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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 4
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Stübel, Moritz: Gemälderestaurationen im 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0151

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Nach vielen, übereinstimmenden zeitgenössischen Berichten bot die Dresd-
ner Galerie nach Riedels Tode einen trostlosen Anblick. Im Kunstblatt
schildert ein alter Freund der Galerie seinen Schrecken, als er sie nach
vielen Jahren 1822 wiedersah: „Wo war die Frische der Farben bei so man-
chem Meisterwerke, namentlich der italienischen Schulen, hin? Woher diese
saft- und kraftlose Trockenheit? Ist es möglich, daß so alte Bilder noch
nachdunkeln können? Und wahrlich, so schien es doch, wenn ich die Ge-
mälde, so wie sie da hingen, mit denselben verglich, die ich früher gesehen
hatte. Herodias von da Vinci (Nr. 2orA), Der Zinsgroschen von Tizian und
andere Bilder dieses und vieler anderer Meister und — ist es möglich?! —
der größte und reinste Edelstein, der Regent dieses Kunstschatzes, Raffaels
uralt berühmte Himmelskönigin, entbehren einer erhaltenden und beschützen-
den Behandlung so sehr, daß sich die Farben zu lösen, daß sie zu ekrudieren
beginnen, und nur noch weniger Jahre bedarf es, so werden die Meister-
werke unwiderruflich verloren sein. Dann wird der reisende Kunstfreund vor
einer zusammengetrockneten ekrudierten Leinwand stehen.“
Gegenüber solchen und ähnlichen Stimmen, die sich immer häufiger und
lauter erhoben, konnte die Verwaltung nicht länger tatenlos bleiben. Aber
sie hatte keine glückliche Hand und vertraute sich schließlich einem Manne
an, der der großen Aufgabe nicht gewachsen war. Die Palmarolischen Restau-
rationen von 1827 haben der Galerie mehr geschadet als genützt. Aber das
gehört in eine Restaurationsgeschichte des 19. Jahrhunderts, die hoffentlich
bald einmal geschrieben wird. Sie würde Vielen viel Neues und Über-
raschendes bringen und sicherlich nicht langweilig werden.

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