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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 6.1931

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Rückert, Otto: Handwerk und neues Bauen
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https://doi.org/10.11588/diglit.13708#0215

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die im besten Falle einem inneren Müssen ent-
springt, gefördert oder aber gehemmt?

Bedauerlicherweise wird kein Begriff, den
unsere Zeit zum Schlagwort umprägte, in den
Reihen des Handwerks so gründlich mißverstan-
den wie der Begriff „Wertarbeit". Unter Wert-
arbeit verstehen heute noch viele Handwerker
die Herstellung reichverzierter Gegenstände, in
deren engem Gefüge sich die technischen Vor-
gänge drängen. Ich erinnere hier an das Gebilde
„Schrank", das im Grunde genommen eine
zweckmäßige Sache ist und trotzdem mit
Intarsien und Spiegeln, mit Schnitzereien und
allen möglichen Finessen des Furnierens be-
lastet wird. Oder aber an die gestrichene Wand,
die durch Linien und Bänder, durch die Dar-
stellung exotischer Pflanzen oder krauser Orna-
mente ihres Sinnes als Hintergrund für Mensch
und Hausrat beraubt wird. Die Ursache dieses
seltsamen Tuns liegt eben darin, daß der Hand-
werker zeigen will, was er technisch zu leisten
vermag. Er will unter allen Umständen hervorken-
ren, daß er mehr kann als eine glatte Fläche or-
dentlich herzurichten, eine Wand sauber und
fleckenlos zu streichen oder glatte, geschmie-

dete Stäbe anständig zu fügen. Und die groben
Sünden der Handwerkserziehung, die Fehler der
Handwerkerschulung sprechen aus dieser sinn-
losen Handlungsweise. Seien wir ehrlich! — es
ist doch niemandem eingefallen, dem Handwerker
in Werkstätte und Schule darüber die Augen zu
öffnen, daß der besondere Wert der handwerk-
lichen Arbeit in der richtigen Darstellung des
Werkstoffes und darüber hinaus in der restlosen
Einstellung auf den Sinn und Zweck der gestell-
ten Aufgabe zu suchen ist. Die gesamte hand-
werkliche Arbeit, die stets auf der Schulung be-
ruht, kam vom Ornament, vom zufälligen Zier-
werk her und stellte diese manchmal recht ba-
nale Beigabe eines Werkstückes über die ver-
nünftige Auswertung des Werkstoffes, über die
sinngemäße und sichtbare Hervorhebung der
durch den Zweck gegebenen technischen Mög-
lichkeiten. Man lebt doch stets in der Ver-
suchung, hinter den geschnitzten und reichprofi-
lierten Türen eines Schrankes Kostbarkeiten an
Stelle getragener Kleider und Wäsche, hinter
reichgeschmiedeten Gittern einen köstlichen
Park statt recht nützlicher Gemüsebeete zu
suchen.

Die alte unddie neuoZeit. Bauausstellung Berlin.
Aus der Gruppe,,Metall". Schlosserinnung Berlin.
Aufgestellt in den schönen, neuen Hallen nach
dem Gesamtbebauungsplan von Poelzig und
Wagner.

L'ancien tempsetl'epoquenouvelle, du groupe ,,Metal",
etabli dans les belles halles neuves, d'apres le plan
general de construction de Poelzig et Wagner.

Old and new Times. Part of the group ,,Metal". Set
up in the fine new halls according to the general ground
plan of Poelzig and Wagner

Foto: C. Rehbein, Berlin

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