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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 6.1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.13708#0169

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AUSSTELLUNG VON ARBEITEN DEUTSCHER
HOLZWERKSTÄTTEN

Die Leitung der Staatlichen Kunstbibliothek in
Berlin richtet in dem für Ausstellungen so ungünsti-
gen Lichthof des Kunstgewerbemuseums in der
Prinz-Albrecht-Straße wechselnde Ausstellungen ein
und versucht, so gut es sich in diesem Raum machen
läßt, mit anschaulichem Ausstellungsmaterial be-
stimmte Themen zu erörtern. Auf die Ausstellung
..Kult und Form" haben wir ausdrücklich hingewie-
sen und uns auch im letzten Heft mit der Ausstel-
lung der Arbeiten aus den Kursen von Albrecht
L. Merz eingehend befaßt. Die Wahl der Themen ist
manchmal, wie wir das am Beispiel Merz gezeigt
haben, recht problematisch, wenn auch reizvoll.
Das zeigt sich auch bei einer Ausstellung, die dem-
nächst eingerichtet werden soll und die sich mit der
Fotomontage befassen wird. Man hat offenbar die
Absicht, in der Ausstellung über Fotomontage auf
diesem Gebiet, auf dem es ungeheuer viel Unrat
gibt, das Beste und wirklich Gute herauszuholen.
Man wird damit ohne Zweifel den Wert und die Be-
rechtigung der Fotomontage und ihre gebietsmäßige
Abgrenzung zur Diskussion stellen.

Nun befindet sich zurzeit dort eine Ausstellung
deutscher Holzwerkstätten. Auch hier kann man
sagen, daß das Thema sehr schwierig ist, voraus-
gesetzt, daß man es wirklich aufrollt. Heute, da
das Kunstmaterial in der Produktion immer mehr vor-
dringt, ist es sehr wichtig, einmal an dem Beispiel
eines Naturmaterials die Möglichkeiten der Ver-
wendung und die gebietsmäßige Berechtigung zu
erörtern. Da hätten sich die verschiedensten Frage-
stellungen ergeben, selbst wenn man sich nur auf
Kleinerzeugnisse beschränkt hätte, also den Möbel-
bau und das Holz als Baumaterial außer acht ge-
lassen hätte. Einige Fragen seien genannt: Wo gibt
es Gerätschaften, die in überwiegender Zahl in Holz
hergestellt werden? Wo verdrängt heute ein Kunst-
material das Holz in der Fertigung dieser Gerät-
schaften? Wo gibt es bäuerliche oder industrielle
Werkstätten, die Holzgeräte herstellen? Handelt
es sich dabei um gewerbliche Tradition und wie
sehen diese Dinge aus? Für welche Gerätschaften
eignet sich das Naturmaterial Holz in so hohem
Maße, daß es voraussichtlich in der Herstellung in
absehbarer Zeit nicht verdrängt werden wird? Diese
Fragen, die mehr das Gewerbe betreffen, sind in der
Ausstellung nicht gestellt, und doch wird man an sie
erinnert, wenn man vor den Arbeiten der Berliner
Drechslerfachschule steht. Die Frage, ob eine Kar-
toffelschüssel in Holz oder eine Pfefferbüchse in
Holz heute Berechtigung haben oder nicht, muß
eine gesunde Gewerbepolitik sich unbedingt stellen.
Wenn Schulen sich mit dieser Materie beschäftigen,
so dürfen sie damit nicht in die Luft hinein bauen,
denn sie sind ihrem Schülermaterial gegenüber dafür
verantwortlich, daß sie es nicht für einen Beruf er-
ziehen, den es in Wirklichkeit nur in den seltensten
Fällen und nur an örtliche Traditionen gebunden
noch gibt. Es sei ohne weiteres zugegeben, daß es
für einen Schulleiter, dem die ungeheuer schwere
Aufgabe übertragen ist, einem Gewerbe zu helfen,
für das die Zukunftsaussichten im Augenblick recht
trüb erscheinen, sehr schwer ist, diesem Gewerbe
nicht nur gutes Schülermaterial zuzuführen, sondern

durch die Arbeiten seiner Schule neue Wege zu wei-
sen. Es soll hier nicht bestritten werden, daß es
nicht etwa in Süddeutschland und in anderen Gegen-
den ausgezeichnete traditionelle Holzwerkstätten
gibt, aber leicht haben sie es sicher nicht, ihre
Ware abzusetzen. Es ist sehr schade, daß man von
diesen Werkstätten auf der Ausstellung nichts ge-
sehen hat. Wir erinnern nur ganz beispielsweise an
die von Hausfrauen so geschätzten Arbeiten der
Werkstätte Karl Leute in München, die nicht auf
der Ausstellung vertreten sind.

Nun glauben wir jedoch, daß es nicht die Schuld
der Ausstellungsleitung ist. daß mit den Arbeiten der
Drechslerfachschule in Berlin ein so schwieriges
Gebiet angeschnitten wurde. Diese Ausstellung hat
sich offenbar ein ganz anderes Ziel gesetzt, das
deutlich in der Bevorzugung der Windeschen Arbei-
ten zum Ausdruck kommt. Wenn nicht alles täuscht,
so wollte man das Holz als Material für eine mo-
derne kunsthandwerkliche Betätigung zeigen. Das
kam auch in einer ganz ausgezeichneten Einfüh-
rungsrede von Dr. von Pechmann zum Ausdruck,
der es außerordentlich gut verstand, die Eignung
dieses Naturmaterials für besondere individuelle
kunsthandwerkliche Erzeugnisse darzulegen. Nicht
nur dieser Teil der Rede sei hier hervorgehoben,
sondern auch all die klugen Ideen, die er sonst
noch dabei vortrug. Er legte dar, daß das neue
Kunsthandwerk nicht auf dem Boden des alten ent-
steht und daß die Versuche in Gebieten, die eine
alte Handwerkskultur haben, dem Gewerbe durch

Fotos: Reidt, München
Holzarbeiten der Deutschen Werkstätten München G. m. b. H.

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