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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Bermerkungen der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft zu dem Entwurf eines Gesetzes, betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0154

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Die Werkstatt der Kunst. Heft ss.

Kunst dienen? Und soll der Künstler stets das Risiko
tragen, daß der Abgebildete, der keinerlei Interesse
an der Nichtveröffentlichung hat, aus einer Schikane
die Veröffentlichung untersagt und der Richter viel-
leicht kein höheres Interesse der Kunst als vorliegend
erachtet? In vielen Fällen aber wird auch tatsäch-
lich die Veröffentlichung keinem höheren Interesse
der Kunst dienen, und es doch eine schwere Schädi-
gung des Künstlers bedeuten, wenn der Abgebildete
aus einer Schikane der Veröffentlichung widersprechen
kann. So wird man z. B. nicht sagen können, daß
die Illustrationen eines illustrierten Werkes, etwa
einer Reisebeschreibung, gerade dem höheren Inter-
esse der Kunst dienen. Wenn nun unter den Abbil-
dungen sich irgend eine Bildnisskizze befindet, welche
ohne Zustimmung des Abgebildeten ausgenommen ist,
so kann der Abgebildete aus einer Schikane gegen
den Verleger oder Künstler, vielleicht auf Betreiben
eines Konkurrenten, die Beseitigung des Bildes und
damit vielleicht die Vernichtung des ganzen Werkes
fordern. Auch eine (Quelle von Erpressungen kann
dis harmlose Veröffentlichung eines Bildnisses hier-
durch werden, zumal die vorsätzliche uubefugte Ver-
breitung eines Bildnisses in ß 32 unter Strafe ge-
stellt ist.
Es kann nicht zweifelhaft fein, daß für die
Stellungnahme der Regierung Gründe maßgebend
gewesen sind, welche auf dem Gebiete der Photo-
graphie liegen, und daß also auch hier wieder
die unnatürliche Verkuppelung von Kunst und
Photographie verhängnisvoll für die Kunst
geworden ist. Soweit letztere in Frage kommt, haben
sich unter dem bisherigen Nechtszustande keinerlei
Mißstände ergeben. Alle Beispiele über unbefugte
Eingriffe in das Recht am eigenen Bilde, sind aus
dem Gebiete der Photographie herbeigeholt und alle
Befürchtungen, welche laut geworden sind, betreffen
nur Mißbräuche, welche von den Photographen aus-
gehen können. Kann man sich entschließen, Kunst
und Photographie wieder in getrennten Gesetzen zu
behandeln, so wird man sich auch unschwer ent-
schließen können, auf dem Gebiete der Kunst das
„eigene Bild" nur gegen Mißbrauch zu schützen.
Unser Vorschlag geht deshalb dahin: den AH 22 und
22 a als ß 22 folgende Fassung zu geben:
„Verboten ist fede Verbreitung oder
öffentliche Schaustellung eines Bildnisses,
durch welche ein berechtigtes Interesse des
Abgebildeten oder, falls dieser verstorben
ist, seiner Angehörigen verletzt wird."
Zu tz 3H
Sehr bedenklich ist, daß die fahrlässige
Verletzung des Urheberrechts im ß 3s nicht
mehr unter Strafe gestellt ist. Jeder praktische
Jurist weiß, wie ungemein schwer gerade auf dem
Gebiete des Urheberrechts der Nachweis des Vor-
satzes, d. h. des bewußten rechtswidrigen handelns
ist. In den meisten Fällen wird sich der Täter hinter

die Ausrede zurückziehen können, daß ihm die Ur-
heberrechtsverhältnisse des betreffenden Kunstwerkes
nicht bekannt gewesen seien, und daß er nicht ge-
wußt habe, daß er durch seine Handlung ein Ur-
heberrecht verletzte. Linen gewissen Schutz hiergegen
scheint fa die vom Reichsgericht vertretene Ansicht
zu gewähren, daß auch der sogen, äolus eventualis
die Strafbarkeit begründe. Es darf aber nicht außer
acht gelassen werden, daß diese Nechtsansicht von
vielen Seiten bekämpft wird und daß sehr wohl das
Reichsgericht sie eines Tages aufheben kann, wenn
in der Kommissionsberatung gegen die Strafbarkeit
der fahrlässigen Rechtsverletzung ins Feld geführt
wurde, daß damit eine allgemeine Erkundigungs-
pflicht für die Verletzung eingeführt würde, so ist
dieser Befürchtung dort schon begegnet worden. Wenn
eine unverdächtige Persönlichkeit einem Verleger den
Auftrag erteilt, ein Werk der bildenden Kunst zu
vervielfältigen, so liegt ihm keinerlei Verpflichtung
ob, die Berechtigung des Auftraggebers nachzuprüfen.
„Nur wenn besonders geartete Umstände vorliegen,
die in dem Nachbildner bei Anwendung der in: Ver-
kehr erforderlichen Gewissenhaftigkeit und Redlich-
keit .Zweifel an der Statthaftigkeit der
Nachbildung erwecken müßten," (Kommissionsbericht)
besteht eine Erkundigungspflicht. Verstößt der Nach-
bildner hiergegen, so handelt er jedenfalls fahrlässig,
vielleicht bei Anwendung des äolus evenwalis auch
vorsätzlich. Es besteht deshalb kein Grund, nur die
schwer zu beweisende vorsätzliche, und nicht auch die
fahrlässige Rechtsverletzung unter Strafe zu stellen.
Die Künstler sind sich bewußt, daß sie auch selbst
dieser verschärften Strafbarkeit unterliegen.
Zu Z 33.
Es erscheint notwendig und angebracht, auch
den Verstoß gegen ß (2 unter Strafe zu stellen. Zivil-
rechtlich werden derartige Verstöße kaum zu verfolgen
sein. Um so mehr erscheint es geboten, sie mit Strafe
zu belegen, da der ß s2 sonst nur eine Dekla-
ration ohne jeden praktischen Wert wäre.
Zu Z H6.
Es wird gebeten, entsprechend dem in der Kom-
mission gestellten Anträge an Stelle des Absatz 2
folgende Bestimmung zu setzen:
Die Verjährung beginnt mit dem Tage, mit welchem
der Berechtigte von der Vervielfältigung und der Person des
Täters Kenntnis gehabt hat. Ist die Vervielfältigung zum
Zwecke der Verbreitung bewirkt, so beginnt die Verjäbrung
erst mit dem Tage, seit welchem der Berechtigte von der Ver-
breitung Kenntnis gehabt hat. Eine Rechtsverfolgung ist
ausgeschlossen, wenn seit dem Tage, an welchem die Verviel-
fältigung vollendet ist, oder die Verbreitung stattgefunden hat,
fünfzehn Jahre verflossen sind.
In vielen Fällen wird der Verletzte erst nach
Jahren durch Zufall Kenntnis von der Rechtsver-
letzung erhalten. Zum Beispiel wird mit den Illu-
strationen ein großer Mißbrauch derart getrieben,
daß die Klischees unberechtigt verkauft werden, und
die Abbildungen dann in kleinen provinzialblättern
 
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