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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Inhalt / Arbeitskalender / Mitteilungen der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft / Mitteilungen des Künstlerverbandes Deutscher Bildhauer
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Die Geschichte des Entwurfes zu einem Kaiser Wilhelm-Denkmal für Lübeck
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0390

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382

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 28.

Nachdem die Kommission dann noch ein neues
Modell von dem Künstler in Empfang genommen
hatte, war sie selbst auf einmal der Ansicht, über
den Hlatz vor dem Holstentor könne noch nicht end-
gültig versügt werden; man müsse vielmehr noch
mindestens vier bis fünf Jahre warten und solle
deshalb dem Künstler sein Honorar auszahlen, von
der Errichtung des Denkmals aber einstweilen Ab-
stand nehmen.
Und so geschah es. Der Künstler erhielt seine
7000 Mk., die seine baren Auslagen nicht einmal
zur Hälfte deckten. Er nahm sie unter Vorbehalt
an und erklärte, daß er die geringe Summe nur
deshalb vereinbart habe, weil ihm von Senats-
seite mehrfach versichert worden sei, daß er
die Ausführung des Denkmals bekommen werde,
weshalb die Festsetzung der Summe von 7000 Mk.
keine Bedeutung habe, und daß er im Falle der
Nichtannahme des kleinen Honorars den Senat vor
den Kopf stoßen würde!
Für die 7000 Mk. hatte der Künstler geliefert:
H Drei Entwürfe im Maßstab s: 20 (jeder
2 Hm Fläche) und hierzu eine Figurengruppe und
zwei andere Figuren von 75 cm Höhe; ein Entwurf
wurde vom Senat angenommen.
2. Ausführung des angenommenen Entwurfes
im Maßstab s : 5.
3. und Zwei Entwürfe, Maßstab s: sO,
sowie eine veränderte Neiterfigur, Maßstab s: 5,
s m hoch.
5. Ein Modell, Maßstab s: 20.
6. Dasselbe Modell, Maßstab s: (0.
7. Noch eine Veränderung des Reiters.
Seine Vorstellung, ihm eine angemessene Ver-
gütung zu gewähren oder aber ihm das Denkmal
zu übertragen, blieb erfolglos. An dieser Entschei-
dung änderte auch nichts eine Denkschrift, welche der
Künstlerverband Deutscher Bildhauer im Zahre (906
in der Denkmalssache an den hohen Senat von Lübeck
richtete; er erhielt lediglich den Bescheid, daß sie dem
Senate zu einer Beschlußnahme keine Veranlassung
gegeben habe. Diesen Ausgang der Angelegenheit
brachte der Künstlerverband Deutscher Bildhauer vor
einigen Tagen zur Kenntnis seiner Mitglieder (vergl.
„w. d. K." (907, Nr. 25, S. 339).
Jedenfalls dürfen die Lübecker den Ruhm be-
anspruchen, daß ihre Denkmalsangelegenheit die am
planlosesten behandelte von allen ist; sie ist derartig,
daß sie zur allgemeinen Kenntnis gebracht zu werden
verdient. Auch die Noblesse, mit der ein deutscher
Bundesstaat den Künstler honorierte, ist erwäh-
nenswert.
Ob Lübeck nun überhaupt jemals ein Kaiser
Wilhelm-Denkmal erhalten wird, erscheint sehr frag-
lich. Nach der neuesten Strömung will man über-
haupt davon absehen. Eine Partei will eine „Ge-
dächtniskirche" für das in Aussicht genommene Geld
bauen, eine andere will eine „Volkslesehalle". Man

kann abwarten, welche Hartei mit ihrem Hlan durch-
dringen wird; es hängt das in einem solchen kleinen
Staatswesen wie Lübeck sehr oft von den persönlichen
Neigungen und Ansichten Weniger ab. Einstweilen
muß man sich mit dein so stolz gelegten Grundstein
begnügen, der die Znschrift trägt: 22. 3. (89?. Da
er von hartem Granit ist, kann er noch lange das
Gedächtnis an Kaiser Wilhelm I. und einen schlauen
Streich der getreuen Lübecker wach halten. Sein
zehnjähriges Zubiläum feiert er ja schon!

oder um die Höhe einer Büste, oder um die Uebernahme
nach A 38 des Gesetzes, so liegt auf der Hand, daß
solche Fragen mit praktischem Erfolge im wesent-
lichen nur von Bildhauern entschieden werden können.
Deshalb geht unser Wunsch dahin, daß die
Sachverständigenkammer in ihren Mitgliedern und
deren Stellvertretern so zusammengesetzt werde, daß
die Fragen, welche einem speziellen Kunstzweige an-
gehören und eine besondere Sachkunde erfordern,
die speziellen Berufs fach verständig er: bei der
Beschlußfassung die Mehrheit haben.
Wir gehen hierbei in Anlehnung an die Vor-
schrift des ß 6 Abs. ( davon aus, daß zur Fassung
eines gültigen Beschlusses die Teilnahme von fünf
(nicht wenigstens fünf) Mitgliedern einschließlich des
Vorsitzenden notwendig, aber auch ausreichend ist.
Die bisherige Zahl von sieben Mitgliedern brauchte
bei der künstlerischen Kammer um nur einige Mit-
glieder erhöht werden. Die Beschlußkammer ent-
scheidet somit stets in einer Besetzung von fünf Mit-
gliedern, von denen der Vorsitzende vier Mitglieder
bestimmt. Unter diesen vier Mitgliedern müssen
aber, sofern es sich um eine rein bildhauerische
Frage handelt, drei Bildhauer als Sachverstän-
dige sein.
Weiterhin dürfte Fürsorge zu treffen sein, daß
auch unter den Stellvertretern der spezielle Kunst-
zweig genügend vertreten ist. Zm preußischen Sach-
verständigenverein war dies bisher nicht der Fall,
da sich unter den Stellvertretern z. B. kein einziger
Bildhauer befindet. Die Beteiligung der erbetenen
Mehrheit wird so jederzeit gewährleistet sein.
Sollten indessen diesem Vorschläge gewichtige
Bedenken entgegenstehen, dann dürfte es sich für
die in Rede stehenden Fälle unbedingt empfehlen,
daß der Vorsitzende wenigstens die beiden Referenten
aus der Zahl der dein speziellen Kunstgebiete ange-
hörigen Mitglieder entnehmen muß. Wenn dies
Verfahren, soweit bekannt, auch bereits geübt wird,
so entbehrt es doch bisher einer gesetzlichen Grund-
lage. Endlich bitten wir an der Bestimmung des
A 5 der Bekanntmachung, daß zwei Berichterstatter
von dem Vorsitzenden zu bestellen sind, festzuhalten
und es nicht dessen Ermessen zu überlassen, ob er
einen oder zwei Berichterstatter bestimmen will.
(Vergl. H 5 der Bekanntmachung vom (0. Sep-
tember (90(.)
 
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