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Baumeister: das Architektur-Magazin — 6.1908

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Das neue fürstl. Badehaus und Kurhotel in Pyrmont: Architekten: A. Karst u. H. Fanghänel, Kassel
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Kalkschmidt, Eugen: Der Baumeister und seine Zeit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52603#0164

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66

DER BAUMEISTER » 1908, MÄRZ.


Arch. A. Karst und H. Fanghänel, Cassel.

Kurhaus in Pyrmont.

können ebenfalls sogen. Mischbäder (Stahl-Solbäder), welche
erfahrungsgemäss infolge ihres Mischungsverhältnisses für
Herzkranke von Bedeutung sind, abgegeben werden. Ferner
ist eine Krankenzelle für gelähmte oder sonst unbeholfene
Kranke vorgesehen. Die elektro-therapeutische Abteilung
findet sich in gesonderten Räumen; ebenso die irisch-russi-
schen Bäder. In dem neuen mit dem Badehause zusammen-
hängenden Kurhotel sind ebenfalls unmittelbar neben den
Logierzimmern liegende Badezellen eingerichtet, in denen
sämtliche Bäder zu nehmen sind; jede Zelle entspricht den
neuesten Anforderungen und ist mit sämtlichen warmen so-
wohl wie kalten Brausen und Waschvorrichtungen versehen.
Das Melden aus denselben geschieht durch Lichtsignale und
nicht mehr durch das veraltete System des Läutens; ein
weiteres Signal des Badedieners meldet das Freiwerden der
Zelle zur Kasse hin, wo sofort diese Zelle einem andern
Badegaste überlassen werden kann. Durch einen Kontroll-
apparat an der Kasse ist auf diese Weise jede Zelle unter
ständiger Aufsicht des Kassierers, der dadurch das lästige
Warten der Badegäste sicher regulieren kann. Die Ventilation
der Zelle erfolgt lediglich durch Jalousien, die über der Türe
angebracht sind, diejenige der Flure durch grosse Ventilations-
schächte. Die Erwärmung des kalten Badewassers erfolgt
durch Gegenstrom-Vorwärmer, die unter der Zellendecke
hängen. Die umfangreichen Rohrleitungen liegen ebenfalls
frei an der Decke des Kellergeschosses, um die Möglichkeit
einer genauen öfteren Revision zu geben. Analog sind die
anderen Einrichtungen auf der Höhe heutiger Technik.

Das eigentliche Bade-
haus enthält äusser den
üblichen Wirtschafts-
und Kassenräumen eine
grosse ca. 100 Per-
sonen fassende Warte-
halle, in welche sämt-
liche Gänge des Bade-
hauses münden und
145 Badezellen nebst
den zugehörigen Ma-
schinen- und Kessel-
räumen. 30 dieser Zel-
len sind als Moorbade-
zellen eingerichtet, in
denen es möglich ist,
nach Wunsch auch Koh-
lensäure- und Stahl-
wasser - Reinigungs-
bäder zu erhalten.
In sämtlichen 145
Badezellen können die
berühmten Pyrmonter
Kohlensäure - Stahl-
bäder abgegeben wer-
den und in 60 Zellen
wirkungsvolleSolbäder.
In diesen Solbadezellen


Kurhaus in Pyrmont.

(Siehe Tafeln 45, 46 und 47).

Kurhaus in Pyrmont.


Der Baumeister und seine Zeit.
Von Eugen Kalkschmidt.
Vor kurzem hatte ich Camillo Sittes Buch über
den Städtebau in der Hand. Mit seltsam gemischten
Gefühlen sah ich das alte Trauerspiel: vortreffliche
Gedanken, die ein gesunder und freier Geist hier
zum Kampf gestellt hat für ein menschenwürdiges
Dasein seiner Generation, stehen seit nun zwanzig
Jahren öffentlich genug da, ohne von dieser
Generation sonderlich beachtet zu werden. Ein
halbes Jahrhundert und länger dehnen und strecken
sich unsere Städte, was Form war, wird zur Un-
form, ein öder und geschäftsgieriger Zeitgeist bläst
durch alle Gassen und pfeift schnöde auf die
überlieferte Schönheit. Hie und da kommt einer
und erhebt seine Stimme wider den Unfug, aber
man versteht ihn nicht. Was will er eigentlich?
 
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