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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Rothe, Friedrich: Das neue Kunstschutzgesetz, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0473

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Die Werkstatt der Kunst

keäakleur: fritz HeUrvag.

VI. Jakrg. ,1k I)ekl 34. 20. Mai 1907.

In diesem ^eiie unserer LsUsckrUt erteilen wir jectern Rünstier das freie Mort. Mir sorgen dssür, dass keinerlei
Angriffe auf Personen oder GenossensdtLftsn abgedruckt werden, okne dass vorder der Angegriffene die Wöglidtksit gekabt
dätte, in demselben yefte zu erwidern. Oie Redaktion kält sid, vollständig unpsrteiisck und gibt durck den Abdruck keineswegs
— eins Nebereinstimmung mit den auf diese Meise vorgetragenen Meinungen ;u erkennen.

Oas neue Runstsckutzgeselz.
Non Rechtsanwalt Vr. Friedrich Rothe, Syndikus der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft.

Das am s. Juli in Kraft tretende
Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der
bildenden Kunst und der Photographie, hat die
Hoffnungen, die die Künstlerschaft auf die neue
Regelung des Urheberrechts gesetzt hatte, nicht erfüllt.
Immerhin aber zeigt das Gesetz neben manchen
Verschlechterungen auch wichtige Verbesserungen des
bisherigen Rechtszustandes, die im Interesse der
Künstler freudig zu begrüßen sind.
Die am meisten in die Augen fallende Neuerung
ist die Verbindung von Kunstschutz und Photo-
graph ieschutz, zweier Materien, die bisher in be-
sonderen Gesetzen behandelt waren. Ueber die Be-
rechtigung und Zweckmäßigkeit dieser Verbindung
hat sich bekanntlich ein lebhafter Streit entspannen.
Man fürchtet auf feiten der Künstler, daß diese
Verbindung die Photographie, die trotz ihrer her-
vorragenden Leistungen niemals eine bildende Kunst
sei, gewissermaßen zur Kunst stempeln würde und
somit nur zur Verdunkelung des Begriffs „Kunst"
und zur Schädigung ihres Ansehens führen könne.
Ls kann nun mit Genugtuung festgestellt werden,
daß der Satz, „die Photographie ist keine bildende
Kunst", von allen maßgebenden Faktoren ausdrücklich
anerkannt worden ist. Dies ist geschehen seitens der
Regierung in der Begründung des Entwurfs und
es ist wiederholt worden von dem Regierungsver-
treter iir der Reichstagskommission und in den Ver-
handlungen des Plenum. Ebenso hat der Bericht-
erstatter der Reichstagskommission, der Abgeordnete
Müller-Meiningen, die gleiche Erklärung abgegeben
und übereinstimmend haben ferner Regierung und
Berichterstatter erklärt, daß die Verbindung beider
Materiell lediglich auf gesetztechnischen Gründen be-
ruhe, weil sich bei der Bearbeitung herausgestellt
habe, daß beide Gesetze eine große Anzahl gleicher
Bestimmungen enthalten würden und man eine
solche Wiederholung vermeiden wollte.
Nach diesen bestimmten Erklärungen der maß-
gebenden Persönlichkeiten wird man in der Frage,
ob die Vereinigung beider Materien in einem Ge-
setze gewissermaßen eine Degradierung der Kunst
mit sich bringt, nicht zu schwarz zu sehen brauchen.
Immerhin wird es aber gut sein, diesen Punkt nicht
außer acht zu lassen und eintretendenfalls auf die
Gründe der Vereinigung hinzuweisen, um zu ver-
hüten, daß etwa später eine Verdunkelung des Tat-

bestandes eintritt und aus der gleichzeitigen Be-
handlung beider Materien in einem Gesetze eine
Gleichstellung entgegen der Absicht des Gesetzgebers
gefolgert wird.
Im übrigen wird man den von der Negierung
angegebenen Grund für die Vereinigung nicht für
stichhaltig erachten können. So sehr einerseits das
Bestreben begrüßt werden muß, möglichst wenig
Gesetze zu machen, so wenig soll dieses Bestreben
doch andererseits dahin führen, zwei Materien, die
nichts miteinander zu tun haben, lediglich wegen
der Gleichartigkeit ihrer gesetzlichen Regelung mit-
einander zu verquicken. Ls ist für die in Betracht
kommenden Berufskreise jedenfalls bequemer, wenn
der Künstler im Kunstschutzgesetz und der Photo-
graph im Photographieschutzgesetz nachschlagen kann,
um sich die notwendige Nechtsbelehrung zu holen,
als daß jeder erst irr dem gemeinschaftlichen Gesetz
die für ihn passende Bestimmung heraussuchen muß.
Auch verführt eine solche unnatürliche Verquickung
naturgemäß dazu, Bestimmungen, die nur für eine
Materie passen, oder sich nur für diese als notwendig
herausgestellt haben, auf beide Materien auszudehnen,
um ein möglichst einheitliches Gesetz und möglichst
wenige Sonderbestimmungen zu erhalten. Man wird
in der Annahme nicht fehl gehen, daß hierunter auch
in unserm Gesetze die Kunst gelitten hat.
Der erste Abschnitt des Gesetzes handelt von den
Voraussetzungen -es Schutzes.
Geschützt werden die Urheber von Werken der
bildenden Kunst. Line Definition des Wortes „Ur-
heber" gibt das neue Gesetz ebensowenig wie das
alte. Die vorgeschlagenen Definitionen, „Urheber
ist derjenige, der das Werk verfertigt hat" und
„Urheber ist derjenige, der das Werk gestaltet hat",
sind verworfen worden, weil das „Verfertigen" zu
viel wert auf die mechanisch-techmsche Seite lege,
das „Gestalten" aber die innere Ausarbeitung nicht
berücksichtige. Man hat deshalb geglaubt, lieber
gar keine Definition, als eine nicht zutreffende auf-
nehmen zu sollen, zumal der Urheberbegriff in der
Rechtsprechung einigermaßen feststehe.
Lbenso hat man, wohl mit Recht, von einer
Definition des Begriffs „Werke der bildenden
Kunst" abgesehen. Dieser Begriff hat durch die
Einbeziehung des Kunstgewerbes und der Bauwerke
 
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