Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

DOI Heft:
Berichte aus Deutschland
DOI Heft:
Berichte aus dem Ausland
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0248

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
220

BERICHTE AUS DEM AUSLAND


MONOGRAMMIST T. W., UM 1520; HL. WENZEL
STAATSGALERIE PRAG

ZUM ZEHNJÄHRIGEN TODESTAG
VON WILHELM LEHMBRUCK

A m 25. März ist es 10 Jahre her, daß Wilhelm
■^•Lehmbruck, der große deutsche Plastiker,
aus dem Leben schied. Zu dieser Gelegenheit fin-
den allenthalben Gedächtnisausstellungen statt.
Es sei besonders hingewiesen auf die große Lehm-
bruck-Sammlung, die im Duisburger Museums-
verein zusammengetragen ist, wo man das Werk
des großen Künstlers von seiner Frühzeit bis zu
seiner letzten Reife überblicken kann. Es wird
diese Stätte von den Kunstfreunden zu diesem
Anlaß besonders aufgesucht werden. Durch diese
Sammlung kam die Stadt Duisburg einer Ehren-
pflicht ihrem großen Sohne gegenüber nach. Als
eines der bedeutendsten Kriegerehrenmale steht hier
auch der »Trauernde Jüngling« auf dem schönen
Ehrenfriedhof; die »Kniende« wurde an wichtiger
Stelle im Stadtbild aufgestellt. Das heute schon
klassische Werk des großen Künstlers steht un-
bestritten im Mittelpunkte der neuzeitlichen deut-
schen plastischen Entwicklung.

Berichte aus dem Ausland
GOTISCHE MALEREI UND
PLASTIK NORDWEST-
BÖHMENS
ie Stadtmuseen von Brüx und
Komotau hatten für den Monat
September 1928 zu einer Ausstellung
»gotischer Malerei und Plastik Nord-
westböhmens« eingeladen. Die Art
der Veranstaltung konnte über-
raschen: mit ganz geringen Mitteln
hatte man aus sechzehn kleinen Orts-
museen, der Stiftsgalerie von Ossek,
unzähligen Stadt- und Landkirchen
alle erreichbaren gotischen Tafeln
und Bildwerke (ohne Unterschied
der Qualität) zusammengeholt. Auch
die großen Museen von Dresden,
Prag, Pilsen, Leitmeritz hatten eini-
ges beigesteuert — das Ganze ein-
drucksvoll im Verzicht auf große
Aufmachung als Kundgebung einer
lebendigen Heimatsbewegung, der
die Forscherarbeit von Dr. Josef
Opitz (Prag) kunsthistorische Be-
deutung lieh. Der erzieherischen
Absicht der Ausstellung entsprach
es, wenn man Kunstwerke, die nicht
zu erreichen gewesen waren, in pho-
tographischen Aufnahmen zeigte und
denAbbildungen des kritischen Kata-
loges beifügte, so daß sich das hei-
matkundliche und zugleich kunst-
geschichtliche Bild der Landschaft
schnell abrundete.
Freilich: das Gebiet entbehrt über-
ragender kultureller Sammelpunkte,
deren Schaffen die künstlerische
Haltung der Landschaft verkörpern
würde. Vielmehr schien es als Rand-
gebiet dazu bestimmt, die Ausstrah-
lungen der umliegenden künstleri-
schen Zentren aufzufangen. So wech-
seln und durchdringen sich gegenseitig Einwir-
kungen von Prag oder Breslau, Nürnberg oder
Chemnitz — ein Charakteristikum der ganzen ost-
deutschen Provinzkunst, die bei aller Anerkennung
ihrer lange verkannten Bedeutung letzten Endes
eben doch eine Kunst aus zweiter Hand bleibt.
Für die Zugehörigkeit Nordwestböhmens zu die-
sem östlichen Gürtel ist die religiöse Verehrung
und künstlerische Geltung bestimmter Gnadenbilder
besonders kennzeichnend. Eines der wertvollsten,
die sog. »schwarze Muttergottes« der Brüxer Ka-
puzinerkirche, war vorübergehend auf der Aus-
stellung zu sehen (vgl. Abb. S.221). Durch mehr-
fache auffrischende Übermalungen wird der Ein-
druck erheblich beeinträchtigt. Gleichwohl scheint
es — trotz geäußerter Bedenken — nicht unmög-
lich, daß hier noch ein Stück zartester böhmischer
Malerei der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
sich verbirgt.
Reicher vertreten war die Plastik des 14. Jahr-
hunderts. Großenteils handelte es sich dabei aber
um Arbeiten, die unentschieden — stillos zwischen
»nachromanischer« und gotischer Auffassung
lediglich einen ganz allgemeinen Eindruck hand-
werklicher Tradition vermitteln konnten. Erst am
Ende des Jahrhunderts bahnt sich, getragen von
 
Annotationen