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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 14
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0523

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Von Künstlern und Gelehrten

stimmtheit sollte erreicht werden, ebenso
aber auch diese Lösung als vorbildlich bei
der Behandlung von kunsthistorischen
Raumproblemen gezeigt werden können.
Die Innenausstattung ist schlicht und doch
edel, auf Material und Materialbehandlung
ist größter Wert gelegt. Für die Studie-
renden sind günstigste Arbeitsmöglichkeiten
geschaffen, für die Dozenten ist die enge
Verbindung von Arbeitsräumen, Lehr-
mittelsammlung und Hörsaal vorteilhaft.
Die starke Zunahme von Fachstudierenden
der Kunstgeschichte an der Kölner Uni-
versität rechtfertigt die großen Aufwen-
dungen. Als Dozenten an dem Lehrstuhl
sind außer dem Ordinarius tätig die Do-
zenten Prof. Dr. Witte (Kirchliche Kunst,
Kunstgewerbe und Quellengeschichte des
Mittelalters), Dr. Kühn (Prähistorische
Kunst) und Dr. Förster (Mittelalterliche
Kunstgeschichte). Assistent des Instituts
ist Dr. Grashoff. In der Eröffnungsrede
legte Prof. Brinckmann die Ziele des In-
stituts dar, die auf eine universale Ent-
wicklungsgeschichte europäischer Kunst,
auf die Untersuchung der Zusammen-
hänge zwischen den einzelnen nationalen
Kunstleistungen gehen. r.
ROM
In der letzten Sitzung der R. Commi-
sione Vinciana, an der neben dem Mini-
ster Fedele u.a. auch Venturi, Ricci, Toesca
und Ettore Verga teilnahmen, ist eine Reihe
von wichtigen Leonardo-Publikationen in
Aussicht gestellt worden: die Herausgabe
eines weiteren Bandes des im British Mu-
seum befindlichen Codex Arundel 263, von
dem der erste Teil 1923 erschien. Fernerhin
die Veröffentlichung einer kleineren Schrift
Leonardos über den Flug der Vögel, die
Dr. Carusi in Angriff nehmen soll. Diese
Arbeit soll dem Andenken des inzwischen
verstorbenen hochverdienten Leiters des
Istituto Vinciano in Rom, Mario Cermenati,
gewidmet werden. Venturi gab einen Be-
richt über die Vorarbeiten zur Ausgabe der
Leonardozeichnungen, deren Drucklegung
durch die Versammlung beschlossen wurde.
Verga sprach über seine umfassende Leo-
nardobibliographie, die er nach langjährigen
Arbeiten abgeschlossen hat. L. 5.
Von Künstlern
und Gelehrten
PETER JESSEN f
Am 15. Mai starb Peter Jessen in Berlin,
67 Jahre alt. Er war seit 1925 nicht mehr
Direktor der Berliner Kunstbibliothek, die er
42 Jahre lang geleitet und aus geringen An-

fängen zur Weltbedeutung erhoben hatte.
Doch ist dies nicht einmal sein größtesVer-
dienst. Seine Arbeitskraft und organisato-
rische Begabung waren so groß, daß man
ihm nicht bloß die umfangreichen Samm-
lungen von Ornamentstichen, Japan-Holz-
schnitten, Plakaten und die Kostümbiblio-
thek, als wertvollste Annexe der Kunst-
bücherei, verdankt, sondern auch in sehr
erheblichem Maße die Gründung des Werk-
bundes und des Verbandes der deutschen
Modeindustrie. Daß sein Name nicht die
ihm gebührende allgemeineResonanzgefun-
den hat, lag an seiner ganz ungewöhnlichen
Selbstlosigkeit. Beinahe ängstlich hielt er
sich im Hintergründe, leistete alle wesent-
liche Arbeit, war lebendigster Mittelpunkt
aller kunstgewerblichen Bestrebungen und
ein wahrer Vermittler zwischen Kunst und
Öffentlichkeit; ließ aber anderen stets den
Ruhm und opferte sich für das Werk, das
ihm alles bedeutete. So ist er auch nie zu
größeren kunstwissenschaftlichen Arbeiten
gekommen. Auch hier teilte er von seinem
vielseitigen Wissen nach vielen Seiten aus,
ohne mit eigenen Produktionen hervorzu-
treten. Um so weniger dürfen die, die sein
Wirken miterlebt haben, versäumen, das
Andenken dieses im höchsten Sinne täti-
gen Mannes der Nachwelt zu überliefern.
Paul F. Schmidt.

Miss Mary Cassatt ist im Juni 81 Jahre
alt gestorben. Sie war in Philadelphia gebo-
ren und erzogen, ihrer Kunst nach aber ge-
hört sie noch mehr zu Frankreich als
Whistler. In den siebziger Jahren schloß
sie sich an Manet, Monet und Renoir an.
Wie Berthe Morizot war sie eher deren Ka-
merad und Mitkämpferin als Schülerin. De-
gas stand sie besonders nahe. „Ich kann
nicht dulden, daß eine Frau eine so starke
Zeichnerin ist,“ sagte er in der ihm eigenen
Weise, um seiner Bewunderung für sieAus-
druck zu geben. Von 1879 an stellte Mary
Cassatt mit den Impressionisten zusammen
aus. Die Kinder und Mütter, die sie meist in
Pastell malte, ergänzen sehr glücklich die
Freilichtlandschaften und -figuren und son-
stigen Lebensausschnitte der Impressioni-
sten. Sie trugen dazu bei, das große Publi-
kum für die neue Kunstrichtung zu gewin-
nen, denn sie bekundeten, daß man impres-
sionistisch objektiv darstellen kann, ohne
darum gefühlsarm zu werden. Ihren zahl-
reichen, von den Sammlern sehr geschätzten
Kaltnadel- und Tuschradierungen verdankte
sie einen großen Teil ihres Erfolges. In den
letzten Jahren wurde dieser Lichtverkünde-
rin das harteLos zuteil, zu erblinden. A.D.

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