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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 12
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0447

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RUNDSCHAU

DRESDEN SOMMER 1926
Der „Grünen Stadt am grünen Fluß“ hul-
digte man bei einem der jüngsten inter-
nationalen Kongresse, die in Dresden tag-
ten, von Männern aus allen Gegenden Euro-
pas. Die Stadt der Parke, Blumen, Alleen
und Gartenplätze weiß um die Reize ihrer
landschaftlichen Schönheit. Und es scheint,
als ob sie trotz aller großstädtischen Ent-
wicklung die Gartenstadt bleiben werde, die
gerade in diesem Jahre schönste Triumphe
feiert. Eine Gartenstadt mit mehr als 600000
Einwohnern, die trotz den Einverleibungen
von 23 Dörfern erst die zweitgrößte Stadt
Sachsens ist und von Leipzig in dieser Ent-
wicklung schon überflügelt wurde.
Mit dem wunderbar widerstandsfähigen
Gesetz des eigenen Wesens wehrt Dresden
sich gegen die Nivellierung zur Allerwelts-
großstadt. Mächtig lebt immer noch der
alte Kern der Königsstadt Augusts des
Starken. Und wenn man in diesen Zeiten
alles tut, was möglich ist, um den Verfall
der Sandstein-Architektur und -Plastik des
Barock und Rokoko aufzuhalten, so ist
das keine Restaurierungswut, sondern ein
Lebensbedürfnis der Stadt. Zwinger und
Frauenkirche findet der Fremde auch in
diesem Jahr noch umbaut von Gerüsten,
Gewandhaus und Ministerhotel und viele
Einzelheiten wurden mit Takt wiederher-
gestellt. Galerien und Museen haben trotz
der Hergaben an das Haus Wettin nichts
Wesentliches eingebüßt. Der Kern der Alt-
stadt um Altmarkt, Neumarkt und Schloß,
die am meisten durch die Entwicklung ge-
fährdet waren, sind durch die heutige Bau-
und Verkehrspolitik geschützt.
Denn das neue Dresden wird um der
Straßenbahnen willen keine Straßen des
Zentrums mehr durchbrechen. Im Gegen-
teil ist man dabei, den Verkehrsbetrieb aus
den engen Straßen heraus in die neueren
breiten zu verlegen. Eine ganze Reihe neuer
Autobuslinien ist eingerichtet und dient
dem Schnellverkehr zu den ausgedehnten
Vororten. Elektrische Schnellbahnen für
den Überlandverkehr sind geplant. Damit
zusammen hängt die Straßenherstellung
großen Stils, die nach allen Peripherien der
Stadt hinaus durchgeführt wird. Hinaus bis
an Feld und Wald, Hügel und Heide. Das
neue Dresden wird ein Siedlungs-Dres-
den. Es bleibt ein Triumph für das kleine
Hellerau und seine Gründer Wolf Dohrn
und Karl Schmidt, daß es so der Entwick-
lung vorausgeeilt ist. Die Stadt selbst hat
diese Siedlungspolitik in die Hand genom-
men und geht in diesem Sinne auch an alle
Schul- oder Hospitalbauten heran.
Der Cicerone, XVIII. Jahrg., Heft 12 26

Großartig entfaltet sich das neue Hoch-
schulviertel auf den Südhöhen. Martin
Dülfers weitsichtige und schöne Planung
des Komplexes der Neuen Technischen
Hochschule wächst zusehends seiner Voll-
endung entgegen. Die mächtigen Instituts-
bauten sprechen deutlicher als alles von
der bedeutsamen Entwicklung der Dresdner
Hochschule. Und das neue Studenten-
haus ist eine der Zentralstellen des deut-
schen Studententums geworden.
Im Zusammenhang mit dem neuen Geist
der Stadt darf das Deutsche Hygiene-
museum nicht vergessen werden, das noch
in den provisorischen Räumen des alten
Marstalls am Zwinger auf den längst geplan-
ten Neubau wartet. Und als Zeichen der
mächtigen Entwicklung des Sports steht
am Großen Garten das Stadion, das schon
bedeutsame nationale und internationale
Wettkämpfe sah. In seiner unmittelbaren
Nachbarschaft ist ein modernes Sportbad
eben eingeweiht worden.
In diesem Dresden von ig2Ö, aus Altem
undNeuem zusammengewachsen, lebtnach
alter Tradition, in neuerer Zeit nicht ohne
viel Hingabe und Mühe wach erhalten,
künstlerischer Geist. Die Kunststadt
Dresden, repräsentiert in gleicher Weise


Schmidt-Rottluff Bildnis
Aus der Aquarellausstellung im Dresdner Kunstverein

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