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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 7
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0250

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Ausstellungen

erworben. Die Sammlung wird von Dr.
Nino Barbantini geordnet, dem man den
Rat eines Spezialisten wünschen möchte.
L. Br.
Nachwort. Nach diesen Mitteilungen
wird die an sich groteske Idee eines derarti-
gen Museums gerade in Venedig nicht ge-
mildert. Im Gegenteil könnte nur aller-
strengste Auswahl aus diesem Sammelsu-
rium, das sicher auch eine Fülle von Fäl-
schungen birgt, weil reisende Prinzen im-
mer das Opfer ihrer Liebhaberei gewesen
sind, eine erträgliche Vorstellung ostasia-
tisch-indischer Kunstwelt gestalten. Das Er-
gebnis bleibt abzuwarten. B.
AMSTERDAM
Im städtischen Museum wurde eine sehr
Unterrichtende, wenn auch mit bescheide-
nen Mitteln unternommene Rückschau über
die holländische Kunst der letzten fünfzig
Jahre gezeigt. Der Ehrensaal Wurde von der
Skulptur eingenommen, die den energischen
Versuch illustriert, aus dem Internationalis-
mus der Formen gerade von 1875 zu einem
eigenen, bodenständigen Stil vorzudringen.
Die heutige holländische Plastik kann man
eine Schöpfung aus dem Nichts nennen,
da sie, die Modernen, an keinerlei nationale
Überlieferung anschließen konnten. Das
Ergebnis erscheint mir bedeutend; ich habe
es in meinem, bei Reißner, Dresden, er-
schienenen Buche festzulegen gesucht. Die
Malerei ist auf der Ausstellung minder üppig
vertreten. Immerhin macht man die ergötz-
liche Beobachtung, daß die Haager Im-
pressionisten uns Heutigen schon vollkom-
men geschichtlich, will sagen starr und tot
geworden sind, was sich keineswegs von
den französischen Impressionisten sagen
läßt. Es scheint mir dies nicht daher zu
kommen, daß der holländische Impressio-
nismus auf Grund einer ausländischen, eben
der französischen Bewegung entstand. Die
Ursache dürfte vielmehr darin liegen, daß
der Impressionismus über die optische Ner-
venempfindlichkeit hinaus (die der Hollän-
der besitzt) eine Empfindlichkeit, ja Reizbar-
keit der Seele voraussetzt, die derHolländer
nicht besitzt, zumindest willentlich ablehnt.
Die impressionistischen Bilder selbst eines
temperamentvollen Nachzüglers wie W.
Breitner erscheinen schwerblütig, schläfrig:
es geht keine Magie von ihnen aus. Die
Bilder sind zum Teil in ad hoc aufgestell-
ten Stuben mit Möbeln der Zeit aufgehängt,
die als solche dem Bereiche des Kunst-
gewerbes und der Hausbaukunst angehören,
in welchem Bereiche die Qualität, der Ernst,
die Vorbildlichkeit des heutigen holländi-
schen Schaffens unbestreitbar sind. F.M.H.

BREMEN
Das Märzheft von Velhagen & K 1 a -
sings Monatsheften veröffentlicht einen
Aufsatz über die Bremer Kunsthalle, den
Dr. Emil Waldmann geschrieben hat.
Dieser schildert die Entstehung der Galerie,
ihre enge Verbundenheit mit der Worps-
weder Malerei und ihr weiter gerichtetes
Streben, neben einer gewählten Anzahl älte-
rer Bilder einen vollkommenen Überblick
über die Hauptströmungen der Malerei im
19. Jahrhundert und bis an die Schwelle
der Gegenwart zu geben. Waldmanns Dar-
stellung wird durch eine Anzahl durchweg
farbiger Illustrationen unterstützt.
Ausstellungen
PAUL SEEHAUS
Das nach wenigen Jahren aufbegehren-
den und schon von Gipfelhelle gestreif-
ten Anstiegs so kurz und bitter abgebro-
chene Schaffen des rheinischen Malers
Paul A.Seehaus(1891—1919) ist imKron-
prinzenpalais zur Erinnerung an diese
verheißungsvolle Jugend eindrucksmächtig
vorgebracht: Gemälde, Aquarelle, Bunt-
zeichnungen und Radierungen, fast aus-
nahmslos landschaftlichen Themas. Im
Jahrgang 1922 dieser Blätter habe ich selbst
versucht, das phantasiebewegte Wesen sei-
ner zugleich heftigen und holden Kunst
darzustellen; die biographisch wie ästhe-
tisch weit vollständigere, mit einem Kata-
log aller Arbeiten versehene Würdigung
gibt im Wallraf-Richartz-Jahrbuch 1925
Paul Ortwin Rave, der als Assistent unse-
rer Galerie auch deren schöne Gedenkaus-
stellung betreut hat. Seehaus hat insbeson-
dere die nordisch schroffe Natur kahler
Eifelhöhen und der hart gekurvten Fels-
küste Schottlands in rhapsodischer Groß-
artigkeit aufgefaßt, das trotzige Vorsprin-
gen des steilen Landes, die hohle Beklom-
menheit dieser kargen Welt. Vollends un-
ter den bewundernswert knapp und boh-
rend behandelten Radierungen, die in ihrer
technischen Gedrängtheit und Schärfe und
rhythmischen Durchbildung zu den zwin-
gendsten Leistungen der modernen Gra-
phik gehören, sind solche Schärenland-
schaften von unvergänglich düstergewal-
tiger Gebärde. Den Gegenpol dieses Schaf-
fens lassen jene buntfältigen, frohlocken-
den Bilder erkennen, die das krause, fein-
gegliederte Spiel etwa des rollenden, puf-
fenden Lebens auf den Schienen oder der
Häuser und Türmchen längs dem Flußge-
winde kleinscheckig, in reizender Kompli-
kation des Gefüges austuschen. Dazwi-

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