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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 11
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Kippenberger, Albrecht: Der große Ofen der Veste Coburg und die gußeisernen Öfen der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0355

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Der große Ofen der Veste Coburg und
® •
die gußeisernen Ofen der Renaissance
Mit 29 Abbildungen auf 12 Tafeln Von ALBRECHT KIPPENBERGER

Fortsetzung und Schluß aus Heft 10
DER Grundriß der späteren Öfen der Gießerei des Klosters Haina verschleifte
sich die Entwicklung weiterspinnend zu einem Rechteck. Von diesen wird
von Soldan im Aufbau planmäßig bestimmt sein nur der Ofen mit der Er-
schaffung der Eva und der Geburt Christi als Rundbilder an den Breitwänden
und der Kreuzigung mit Nebenszenen an der Stirnwand — im hessischen
Landesmuseum in Kassel (Abb. 20), vielleicht auch noch der Ofen aus dem
Rathaus zu Wolfach im Schwarzwald1 mit Weihnachtsbild und Geburt der
Eva in einer früheren Fassung des Künstlers, einer Belagerung von Bethulia
und mit Figuren an der Predella. Dem Sinne der Darstellungen nach läßt sich
ein weiterer Soldanofen rekonstruieren: Zu der Platte mit der Erschaffung
der Eva und der Geburt Christi im Hauptstück, den fünf Sibyllen darunter auf
Schloß Eisenbach in Hessen2 (Abb. 18) gehört augenscheinlich als Vorder-
seite die Tafel mit Kreuzigung und Nebenszenen im Besitze des Richters
Heimburger in Bordeaux3, deren unterer Streifen mit zwei weiteren weißen
Frauen die Sibyllenreihe auf jeder Breitseite des Ofens zu einem um das ganze
Gebäude herumlaufenden Figurenbande ergänzt (Abb. 17). Bei den übrigen
Öfen scheint der Schmuck Soldanscher Modeln ziemlich willkürlich von den
Gießern über die Flächen verstreut zu sein4. Zu diesen Öfen zählt der im
Riesensaal der Wiihelmsburg zu Schmalkalden (Abb. ig), der Ofen auf Schloß
Spangenberg i. H., ein zweiter im Landesmuseum zu Kassel (Abb. 20) mit dem
nicht für die Modeln, nur für den Guß gültigen Datum ,,1650“, der Ofen auf
dem Buttlarschen Schlosse Riede i. H., dann mit Modeln Soldans nur im
Nachschnitt der im großen Saal der Burg Altena i. W. Der Ofen dort in der
Ratsschenke (Abb. 24) verwendet teilweise Soldansche Schnitte, ist indessen
in neuester Zeit mit modernen Leisten zusammengesetzt worden.
Aus dieser Entwicklungsreihe fällt heraus der Eisenofen im Rathaus zu Rap-
perswil am Züricher See mit der Jahreszahl „1572“. Wie die Spätrenaissance
aus verwandter Gesinnung heraus oft wieder bei der ausgehenden Gotik
anknüpft, so ist es vielleicht auch kein Zufall, daß hier ziemlich rein der Auf-
bau des Koburger großen Eisenstückes wiederholt wird. Das architektonische
Wollen gewann eben wieder Vorhand gegenüber der Ausbildung der Einzel-
heiten. Ganz ungewöhnlich baut sich der Ofen im Staatsarchiv auf der Traus-
nitz bei Landshut auf5. Es ist ein Doppelofen aus zwei im Grundrisse recht-
eckigen Teilen bestehend, mit Heiligenfiguren und Wappen, die sich teil-
weise auf Platten des Bayrischen Nationalmuseums in München, des Germ.

1 Beschreibung von Mone, Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins“, ig. Bd., S. 303 ff.
2 Heute ist diese Platte mit einer Schmaltafel der Kreuzigung, deren Modeln nach
einem Relief Soldans geschnitten wurden, zu einem Heizkörper verspannt.
•' Die Platte wurde 1871 in den Trümmern des Wengerschen Hauses zu Straßburg ge-
funden. Vorstehende Abbildung entnommen aus: ,,Ofenplatten u. Plattenöfen i. Elsaß.
Illustr. Elsäss. Rundschau, Straßburg 1903, Fig. 97.
4 Ja; wie L. Bickell, s. a. a. O., nachweist, wurden die Modeln mitunter, um sie für die
Größe der Ofenseite passend zu machen, beschnitten.
5 Wenn die heutige Zusammensetzung noch die ursprüngliche ist.
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Der Cicerone, XVIII. Jahrg., Heit 11

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