Re-
lativsatz ganz fortzulassen oder in ihn das
Wort „ausdrücklich" einzuschalten.
Zu Z H5.
Der tz H5 in seiner fetzigen Fassung vereinigt
die früheren Zß und H5. Zn der Kommission
war der Antrag gestellt worden, an den Eingang
des Z die Definition des Urheberbegriffs dahin
zu stellen: „Urheber eines Werkes ist derjenige,
welcher es gestaltet hat". Zn der Beratung
wurde die Weglassung dieser Definition damit be-
gründet, daß die Definition unnötig und unrichtig
sei und daß auch seitens der Künstler Widerspruch
gegen ihre Annahme erhoben worden sei. Von einem
solchen Widerspruch ist der Allgemeinen Deutschen
Kunstgenossenschaft, welche die bei weitem größte
Vertretung der deutschen Künstlerschaft ist, nichts be-
kannt; vielmehr haben sich die zur vertraulichen
Beratung zugezogenen Künstler gerade für die Auf-
nahme der Definition ausgesprochen. Ebensowenig
kann zugegeben werden, daß sie unnötig und un-
richtig sei. Der deutsche Richter ist in Fragen des
Urheberrechts größtenteils nicht bewandert, so daß
es nur nützlich sein kann, wenn ihm eine gesetzliche
Definition von vornherein Klarheit über den Be-
griff des Urhebers verschafft. Eine gesetzliche Fest-
legung des Urheberbegriffs erscheint aber gerade
fetzt um so nötiger, als bedauerliche Versuche ge-
macht werden, diesen Begriff zu verschieben. Es
sei daran erinnert, daß die Berliner Firma für Bau-
ausführungen: Boswau öc Knauer, deren Znhaber

kein Architekt ist, bei dem Bau des von Sehring
entworfenen Düsseldorfer Stadttheaters nicht diesen,
sondern sich selbst als Urheber bezeichnet, und daß
sie dasselbe Verfahren beim Bau des Neuen Schau-
spielhauses in Berlin eingeschlagen hat. Es kann
nun nach Ansicht der Künstler keinem Zweifel unter-
liegen, daß hier nicht die bauausführende Firma,
sondern der Architekt, der das Werk der Baukunst
gestaltet und diese Gestaltung in seinen Zeichnungen
niedergelegt hat, sein Urheber ist, und es kann nur
vorteilhaft sein, wenn etwaige Zweifel hierüber
durch eine gesetzliche Definition des Urheberbegriffs
nach Möglichkeit ausgeschaltet würden.
Unrichtig könnte die Definition allerdings für
den Urheberbegriff des Photographen sein, soweit
man hier überhaupt von einem Urheber sprechen
kann. Zm photographischen Atelier, in welchem
neben dem Znhaber eine Anzahl von Gehilfen zu
arbeiten pflegen, hat der Znhaber häufig mit der
Aufnahme nicht das geringste zu tun, da die in den
meisten Fällen völlig mechanische Tätigkeit von einem
beliebigen Gehilfen, in seiner Abwesenheit, vorge-
nommen werden kann und vorgenommen wird, wäh-
rend als Urheber der Znhaber des Ateliers ange-
sehen werden soll und angesehen wird. Es zeigt
sich hier deutlich, wie schädlich die Verquickung von
Kunstschutz und Photographieschutz ist. Würde die
Photographie in einem besonderen Gesetz behandelt,
so würde sie die Gestaltung des künstlerischen Urheber-
rechts nicht behindern und letzteres könnte einen
Ausbau erhalten, der dem Znteresse der Kunst und
dem der Künstler nur förderlich sein würde.
Daß der künstlerische Urheberbegriff nicht auf
die Werke der Photographie paßt, ergibt weiter der
2. Absatz des H (5 des Entwurfs. Zutreffend wer-
den auf Seite 6 des Berichts der X. Kommission
die vier Fälle der Nachbildung erörtert und hierbei
hervorgehoben, daß im Fall 2 (Nachbildung eines
Werkes der Photographie durch ein ebensolches) und
im Fall 3 (Nachbildung eines Werkes der bildenden
Kunst durch ein Werk der Photographie) niemals
ein neues, selbständiges Urheberrecht entstehen könne.
Nichts steht wohl mehr im Gegensätze zu der das
Wesen des Urheberbegriffs bildenden, selbständigen
geistigen Schöpfung als die völlig mechanische Photo-
graphie einer Photographie. Der Urheberbegriff
setzt voraus, daß etwas Neues, Selbstständiges ent-
stehe. Gerade hieran fehlt es aber in diesen Fällen.
Wird der photograhie eines Kunstwerks ein selbst-
ständiges Urheberrecht zugesprochen, so ergibt sich
auch der sehr bedenkliche Rechtszustand, daß der
Photograph ein selbständiges Urheberrecht auch den
Künstlern gegenüber besitzt. Zu welchen Unzuträg-
lichkeiten das führen kann, ergibt die Erwägung,
daß bei Vernichtung eines hervorragenden Kunst-
werkes, von dem eine Photographie existiert, der
Künstler an der Photographie, die er fa nicht immer
bestellt hat, der vielleicht einzigen Nachbildung seines
untergegangenen Werkes keinerlei Urheberrecht hat,
 
Annotationen