DER BAUMEISTER = 1907, OKTOBER.
3
Architekt Dr. ing. Herrn. Muthesius, Wannsee.
Landhaus in Dahlem, Parkstrasse 56.
Der wichtigste Gesichtspunkt in der freien Disposition des
Hauses auf dem Bauplatz muss unstreitig der sein, alle Wohn-
räume zu den gesundheitlich besten und behaglichsten zu
machen. Die Vorstellungen hierüber sind freilich im Publi-
kum noch so wenig ge-
klärt, dass man ernst-
lich darüber streiten hö-
ren kann, nach welcher
Himmelsrichtung sich die
besten Räume ergäben.
Es gibt Leute, die durch-
aus nach Norden wohnen
wollen, die nichts so sehr
fürchten wie die Sonnen-
strahlen. Sie behaupten,
dass das Wohnen nach
Norden das beste und gesündeste sei und rufen in dieser
Verkennung der hygienischen Bedingungen des Lebens die
ungeklärten Vorstellungen früherer Zeiten wach, die sich in
einem eklatanten Beispiel dadurch zu erkennen geben, dass
der grosse Philosoph Kant sein Schlafzimmer Tag und Nacht
stockdunkel hielt, weil er der Ansicht war, dass in der
Dunkelheit die gesundheitsschädlichen Mikroben nicht ge-
diehen. Die neuere Entwickelung der Hygiene denkt darüber
anders. Jeder Arzt wird sofort seiner Meinung darüber Aus-
druck geben, dass die
gelegentliche Beson-
nung eine unbedingte
Notwendigkeitfür jeden
menschlichen Wohn-
raum ist, dass gerade
die Besonnung eine ge-
wisse bakterientötende
Wirkung ausübt, und
dass die besonnten
Räume unbedingt die
gesündesten sind. „Wo
KELLERGE. SCHOSS
die Sonne nicht hinkommt,
kommt der Arzt hin“. Der im
Publikum noch häufig verbreitete Eindruck, dass sonnenbe-
schienene Räume unbehaglich wären, schreibt sich aus den
in den Stadtwohnungen besonders drückend empfundenen
heissen Sommermonaten her. Auf dem Lande, wo durch
Architekten Hart & Lesser, Berlin.
Stallgebäude und Kutscherwohnung des Landhauses J. Erxleben, Grünewald. (Siehe Tafeln 3—6)
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Architekt Dr. ing. Herrn. Muthesius, Wannsee.
Landhaus in Dahlem, Parkstrasse 56.
Der wichtigste Gesichtspunkt in der freien Disposition des
Hauses auf dem Bauplatz muss unstreitig der sein, alle Wohn-
räume zu den gesundheitlich besten und behaglichsten zu
machen. Die Vorstellungen hierüber sind freilich im Publi-
kum noch so wenig ge-
klärt, dass man ernst-
lich darüber streiten hö-
ren kann, nach welcher
Himmelsrichtung sich die
besten Räume ergäben.
Es gibt Leute, die durch-
aus nach Norden wohnen
wollen, die nichts so sehr
fürchten wie die Sonnen-
strahlen. Sie behaupten,
dass das Wohnen nach
Norden das beste und gesündeste sei und rufen in dieser
Verkennung der hygienischen Bedingungen des Lebens die
ungeklärten Vorstellungen früherer Zeiten wach, die sich in
einem eklatanten Beispiel dadurch zu erkennen geben, dass
der grosse Philosoph Kant sein Schlafzimmer Tag und Nacht
stockdunkel hielt, weil er der Ansicht war, dass in der
Dunkelheit die gesundheitsschädlichen Mikroben nicht ge-
diehen. Die neuere Entwickelung der Hygiene denkt darüber
anders. Jeder Arzt wird sofort seiner Meinung darüber Aus-
druck geben, dass die
gelegentliche Beson-
nung eine unbedingte
Notwendigkeitfür jeden
menschlichen Wohn-
raum ist, dass gerade
die Besonnung eine ge-
wisse bakterientötende
Wirkung ausübt, und
dass die besonnten
Räume unbedingt die
gesündesten sind. „Wo
KELLERGE. SCHOSS
die Sonne nicht hinkommt,
kommt der Arzt hin“. Der im
Publikum noch häufig verbreitete Eindruck, dass sonnenbe-
schienene Räume unbehaglich wären, schreibt sich aus den
in den Stadtwohnungen besonders drückend empfundenen
heissen Sommermonaten her. Auf dem Lande, wo durch
Architekten Hart & Lesser, Berlin.
Stallgebäude und Kutscherwohnung des Landhauses J. Erxleben, Grünewald. (Siehe Tafeln 3—6)