Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Baumeister: das Architektur-Magazin — 6.1908

DOI article:
Raetze, Robert A.: Das "El Tovar"-Hôtel am grossen Canyon des Colorado in Arizona
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52603#0127

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
DER BAUMEISTER » 1907, DEZEMBER.

29

ihrer Route errichtet hat und erhaschen hier einen Blick auf
das nordwärts majestätisch aufsteigende Felsengebirge mit
den schneeig schimmernden Pike’s und Spanisch-Peaks um,

weiter westwärts pilgert, so kommt er in unmittelbaren Kontakt
mit den Erzeugern dieser jetzt so viel verlangten Arbeiten.
In Neu-Mexiko und Arizona sind eine ganze Anzahl von

AMÜSEMENT ROON

Häuser mit kleinen

indianischen „Pueblos“ — besser Dörfer, wenn
auch der Spanier sie stolz „Städte“ taufte.
Die mexikanische Kolonial-Regierung hatte diese
Pueblos aus den Indianer Missionen der Fran-
ziskaner geschaffen, ein Versuch, der die Klöster
ruinierte und der in Kalifornien nach beiden
Seiten gänzlich fehlte. Aber in den zwei er-
wähnten Staaten und auch in Texas haben sich
Reste dieser Kolonialpolitik in Form von Pueblos
erhalten. Eine halbe Stunde, nachdem der
Reisende Albuquerque verlas-
sen hat, erscheint links von
der Bahn ein eigentümliches
Dörfchen.
Fenstern, zuweilen zwei Stock
hoch und sogar mehr, mit
freistehenden Leitern als Ver-
bindungsmittel, die Dächer

nach Ueberschreitung der Passhöhe in den
Staat Neu-Mexiko einzutreten. Durch das Tal
des Rio Grande del Norte weiter zwischen
malerischen Gebirgstälern erreicht man das
mittlere Hochplateau von Neu Mexiko in Las
Vegas, einem bedeutenden Wollmarkt, bald
darauf Lamy, das durch eine Zweigbahn mit
dem alten Santa Fe verbunden ist, und gelangt
schliesslich nach Albuquerque.
Die Szenerie hat sich unterdessen erheblich
verändert; erinnert Colorado
trotz seiner rotfarbigen Sand-
steinfelsen noch an bekannte
Formationen, so macht sich
hier ein entschieden südlicheres
Klima bemerkbar. Die Höhe
und Trockenheit des Plateaus,
die wundervoll klarenSilhouet-


ten der blauen Bergketten, der

Sockelgeschoss. Terrain fallt stark. unsichtbar und flach hinter

schon zahlreich auftretende
Kaktus, vor allem aber die eigentümliche rotbraune Erde, aus
welcher die mexikanischen Ansiedler nach der alten, indianischen
Tradition ihre sonnengetrockneten Adobe-Ziegeln formen,
all das erinnert an Mexiko und spanische Vergangenheit.
Albuquerque hat ein mexikanisches Viertel mit den typischen
langgestrecken Adobe-Häusern, deren Front die unveränder-

einer niedrigen Aufmauerung,
— eine Kirche rührend einfach mit einem ungeschickt auf-
gesetzten Glockengiebel, alles in rotgelbem Adobe erbaut,
mit gleichem Material verputzt und wie aus dem gleichfarbigen
Boden gewachsen — freundlich und anheimelnd, sogar sauber
erscheint diese Niederlassung, das Heim sorgloser Naturkinder,
denen das glückliche Klima und ein fast dauernder Sonnen-

liehe Piazza, ein auf schwachen
Holzstützen getragenes über-
hängendes Dach bildet, eine alte,
bös restaurierte Missionskirche,
ist aber sonst eine saubere moderne
Stadt, deren hispanische Erinne-
rungen in dem neuen Stations-
gebäude und dem schönen, ma-
lerischen „Alvarado“-Hötel wieder
aufgefrischt worden sind.
Santa Fe ist noch viel mehr mit
spanischen Traditionen verbunden.
Nicht nur, dass ein grosser Pro-


schein das Leben verschönt. Es
ist Isleta, und nur eine Stunde
später durchschneidet der Zug das
grössere und malerisch an einem
Hügel aufsteigende Dorf Laguna.
Scharen von Weibern und Kindern
in grellfarbige Decken gehüllt und
angetan mit Filzgamaschen, trotz
der Wärme, umlagern den Zug
und bieten bemalte, ungebrannte
Tonwaren, Silberarbeiten, Decken
usw. feil. Es ist ein malerisches
und immerhin von der rapiden

zentsatz der Bevölkerung sich der
spanischen Sprache bedient — die
Stadt selbst erscheint altmexikanisch. Derselbe Typ der
niedrigen langen, eingeschossigen Häuser — das alte Haus
des spanischen Gouverneurs, das jetzt eine Art Museum bildet,
die vernachlässigten sandigen Strassen, ein oder zwei alte
Kirchen und eine eigenartig gemischte Bevölkerung geben
der Stadt ihren Charakter, der augenblicklich wenigstens weder

Yankee-Zivilisation noch unbe-
rührtes Bild — wenn auch die
nördlicher gelegenen Hopi-Reservationen die Kulturzustände
der Rothäute, die jährlichen Feste mit Schlangen- und Feuer-
tänzen, sowie den eigentümlichen Ansiedelungstrieb dieser
südlichen Stämme viel ursprünglicher zeigen. —
Die trockenen Sandwüsten, welche die Bahn jetzt durch-
schneidet, sind dürr und unfruchtbar, nur die Yucca-Palme

Hopi-Haus.*

durch das schauer-
liche Staats-,, Kapi-
tol“,noch durch das
Gefängnis oder das
Indianische Erzie-
hungs-Institut, wel-
che die Regierung
in den letzten Jahren
dort errichtet hat,
geschädigt wird.
Santa Fe, Albuquer-
que und Las Vegas
sind die Hauptsta-
pelplätze für die Er-
zeugnisse der in-
dianischen Haus-
industrien, und der
Tourist begegnet
hier überall diesen
primitiven und doch
so geschmackvol-
len und künstle-
rischen Waren. Und
wenn er sich wieder
aufmacht und noch

Hopihaus. Inneres.*


gedeiht hier; aber
allmählich beginnt
die Gegend ein
tieferes Kolorit zu
zeigen. Der blen-
dende Sand weicht
einer roten Erde, die
in dem Licht der
verschiedenen Ta-
geszeiten gross-
artige Effekte her-
vorzaubert, zumal
das Terrain wieder
reichlich von Berg-
ketten durchzogen
wird, welche die
typische Tafelbil-
dung derSandstein-
formation zeigen.
Wir sind in der
gefärbten Wüste
(„Painted Desert“),
bekannt durch die
mehr nordwärts ge-
legenen Indianer-
 
Annotationen