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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0215

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RUNDSCHAU

Sammlungen
DIE NATIONALGALERIE
Es ist ein merkwürdiger Zufall, daß die
Nationalgalerie am 21. März ihr fünfzig-
jähriges Jubiläum hat, und daß genau eine
Woche vorher, am 14. März, der derzeitige
Direktor dieser Sammlung, Ludwig Justi,
seinen 50. Geburtstag feierte. Aus Anlaß die-
ses Doppeljubiläums erscheint nun soeben
im Verlag von Julius Bard, Berlin, eine von
Justis Mitarbeitern Thormaehlen und
Rave bearbeitete Schrift mit Abbildungen
der in den letzten fünfzehn Jahren Unter
Justi erworbenen Gemälde. Diese Veröffent-
lichung soll gewissermaßen vorbereiten auf
die seit langem geplante Publikation sämt-
licher Werke der Sammlung in drei Bän-
den, von denen zwei die Gemälde, einer die
Bildwerke zeigen werden. Die neue Jubi-
läumsschrift bringt dagegen nur diejenigen
Werke, die in den letzten fünfzehn Jahren
durch Ludwig Justi erworben wurden und
es ist zweifellos sehr interessant, an Hand
eines derartigen Gesamtüberblicks über das
meist stille Wirken eines Museumsleiters
die persönliche und programmatische Ein-
stellung kennenzulernen, zumal wenn, \vie in
diesem Fall, fünfzehn Jahre musealer Arbeit
zugleich auch fünfzehn Jahre bedeutsamer
historischer Klärung umschreiben. Dabei
darf erwähnt werden, wie gerade in den
ersten Jahren seiner Tätigkeit Justi schwer
gegen den kaiserlichen Einfluß zu kämp-
fen hatte und wie es trotzdem dem diplo-
matischen Geschick des Direktors nach und
nach gelungen ist, sogar gewisse vom Kai-
ser beanstandete Ankäufe seines Vorgän-
gers aus den Kellern hervorzuholen.
Zusammenfassend kann jedenfalls gesagt
werden, daß die fünfzehn Jahre sammeln-
der Tätigkeit, die die Ära Justi bezeichnen,
vielleicht die wichtigste Epoche innerhalb
des fünfzigjährigen Bestehens der National-
galerie gewesen sind.
Eben wird übrigens bekannt, daß der ver-
storbene Sammler E du ar d A r nh o 1 d der Ga-
lerie vier Hauptwerke seiner weltbekannten
Sammlung vermacht hat, die sich als be-
sonders wertvolle Ergänzung des Bestandes
ausweisen. Denn es handelt sich um Wil-
helm Leibis großes Bauembild ,,Die Dorf-
politiker“, 1877 in Schorndorf gemalt, ferner
um „Die Geschwister“ von Hans Thoma,
ein Bild, das 1873 in München entstanden
ist. Weiter um Max Liebermanns „Gar-
ten am Altmännerhaus in Amsterdam“ (1880)
und endlich um Böcklins „Prometheus“,
der 1882 gemalt wurde. Obwohl es also

offenbar nicht gelingen dürfte, die ganze
Sammlung Arnhold eines Tages der National-
galerie einzuverleiben, muß man dennoch
für dieses großartige Testat dankbar sein.

Durch Schenkung von Frau Charlotte
Behrend-Corinth ist die Nationalgalerie
in den Besitz eines der Hauptwerke von
Lovis Corinth aus der letzten Epoche
gekommen, das für viele, die Corinth lieben,
vielleicht das großartigste Dokument sei-
nes spiritualistischen Stiles ist. Es handelt
sich um das schon in dieser Zeitschrift 1924
wiedergegebene „Trojanische Pferd“,
das die Witwe des Künstlers zugleich auch
als Ausdruck ihres Dankes für die von
Justi geleistete Arbeit der Nationalgalerie
verehrt hat, eine wahrhaft großzügige und
vorbildliche Tat, für die man Frau Beh-
rend von Herzen danken muß. Bei die-
ser Gelegenheit seien die Leser unserer
Zeitschrift auf jenen Artikel des Heraus-
gebers verwiesen, der damals zugleich mit
anderen Werken Corinths im Cicerone in
Heft 1 des 17. Jahrgangs erschienen ist.
B.
BASEL
Noch zu Ende des Jahres wurden in den
Ausstellungsräumen des Kupferstichkabi-
netts die Erwerbungen auf dem Ge-
biete der altdeutschen und altschwei-
zerischen Kunst gezeigt, um die diese
Sammlung in den vergangenen sechs Jah-
ren vermehrt werden konnte. Die Vermeh-
rung ist, wenn man auch die Geschenke
und Depositen in Betracht zieht, eine ver-
hältnismäßig große, insbesondere auf dem
Gebiete des Holzschnittes und der
Buchillustration. Aber auch einige vor-
treffliche Handzeichnungsblätter konn-
ten mit den relativ bescheidenen zur Ver-
fügung stehenden Mitteln gekauft werden.
— Die wichtigste Erwerbung bildet hier die
Silberstiftstudie zu dem Knabenbild-
nis von Ambrosius Holbein in der Bas-
ler Kunstsammlung, ein ungemein feines
und reizvolles Blatt. Eine weitere Bereiche-
rung der Holbeinsammlung bringt sodann
der durch die eidgenössische Gottfried-
Keller-Stiftung deponierte Entwurf für
einen edelsteinbesetzten Prunkpokal
von Hans Holbein d. J., eine reife Ar-
beit aus der zweiten englischen Zeit. (Von
H. A. Schmid im Jahresbericht der Basler
Kunstsammlung pro 1924 publiziert und
eingehend gewürdigt.) Eine kraftvolle Kopf-

199
 
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