Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Baumeister: das Architektur-Magazin — 6.1908

DOI Artikel:
Jürgensen; Bachmann: Die neue Synagoge in Frankfurt a.M., Friedberger Anlage
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52603#0115

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER BAUMEISTER » 1907, NOVEMBER.

17

treiflichen, in lichten antiken Glä-
sern mit wenig Zeichnung gehal-
tenen Fenstern, ausgeführt in der
Frankfurter Glasmalerei von Linne-
mann, die nachdem Allerheiligsten
zu in Farbe und Zeichnung reicher
und kräftiger behandelt sind; be-
kanntlich ist jede figürliche und
symbolische Darstellung rituell
verboten.
Der Einbau des Allerheiligsten,
aus rotgrauem nassauischem Mar-
mor (Balduinstein a. d. Lahn) her-
gestellt, zeigt eine brillante Ver-
wendungsart des Materials, das
durch breite Flächenwirkung zu
einem monumentalen Eindruck
gesteigert wird. Verschiedene
Marmorarten nebeneinander zu
setzen, wurde grundsätzlich ver-
mieden. Dar Marmor wirkt in
seiner Masse rein und mächtig.
Eine Vermittlung, zugleich aber
auch eine Trennung zwischen dem
Allerheiligsten und den übrigen
Wandflächen des Raumes bringen
die grossen, liebevoll gestalteten


Männervorhalle.

Beleuchtungsständer

dieser auf dem Gebiete


aus Bronze hervor.Diese
Ständer in Form einer
Säule werden von
schmalen Marmorlise-
nen, die mit Halbedel-
steinen verschiedenster
Art besetzt sind, einge-
schlossen. In der Mitte
des Allerheiligsten ist
der durch eine Bronze-
türe verschlossene hei-
lige Schrein unterge-

der wirklich künstleri-
schen Gestaltung von
Beleuchtungskörpern,
Schmiedebronzen etc.
seit Jahren führenden
Firma. Mag vielleicht
die auf besonderen
Wunsch der Gemeinde
vorgesehene kombi-
nierte Beleuchtung für
Gas und elektrisches
Licht (wo jedes einzelne

zu den breit angelegten Garderoben
der Frauen. Von diesen gelangt
man auf die Emporen. Der Blick
von den Emporen aus nach dem
Synagogenraum ist ein besonders
wirkungsvoller.
Das Gestühl ist grau gebeizt.
Es ist komplizierter als das Ge-
stühl in christlichen Kirchen, da
noch Kästen angebracht werden
müssen, die die Gebetmäntel auf-
zunehmen haben. Die Sitze sind
durchweg Klappsitze.
Zur Steigerung der allgemeinen
Wirkung dienen noch die Be-
leuchtungskörper, die als Längs-
balken ausgebildet sind und an
ihren beiden Enden gehalten
werden. Es ist besonders Wert
darauf gelegt, die Längsrichtung
des Innenraumes durch diese noch
mehr zu betonen. Die Beleuch-
tungskörper sind von der Frank-
furter Firma Wilhelm Maus aus-
geführt und geben in ihrer Aus-
führung wiederum Zeugnis eines
glänzenden technischen Könnens


bracht, der die Thorarollen
aufnimmt. Auf beiden Seiten
des heiligen Schreines ste-
hen die in Feuer vergoldeten
Chanukka-und der 7-armige
Brismiloh-Leuchter, Pracht-
stücke mit Halbedelsteinen
ausgelegt, die eine wertvolle
Bereicherung der jüdischen
Goldschmiedekunst sein
werden. In der Mitte
des Synagogenraumes ist
der Almemor aufgestellt.
Es ist ein Aufbau aus feins-
tem weissen Skyros-Mar-
mor, der durch Metallfül-
lungen durchbrochen wird.
Vier Beleuchtungskörper
flankieren diese Redner-
stätte, von der aus der Text
der Thorarollen, die in feier-
lichem Zuge vom Allerhei-
ligsten nach dem Almemor
gebracht, der Gemeinde ver-
lesen werden. Die Eingänge
zu den Emporen, dem Sitze
der Frauen, führen direkt
von der Strasse aus zu
diesen. Die Aufgänge sind
in schlichter Farbe gehalten
und zeigen an den Ein-


Männervorhalle mit Brunnennische.

genügt, um . den Raum zu
beleuchten) zusammen be-
nutzt, etwas allzuhell er-
scheinen, wie es bei der
Einweihung des Gottes-
hauses der Fall war, so ist
das ein Mangel, dem sehr
leicht abgeholfen werden
kann. Von besonderem In-
teresse ist auch die Gestal-
tung der ewigen Lampe
(Seite 19).
Als Heizsystem ist Nieder-
druck-Dampfheizung ge-
wählt und zwar in zwei ge-
trennten Anlagen in dem
Hauptraum und den vor-
deren Flügelbauten, da die
Benutzung eine verschie-
dene ist.
Die Lüftung ist eine sehr
umfangreiche und zwar bei
Bedarf mit Vorwärmung.
Der Hauptraum mit Kleider-
ablage erhält eine stündliche
Lüftungsmenge von 40000
cbm, d. i. ca. 20—25 cbm
ä Person. Die Lüftung er-
folgt nach oben und nach
unten, auch dann, wenn sie
nicht genügend vorgewärmt

gängen kleine Vestibüle von kreisrundem Grundriss, die im
Aufbau im verein mit den schlichten Farben zu einer freund-
lichen Wirkung gebracht worden sind. Die Treppen führen

ist. Nur an gewöhnlichen Sonnabenden, an denen der Besuch
nicht sehr stark ist, entweicht die Luft oben durch Öffnungen des
Hauptgewölbes in den Dachboden, von wo sie ins Freie gelangt.
 
Annotationen