Ausstellungen
CORINTH - GEDÄCHTNIS-
AUSSTELLUNGEN
In der zweiten Hälfte des Januar werden
in Berlin an drei Stellen gleichzeitig Co-
rinth-Ausstellungen stattfinden, die zum
erstenmal einen Überblick über das gesamte
Lebenswerk des Künstlers ermöglichen sol-
len. Die Sezession, deren letzter Präsi-
dent bekanntlich Corinth gewesen ist, wird
das gesamte, irgend erreichbare zeichne-
rische Werk vereinigen, ähnlich die Aka-
demie das graphische Oeuvre. In der
Nationalgalerie aber werden an 200 und
mehr Gemälde vereinigt sein, die die wun-
dervolle Geschlossenheit der malerischen
Schöpfertat Corinths offenbar machen sol-
len. Alles in allem ein Totenmal, wie es der
Größe dieses deutschen Meisters entspricht.
n.
XV. BIENNALE IN VENEDIG
Das Programm der 15. venezianischen
Biennale, das nunmehr bekannt wird, sieht
zunächst eine Verminderung der zur Aus-
stellung auf gef orderten Künstler auf etwa
die Hälfte, ca. 180, vor; außerdem darf jeder
der Eingeladenen zunächst nur ein Bild
schicken, hat jedoch das Recht, noch wei-
tere Werke, die er für die Ausstellung zur
Verfügung hat, anzugeben. Auch für die
Arbeiten, die durch die Jury gehen, ist die
Beschränkung auf ein Bild für jeden Künst-
ler vorgesehen. Man hofft dadurch Platz,
nicht zum mindesten für retrospektive Aus-
stellungen zu gewinnen. An solchen
„Mostre retrospective“ verspricht man nun
sehr viel: eine fast vollständige Sammlung
der Werke Segantinis, um mit Italien zu be-
ginnen, ferner eine große Ausstellung von
Werken Goyas, von Hans von Marees, Böck-
lin, van Gogh, Felicien Rops, D. G. Ros-
setti und von Degas oder Gauguin. Dazu
gesellen sich noch Ausstellungen verschie-
dener Italiener wie Lau di, C amuccini, Botti,
Sabatelli u. a. Außer Italien werden sich
Deutschland, Frankreich, England, Hol-
land, Spanien, Belgien, Rußland, Ungarn,
Schweiz, Polen, die Vereinigten Staaten.
Österreich und die Tschechoslowakei, im
ganzen 13 Nationen, beteiligen. Über die
Zahl der Sonderausstellungen von leben-
den Künstlern ist Näheres noch nicht, be-
kannt. Die Ausstellungsgebäude sollen teils
erweitert, teils ganz erneuert werden. L. S.
DRESDEN
Pol Cassels Sonderkollektion auf der
letzten Dresdner Sommerausstellung über-
zeugte erstmalig eine breitere Öffentlichkeit
von der Stärke dieses Temperaments und
der Bodenständigkeit seiner Begabung. Cas-
sel hat sich auf dem Lande ansässig ge-
macht, dem Streit der Meinungen ziemlich
fern, hat viel handwerklich, arbeiten müssen
und in der übrig bleibenden Zeit für das,
was ihn als Künstler bewegte, eine per-
sönliche Ausdrucksform entwickelt. Der
äußere Umkreis seines Schaffens deckt sich
mit den engen Bezirken seines zurückgezo-
genen Lebens: Haus, Garten, Landschaft,
Familie. Ein Dutzend Porträts erweitert die
Peripherie. Bei E. Richter hängen 50 Ar-
beiten. Die bewußtere Umformung der
menschlichen Physiognomie bleibt im we-
sentlichen dem Ölbild Vorbehalten, das Ve-
getative von Landschaft, Blumen und Tie-
ren dem Aquarell. Die drei großen Herbst-
landschaften von 1925 (Öl) behalten die ver-
fließende Lockerheit, das farbig Improvisie-
rende der entsprechenden Aquarelle und su-
chen die Deutung weniger durch den Auf-
bau als den momentanen Kontakt mit der
Fülle und dem Fluß der Verwandlung in
der Natur. Die Bildnisse zeigen dagegen
eine große Energie, fast Heftigkeit in der
Festlegung der entscheidenden und aus-
druckbildenden Formen, hinter denen die
Farbe als bestimmender Faktor bisweilen
zurücktritt, in anderen Fällen mit ihnen zu-
sammenfällt und ihre Evidenz steigert. Die
Aquarelle verblüffen durch eine außeror-
dentliche Biegsamkeit der Einstellung auf
den Gegenstand und die selbstverständ-
liche Auswertung aller technischen Mög-
lichkeiten; die gefährliche Leichtigkeit des
Handgelenkes hat Cassel aber nicht, die
Unverbrauchtheit der Empfindung bestimmt
den Charakter der Niederschrift.
G rohmann.
FRANKFURT a. M.
Schames: E. L. Kirchner.
Eine Entbreitung von neuen Bildern, die
eine zwingende Entwicklung zeigen. In
dieser Bilderschauung ist Förmliches und
Farbiges tief verschmolzen und oft von ur-
haftem Rhythmus. Die Gesetzmäßigkeit die-
ser Gestaltung ist nur intuitiv erfaßbar, an
keinem Kompositions- und Ideenschema zu
messen. Dadurch ist auch die Qualität un-
gleicher als in einer rein artistischen Lei-
stung und hängt von der Intensität der Bild-
vision ab. Tradition wirkt nur insoweit,
als sie die sinnliche Differenzierung dieser
Künstlergesichte fundiert zu haben scheint.
Als stärkste Bilder seien genannt: „Harem“,
„Sitzender Mann“, „Stehender Mann“, und
„Raub der Sabinerinnen“.
Goldschmidt: Kokoschka.
Kokoschka zeigt hier in seiner bekannten
Reihe von Landschaftsschilderungen eine
neue Phase seiner Malerei. Man kann seine
Umkehr ins Realistische am besten ermes-
sen, wenn man die teppich- und traumhaft
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CORINTH - GEDÄCHTNIS-
AUSSTELLUNGEN
In der zweiten Hälfte des Januar werden
in Berlin an drei Stellen gleichzeitig Co-
rinth-Ausstellungen stattfinden, die zum
erstenmal einen Überblick über das gesamte
Lebenswerk des Künstlers ermöglichen sol-
len. Die Sezession, deren letzter Präsi-
dent bekanntlich Corinth gewesen ist, wird
das gesamte, irgend erreichbare zeichne-
rische Werk vereinigen, ähnlich die Aka-
demie das graphische Oeuvre. In der
Nationalgalerie aber werden an 200 und
mehr Gemälde vereinigt sein, die die wun-
dervolle Geschlossenheit der malerischen
Schöpfertat Corinths offenbar machen sol-
len. Alles in allem ein Totenmal, wie es der
Größe dieses deutschen Meisters entspricht.
n.
XV. BIENNALE IN VENEDIG
Das Programm der 15. venezianischen
Biennale, das nunmehr bekannt wird, sieht
zunächst eine Verminderung der zur Aus-
stellung auf gef orderten Künstler auf etwa
die Hälfte, ca. 180, vor; außerdem darf jeder
der Eingeladenen zunächst nur ein Bild
schicken, hat jedoch das Recht, noch wei-
tere Werke, die er für die Ausstellung zur
Verfügung hat, anzugeben. Auch für die
Arbeiten, die durch die Jury gehen, ist die
Beschränkung auf ein Bild für jeden Künst-
ler vorgesehen. Man hofft dadurch Platz,
nicht zum mindesten für retrospektive Aus-
stellungen zu gewinnen. An solchen
„Mostre retrospective“ verspricht man nun
sehr viel: eine fast vollständige Sammlung
der Werke Segantinis, um mit Italien zu be-
ginnen, ferner eine große Ausstellung von
Werken Goyas, von Hans von Marees, Böck-
lin, van Gogh, Felicien Rops, D. G. Ros-
setti und von Degas oder Gauguin. Dazu
gesellen sich noch Ausstellungen verschie-
dener Italiener wie Lau di, C amuccini, Botti,
Sabatelli u. a. Außer Italien werden sich
Deutschland, Frankreich, England, Hol-
land, Spanien, Belgien, Rußland, Ungarn,
Schweiz, Polen, die Vereinigten Staaten.
Österreich und die Tschechoslowakei, im
ganzen 13 Nationen, beteiligen. Über die
Zahl der Sonderausstellungen von leben-
den Künstlern ist Näheres noch nicht, be-
kannt. Die Ausstellungsgebäude sollen teils
erweitert, teils ganz erneuert werden. L. S.
DRESDEN
Pol Cassels Sonderkollektion auf der
letzten Dresdner Sommerausstellung über-
zeugte erstmalig eine breitere Öffentlichkeit
von der Stärke dieses Temperaments und
der Bodenständigkeit seiner Begabung. Cas-
sel hat sich auf dem Lande ansässig ge-
macht, dem Streit der Meinungen ziemlich
fern, hat viel handwerklich, arbeiten müssen
und in der übrig bleibenden Zeit für das,
was ihn als Künstler bewegte, eine per-
sönliche Ausdrucksform entwickelt. Der
äußere Umkreis seines Schaffens deckt sich
mit den engen Bezirken seines zurückgezo-
genen Lebens: Haus, Garten, Landschaft,
Familie. Ein Dutzend Porträts erweitert die
Peripherie. Bei E. Richter hängen 50 Ar-
beiten. Die bewußtere Umformung der
menschlichen Physiognomie bleibt im we-
sentlichen dem Ölbild Vorbehalten, das Ve-
getative von Landschaft, Blumen und Tie-
ren dem Aquarell. Die drei großen Herbst-
landschaften von 1925 (Öl) behalten die ver-
fließende Lockerheit, das farbig Improvisie-
rende der entsprechenden Aquarelle und su-
chen die Deutung weniger durch den Auf-
bau als den momentanen Kontakt mit der
Fülle und dem Fluß der Verwandlung in
der Natur. Die Bildnisse zeigen dagegen
eine große Energie, fast Heftigkeit in der
Festlegung der entscheidenden und aus-
druckbildenden Formen, hinter denen die
Farbe als bestimmender Faktor bisweilen
zurücktritt, in anderen Fällen mit ihnen zu-
sammenfällt und ihre Evidenz steigert. Die
Aquarelle verblüffen durch eine außeror-
dentliche Biegsamkeit der Einstellung auf
den Gegenstand und die selbstverständ-
liche Auswertung aller technischen Mög-
lichkeiten; die gefährliche Leichtigkeit des
Handgelenkes hat Cassel aber nicht, die
Unverbrauchtheit der Empfindung bestimmt
den Charakter der Niederschrift.
G rohmann.
FRANKFURT a. M.
Schames: E. L. Kirchner.
Eine Entbreitung von neuen Bildern, die
eine zwingende Entwicklung zeigen. In
dieser Bilderschauung ist Förmliches und
Farbiges tief verschmolzen und oft von ur-
haftem Rhythmus. Die Gesetzmäßigkeit die-
ser Gestaltung ist nur intuitiv erfaßbar, an
keinem Kompositions- und Ideenschema zu
messen. Dadurch ist auch die Qualität un-
gleicher als in einer rein artistischen Lei-
stung und hängt von der Intensität der Bild-
vision ab. Tradition wirkt nur insoweit,
als sie die sinnliche Differenzierung dieser
Künstlergesichte fundiert zu haben scheint.
Als stärkste Bilder seien genannt: „Harem“,
„Sitzender Mann“, „Stehender Mann“, und
„Raub der Sabinerinnen“.
Goldschmidt: Kokoschka.
Kokoschka zeigt hier in seiner bekannten
Reihe von Landschaftsschilderungen eine
neue Phase seiner Malerei. Man kann seine
Umkehr ins Realistische am besten ermes-
sen, wenn man die teppich- und traumhaft
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