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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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4. Heft
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Boenisch, Hermann: Die Artillerie-Handschrift des Valentin von Sebisch: (Breslau 1601)
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0137

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4. HEFT

HERM. BOENISCH, DIE ARTILLERIE-HANDSCHRIFT DES VALENTIN v. SEBISCH

117

(Belagerungsgeschütze) und 5 Feldgeschütze
kennt; während Fronsperger nur je 4 annimmt;
während Christoph Dambach 1609 versichert:
„Es seyn aller Buechsen nicht mehr dann achter-
ley Geschlecht ... ob man jhnen sonst tausend
Namen geb, so sind jhr doch nicht mehr.“
Aber auch das Geschützsystem des V. v. Sebisch
ist ganz eigentümlich aufgebaut:

Schlangen
Falkonett (Falckanedl) schiesst 1 li Eisen

F eldschlängel
F alkaune
Singerin
Nachtigall
Notschlange

3 ”
>• 9 ..
,» 2 2 ,, ..
M ^5 » )»
,» 28 „ „

Kartaunen
Halbe Kartaune schiesst 25 Eisen
Ganze Kartaune „ 80 „ „
Scharfe Metze „ 100 „ „

Mörser (feuermerschner) schiesst x/a Zentner
Stein und eine Feuerkugel (Bombe) „halbenweg
so schwer“
Feuerbüchse (Haubitze), schiesst 1/a Zentner
Stein und eine Feuerkugel „halbenn weg so viell“.
Dazu kommt als leichtestes Geschütz das
Scharffentinlein (verderbt aus Serpentinella), wie
es die anderen Büchsenmeister ebenfalls kennen,
von verschiedenem Kaliber.
Dieses Geschützsystem ist dadurch merk-
würdig, dafs zwischen dem 9- und dem 2 5pfün-
digen, sowie zwischen dem 28- und dem 8opfün-
digen Kaliber je eine Lücke vorhanden ist; leichte,
mittlere und schwere Geschütze sind bei Sebisch
also deutlich voneinander geschieden, während
sonst bei den deutschen Artilleristen und noch
mehr bei dem Spanier Diego Ufano (Tratado
de la Artilleria, Bruxellas 1617) das System eine
Unmenge von Zwischenkalibern aufweist, die zwar
in einer schönen arithmetischen Reihe aufein-
ander folgen, deren Zweck man aber nicht recht
einsehen kann. Man wird auch wohl mit Grund
daran zweifeln dürfen, dafs es alle diese in den
Geschützbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts
aufgeführten Rohre wirklich gegeben habe. Die
Artillerieschriftsteller versuchten eben, etwas
Ordnung in das Chaos zu bringen, das in der
Praxis herrschte.
Dann „folgett ein vnterricht zueschies-
sen“. Dem Büchsenmeister wird ans Herz ge-
legt, „des Stuckes abteilung“ (d. h. seine Mafs-
verhältnisse, besonders die Rohrstärken) fest-
zustellen, „auf das du ihn nit zu viel thust“
(d. h. es überladest). Der „Kehrenschuess“
(Kernschuss) erfordert ein mit dem Quadranten
„vorn so hoch als hinten“ stehendes Rohr; „item

wan du wilst ein Bogenschuess thuti, so musstu
das stück richten geradt vber die scheiben, also
das die scheiben vnnd der Krantz vnten am
stück oben zusammen treffen, das ist ein Bogen-
schuess, vnd setz auff zwehn Zohl oder finger
hoch.“
Die nunmehr folgende Abhandlung: „Der
Stück Metall vnndt aufteilunng“ (d. h. Rohr-
stärken und Abmessungen der einzelnen Ge-
schütze) zeigt, dafs es auch Sebisch nicht ge-
lungen ist, sich aus dem zu seiner Zeit herr-
schenden Durcheinander im Geschützwesen her-



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Cod. 936, Fol. 38 vers. (etwas verkleinert)
Federzeichnungen und Schriftprobe
auszufinden. Die hier aufgeführten Rohre
stimmen mit den eingangs beschriebenen sehr
wenig überein, und daran haben, nach Sebischs
wiederholter Andeutung, die „Alten“ (d. h. die
Büchsenmeister des 16. Jahrhunderts) Schuld.
Dem Lienhart Fronsperger ist es auch nicht
besser - (gegangen: die späteren Teile seines
„Kriegsbuches“ weisen gleichfalls ganz andere
Geschütze auf als die ersten; ebenso finden wir
bei Franz Joachim Brechtei (1591), bei Wil-
helm Schäffer gen. Dilich (1607) und Chri-
stoph Dambach (1609) eine heillose Verwirrung
in den Kalibern, viel schlimmer als bei Sebisch.
 
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