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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Boermel, Eugen: Der Künstler in den öffentlichen Körperschaften
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0417

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Die Werkstatt der Kunst

keäaktem: ^rltz Hellwag.

VI. Jakrg. -1k I)eK 20. S 22. )Ipril 1907.

In ctiesein ^eUe «nsersr LeitsLmiff erleNen vir jeäern «ünsrier Las freie Mori. Mir sorgen cisfür, Lass keinerlei
Angriffe auf Personen octer Senossensckafien abgeäruckt verclen, okne Lass vorder cler Angegriffene clie Wöglickkeii gekabl
KLtte, in ciernseibsn IZeffe zu erviäern. Vie lleclskiion kält sick vollslLnäig «nparleiisck unä gibt ciurcd cien TIbclruck keineswegs
— .- eine Nebereinstirnrnung rnil cien auf Liess Meise vorgeiragenen Meinungen zu erkennen. —

Lin Beitrag zu
Ivie eine schöne ferne Verheißung klingt diese
letzthin in der „Werkstatt der Kunst" von neuem
wieder angeregte Frage, deren Verwirklichung leider
von den meisten Künstlern selbst abgelehnt wird, mit
dem Hinweis auf den Goetheschen Spruch: „Bilde,
Künstler, rede nicht." Ganz gewiß sind diese Worte
für uns alle sehr beherzigenswert, insbesondere für
jede:: einzelnen bildenden Künstler eine eindringliche
Mahnung — für die gesamte deutsche Kunst selbst
wäre es dennoch von höchstem Wert, wenn sie ge-
eignete fachmännische Vertreter in den öffentlichen
Körperschaften hätte, oder wenigstens solche, die,
völlig vertraut mit dem Wesen der Kunst, wohl
wissen, daß diese neben der Religion einer der größten
Kulturfaktoren der zivilisierten Völker allezeit gewesen
ist, und die deshalb die wahren Lebensbedingungen
der Künstler öffentlich zu erörtern und zu vertreten
befähigt sind.
Der einfache Arbeiter, der sein täglich Brot
mit der Erdschaufel in der Hand verdient, weiß, daß,
wenn seine Lebensexistenz einmal in Frage gestellt
ist, dort im Reichstag nicht nur einer, sondern viele
für ihn sprechen, und auf diese öffentliche Anregungen
hin werden meistens sofort unerträgliche Zustände
abgestellt, wenn es das Gemeinwohl der Gesamtheit
erfordert. — Wer aber spricht dort für uns Künstler?
— Mit erschöpfendem Verständnis niemand —
höchstens wird gelegentlich mit großem Unverstand
und zum Gaudium des Publikums die Frage breit-
getreten, ob die Bilder mehr oder weniger nackt sein
sollen: — dann fallen beim Etat für Kunstbauten einige
unwesentliche Bemerkungen — das ist alles. Ganz
kurz und schüchtern wurde letzthin einmal die Kunst-
ausstellungsfrage, der bedenkliche Niedergang der
Ausstellungen, im Landtag berührt — sofort kam
eine Reihe von denjenigen Kollegen, die als Akademie-
mitglieder unantastbar und juryfrei sind, zu den
Zeitungen und erklärten in langen Artikeln der er-
staunten Welt, daß bei uns alles in bester Grdnung
Dieser Aufsatz ist schon zum Teil im „Kleinen
Journal" erschienen. Mir drucken ihn hier ab, weil jetzt, wo
die künstlerischen Snchverstän-igenkaininern gebildet
werden (vgl. die vorige Nummer dieses Blattes), ein solcher
Mahnruf die Künstler wieder erinnern soll, daß sie sich
wenigstens diese Gelegenheit nicht entgehen lassen dürfen,
ihren Wünschen nach einer besseren Vertretung in diesen
Kammern einmütig Ausdruck zu geben.
Die Schriftleitung.

Lugen Boermel, Berlin-Grünewald.
sei, nur der eine Fehler würde durch die verschiede-
nen Zurys begangen, daß sie gegen die vielen
Werke mittelmäßiger Künstler noch zu weichherzig
wären. Zm allgemeinen haben die Herren damit
auch das Richtige getroffen, denn die Dilettanten-
arbeiten mehren sich auf den Ausstellungen von Zahr
zu Zahr in erschreckender Weise. Nur wurde in
diesen Ausführungen ganz vergessen, daß die beispiel-
lose Macht der Künstlerjury auch ab und zu unrecht
angewendet wird, daß hin und wieder einige tüch-
tige Kollegen durch Ausweisung ihrer Werke
auf das schwerste geschädigt werden. Der Betroffene
muß sich in den meisten Fällen über dieses Unrecht
in Schweigen hüllen, denn ein Kollegium von Fach-
leuten hat sein vernichtendes Urteil über sein Werk
gesprochen, und wie schnell wird er seine schwer
errungene Künstlerehre in den Augen des Publikums
einbüßen, wenn das bekannt wird. Darin liegt aber
der Kernpunkt des Niederganges der heutigen Kunst-
ausstellungen, der wirkliche Grund, der die besten
Kräfte lahmlegt, mutlos macht, der die traurige
Zerfahrenheit und verderbliche Cliquenwirtschaft unter
den Künstlern herbeiführt, leider zum Schaden der
gesamten Künstlerschaft.
Wie zwecklos war es von den zeitgenössischen
Kollegen — von den Fachleuten, meine ich — die
Ehre eines Richard Wagner unter die Füße zu treten
— wo sind sie alle geblieben, die sich nicht genug
tun konnten an Verhöhnung, Erniedrigung und
Herabwürdigung dieses größten deutschen Künstlers
-in der Versenkung sind sie verschwunden.-
Bei der Enthüllung des Lortzing-Denkmals in Berlin
wurde wieder die schwere Anklage dieses edlen
Meisters der Tonkunst laut: „Zch bin so verarmt,
daß die deutsche Nation erröten müßte, wenn sie
noch einen Begriff von Ehre besäße." — Warum
sagten nicht die braven Kollegen Lortzings, die un-
fehlbaren Fachleute, die dazu angestellt waren, der
deutschen Nation, daß hier einer der Edelsten dem
Hungertode nahe war? — Und ich meine, die
großen Kämpfer und Dulder auf dem Gebiete
der Kunst müßten im Reichstage auch einmal
einen Vertreter haben, der da weise Gesetze in
Vorschlag bringt, die so gestaltet sind, daß sie den
guten oder bösen Willen der sogenannten Fachleute
bei Beurteilung eines Kunstwerkes ganz unnötig
machen. Wie das nun zu handhaben wäre auf

Oer Künstler m cien öffentlichen Körperschaften. )
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