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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Moderne Kunstauktionen
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Schadenersatz bei Wettbewerben
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0363

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Heft 26.

Die Werkstatt der Kunst.

355

Minister in einer Verfügung von: 7. September (90H an
den Regierungspräsidenten zu Köln dahin, daß der von
Baldauf angegebene Grund zu den von ihm veranstalteten
Versteigerungen, er müsse seine Warenbestände auffrischen,
als ausreichender Grund zu einer Versteigerung nicht an-
erkannt werden könne. Nun änderte Baldauf seine Methode.
Er gab seinen Gläubigern notariell beglaubigte, sofort voll-
streckbare Schuldtitel und veranlaßte sie, den Schuldtitel
vollstrecken, seine Bildervorräte pfänden und zwangsweise
versteigern zu lassen. Als Lockspeisen hatte er gute Ge-
mälde, welche er aber in Kommission übernommen hatte
und deshalb nicht pfändbar waren. Bei den Zwangsver-
steigerungen befanden er und seine Frau sich unter dem
Publikum, boten mit und kauften Bilder, welche sie dem
Gerichtsvollzieher bezahlten und dann an die Seite stellen
ließen. Baldauf soll seine Geschäftsfreunde förmlich darum
ersucht haben, Zwangsversteigerungen bei ihm vornehmen
zu lassen, lvenn das sich nicht machen ließ, beauftragte
seine mit Baldauf in Gütertrennung lebende Frau, welche
vollstreckbare Schuldtitel über (5 000 und (8 000 Mk. von
ihm in Sünden hat, den Gerichtsvollzieher, die Bildervor-
räte zu pfänden und zu versteigern. Auch ein hiesiger
Rentner, der eine notarielle Forderung über 8000 Mk. hatte,
ließ gegen Baldauf vollstrecken. Zn beiden Fällen sollte es
sich um fingierte Forderungen handeln, um in Höhe der
Summen die Zwangsvollstreckung betreiben und auf diese
Weise seine Bilder mit Nutzen veräußern zu können. Nach
der Angabe eines Gutachters befolgt nämlich Baldauf ein
System des Handels, das namentlich in den Großstädten
von Kunsthandlungen niederen Grades betrieben wird,
welche durch Ankündigungen öffentlicher Versteigerungen
Käufer für ihre Gemälde geringeren Wertes oder Kopien
anzulocken versuchen, da sie bei Versteigerungen, in denen
sie die Preise künstlich hoch zu treiben verstehen, günstigere
Resultate zu erzielen wissen, als bei einem verkauf aus
der Hand. Daß diese Ansicht richtig ist, ergibt sich aus
einem Brief des Angeklagten vom 7. August (90H, den
dieser an den Kunsthändler Windhagen in München
schrieb. Es heißt darin: „Anfang September be-
ginne mit Auktion, kannst mir dazu eine Partie ,Ramsch'
schicken, so im Preise (0 bis (2 Mark pro Stück mit
Rahmen. Du weißt ja, was in Auktionen geboten wird,
da geht's nur Geld um Geld. Oktober komme nach
München und hoffe dann so (0 000 Mark in der Tasche
zu haben, da ich den ganzen September über verstei-
gere." Baldauf behauptete, er sei durch schlechte Geschäfte
in Zahlungsschwierigkeiten gekommen. Er habe seine
Gläubiger nicht mehr befriedigen können, daher auch die
Zwangsversteigerungen. Ls ergab sich aber, daß nach
seinen Büchern in der Zeit, in welcher die Zwangsver-
steigerungen sich häuften, vom März (90z bis zum Februar
(905, sich sein vermögen verdoppelt habe und um 22 560 Mk.
gestiegen sei. Aus den beschlagnahmten Geschästsxapieren
von Baldauf hat sich ergeben, daß er im Jahre (905 von
den Kunsthändlern Windhagen, Fleischmann und
Albrecht in München, Grün berg, Neugröschl und
Abeles in Wien, Weinberg in Düsseldorf und von
andern Händlern um -^6^2 Mk. Bilder bezogen habe.
Ls befanden sich darunter auch bessere Gemälde im Preise
von (00—(qno Mk., meistens aber waren es minder-
wertige Bilder, die man in Künstlerkreisen als „Kitsch-
bilder" bezeichnet, im Preise von Z—20 Mk. Es befanden
sich auch darunter viele sogenannte „Pseudonyme", Bilder,
welche fabrikmäßig, teilweise nach Mustern hergestellt wer-
den. Solche Bilder werden mit irgend einem sremdklingen-
den Namen bezeichnet und aus dem Rahmen ein Messing-
schildchen mit dem Namen angebracht. Das Publikum
glaubt dann, sie rührten von einem bekannten Künstler
her. Solche Bilder bezog Baldauf von Abeles und von
Neugröschl in Wien. Um den Wert der wohlfeileren
Bilder in den Augen des Publikums zu heben, wurden aus
der Rückseite ganz unmäßige Preise vermerkt. Der An-
steigerer freute sich dann ungemein, daß er ein so teures
Gemälde so wohlfeil ansteigerte. So ließ sich ein Zeuge

dadurch bestimmen, zwei Bilder um je 80 Mk. zu kaufen,
weil jedes mit -(50 Mk. ausgezeichnet war. Der Staats-
anwalt führte aus, daß auch die in dem Laden ausge-
stellten, guten Bilder, welche nicht versteigert wurden und
zum großen Teil nicht Eigentum des Baldauf waren, den
Zweck gehabt hätten, das Publikum anzulocken und es
über die (Dualität der Bilder, welche es kaufen konnte, zu
täuschen. Der Angeklagte habe irr der Absicht, beim kau-
fenden Publikum den Anschein eines besonders günstigen
Anqebots zu erwecken, sowohl in Annoncen wie auch durch
Angaben in seinem Verkausslokal über die Beschaffenheit,
Herstellungsart, Prcisbemessung und über die Veranlassung
und den Zweck der Verkäufe wissentlich unwahre und zur
Irreführung geeignete Angaben gemacht. Bei den angeb-
lichen Forderungen der Frau Baldauf handele es sich nur
fingierte Forderungen. Er beantragte die Verurteilung des
Baldauf wegen unlauteren Wettbewerbs zu einer Geldbuße
von (500 Mk. und Veröffentlichung des Urteils. Der
Verteidiger führte unter Bezugnahme aus die Entschei-
dungen des Reichsgerichts aus, daß die Beweisaufnahme
Anhaltspunkte zu Verfehlungen gegen das Gesetz über den
unlauteren Wettbewerb in keiner Weise ergeben habe.
Die Versteigerungen hätten sämtlich aus Grund rechtmäßiger
Schuldtitel ordnungsgemäß stattgefunden; den Schuldtiteln
hätten wirkliche Forderungen zugrunde gelegen und die in
den Versteigerungen zum Verkaufe gekommenen Gemälde
feier: Griginalbilder gewesen, bezüglich deren Güte von
keiner Seite etwas Unwahres gesagt worden sei. Das
Reichsgericht habe wiederholt entschieden, daß allgemeine
verkaussanpreisungen nicht von dem Gesetz gegen den un-
lauteren Wettbewerb getroffen würden. Noch weniger sei
erwiesen, daß der Angeklagte in einem Falle, in welchem
er Ausverkauf wegen Ausgabe des Geschäftes und Ab-
bruch des Hauses gehalten habe, Waren nachgeschoben
habe. Unter Bezugnahme aus eine Anzahl Reichsgerichts-
entscheidungen beantragte der Verteidiger die Freisprechung,
indem er nochmals daraus hinwies, daß weder das Publikum
noch die Konkurrenz geschädigt worden sei, zumal die Bilder
preiswürdig verkauft worden seien. — Das Gericht war
der Ansicht, daß die von der Ehefrau Baldauf und dem
Rentner veranlaßte Zwangsversteigerung der Bilder ihres
Mannes aus Grund einer fingierten Schuld erfolgt sei. Es
verurteilte Baldauf deshalb, aus Grund des K -( des
Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb, zu (000 Mk.
Strafe. Den Klägern wurde die Befugnis erteilt, das
rechtskräftig gewordene Urteil einmal aus Kosten des An-
geklagten zu veröffentlichen.
ZebacLenersatz bei Wettbewerben.
Zur Erlangung von Entwürfen zum Bau eines
Rathauses war kürzlich unter den im Deutschen
Reiche ansässigen Architekten ein Wettbewerb aus-
geschrieben worden. Nachträglich wurde an die
Linsorderer des Programmes ein Schreiben geschickt,
in welchem erklärt wurde, daß der Wettbewerb in
letzter Minute aus die Architekten des Rhein landes
und Westfalens beschränkt und dies nur aus Irr-
tum im Preisausschreiben nicht berücksichtigt worden
sei. Im Anschluß an dieses Verfahren wurde nun
von einem Architekten in der „Deutschen Bau-
zeitung" die Frage aufgeworfen, ob nicht die vom
Wettbewerb nachträglich Ausgeschlossenen, wenn sie
bereits mit der Bearbeitung begonnen haben, aus
Ersatz ihrer bisherigen Unkosten klagen könnten.
Das Berühren dieser Frage, welche sich in derselben
Weise nicht bloß bei architektonischen Konkurrenzen,
sondern auch bei jeder anderen, denken wir nur an
 
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