Foto: Rehbein, Berlin
Bonbongläser. Bei den drei rechts abgebildeten ist der Rand freihändig umgelegt, bei den links abgebildeten ist er in der
Form geblasen. Die Petroleumlampenzylinder sind ein großer Exportartikel nach den asiatischen Ländern und Ägypten
Bartsch, W. Quilitz & Co. A.-G., Berlin W 40
Bocaux ä bonbons. Le rebord aux trois pieces representees ä droite est applique ä la main, ä Celles de gauche il a ete obtenu au soufflctge
meme. Les verres de lampes sont un article tres recherche aux pays d'Asie et en Egypte; c'est un article d'exportation de premier ordre
Glass Containers for candies. The edges of the three Containers on the right are shaped by hand, of those on the left they are blown in the
moulds. The chimneys of kerosene lamps are exported in considerable quantities to Asiatic countries and to Egypt
artikel auf dem Weltmarkte erforderte. Noch
vor gar nicht langer Zeit, etwa 60 Jahre zurück,
wurden fast alle Gläser freihändig ohne jede
Zuhilfenahme von Formen aus Holz oder Metall
mittels der Pfeife des Glasbläsers fertiggestellt,
und die Geschicklichkeit des Bläsers schuf in
schnellster Arbeitsfolge neben den einfachsten
Gebrauchsformen die kapriziösesten Dinge aus
der zähen aber leicht erkaltenden Masse. Noch
heute werden solche Gläser von geschickten
Handwerkern hergestellt und gehören, wie schon
oben gesagt, zu den besten Erzeugnissen des
Glasmacherhandwerks, unerreichbar durch die
raffinierteste Technik unserer Zeit. Leider ver-
schwinden solche Erzeugnisse immer mehr,weilsich
ihre Herstellung wirtschaftlich nicht lohnt. Nur
noch die Gläser aus Venedig-Murano sind als
rein handwerklich zu bezeichnen, aber das Ma-
terial des Glases ist ein minderwertiges und im
Gebrauch wenig widerstandsfähiges ist klanglos,
und nur die schönen Ziergefäße haben einen
Reiz; wirtschaftlichen Wert haben diese Gläser
nicht.
Fast alle Trinkgläser werden heute neben
unvermeidlichen handwerklichen Eingriffen in
Holz- oder Metallformen geblasen, d. h. ihre
Formen werden mit einem großen formalen An-
satz versehen, der an einer eingeschnürten Stelle
abgesprengt wird; die dadurch an der Öffnung
entstehenden Ränder werden nochmals ins Feuer
gebracht und weich verschmolzen. Früher wur-
den diese Öffnungsränder mit einer Glasschere
abgeschnitten, wozu ein äußerst geschickter
Handwerker nötig war, um eine gleichmäßige
Randfläche zu erzielen; ganz kleine Abweichun-
gen blieben immer, verliehen dem Stück aber den
handwerklichen Reiz. Dieser weiche Rand war
besonders bei Trinkgläsern sehr angenehm für
die Berührung mit den Lippen. Außerdem waren
diese Gläser, weil die Ausdehnungsfähigkeit des
Glases nicht durch nochmaliges Insfeuerbringen
nach dem Erkalten zu sehr in Anspruch genommen
wurde, haltbarer und klangen wie Glocken
beim Anstoß. Wenn nun die Technik wirtschaft-
lich, auf Kosten der formalen Schönheit, der
Glasherstellung sehr zu Hilfe gekommen ist, so
bleiben doch manche glashandwerklichen Reize
trotz aller Erfindungen der Hand des Arbeiters
vorbehalten. Es soll hier soweit als möglich an
den in den Abbildungen dargestellten Dingen,
die aus einer Riesenmenge aller möglichen Glas-
formen als schön ausgewählt worden sind, ge-
zeigt werden, wieweit Handwerk in Verbindung
mit der Technik und Technik allein Dinge schaffen,
die durch Generationen hindurch ohne beabsich-
tigte Gestaltung eines ehrgeizigen Künstlers
selbst durch den Zweck gewachsen sind und zu
den altgewohnten selbstverständlichen, wenig
beachteten Dingen unserer Lebenshaltung ge-
hören.
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Bonbongläser. Bei den drei rechts abgebildeten ist der Rand freihändig umgelegt, bei den links abgebildeten ist er in der
Form geblasen. Die Petroleumlampenzylinder sind ein großer Exportartikel nach den asiatischen Ländern und Ägypten
Bartsch, W. Quilitz & Co. A.-G., Berlin W 40
Bocaux ä bonbons. Le rebord aux trois pieces representees ä droite est applique ä la main, ä Celles de gauche il a ete obtenu au soufflctge
meme. Les verres de lampes sont un article tres recherche aux pays d'Asie et en Egypte; c'est un article d'exportation de premier ordre
Glass Containers for candies. The edges of the three Containers on the right are shaped by hand, of those on the left they are blown in the
moulds. The chimneys of kerosene lamps are exported in considerable quantities to Asiatic countries and to Egypt
artikel auf dem Weltmarkte erforderte. Noch
vor gar nicht langer Zeit, etwa 60 Jahre zurück,
wurden fast alle Gläser freihändig ohne jede
Zuhilfenahme von Formen aus Holz oder Metall
mittels der Pfeife des Glasbläsers fertiggestellt,
und die Geschicklichkeit des Bläsers schuf in
schnellster Arbeitsfolge neben den einfachsten
Gebrauchsformen die kapriziösesten Dinge aus
der zähen aber leicht erkaltenden Masse. Noch
heute werden solche Gläser von geschickten
Handwerkern hergestellt und gehören, wie schon
oben gesagt, zu den besten Erzeugnissen des
Glasmacherhandwerks, unerreichbar durch die
raffinierteste Technik unserer Zeit. Leider ver-
schwinden solche Erzeugnisse immer mehr,weilsich
ihre Herstellung wirtschaftlich nicht lohnt. Nur
noch die Gläser aus Venedig-Murano sind als
rein handwerklich zu bezeichnen, aber das Ma-
terial des Glases ist ein minderwertiges und im
Gebrauch wenig widerstandsfähiges ist klanglos,
und nur die schönen Ziergefäße haben einen
Reiz; wirtschaftlichen Wert haben diese Gläser
nicht.
Fast alle Trinkgläser werden heute neben
unvermeidlichen handwerklichen Eingriffen in
Holz- oder Metallformen geblasen, d. h. ihre
Formen werden mit einem großen formalen An-
satz versehen, der an einer eingeschnürten Stelle
abgesprengt wird; die dadurch an der Öffnung
entstehenden Ränder werden nochmals ins Feuer
gebracht und weich verschmolzen. Früher wur-
den diese Öffnungsränder mit einer Glasschere
abgeschnitten, wozu ein äußerst geschickter
Handwerker nötig war, um eine gleichmäßige
Randfläche zu erzielen; ganz kleine Abweichun-
gen blieben immer, verliehen dem Stück aber den
handwerklichen Reiz. Dieser weiche Rand war
besonders bei Trinkgläsern sehr angenehm für
die Berührung mit den Lippen. Außerdem waren
diese Gläser, weil die Ausdehnungsfähigkeit des
Glases nicht durch nochmaliges Insfeuerbringen
nach dem Erkalten zu sehr in Anspruch genommen
wurde, haltbarer und klangen wie Glocken
beim Anstoß. Wenn nun die Technik wirtschaft-
lich, auf Kosten der formalen Schönheit, der
Glasherstellung sehr zu Hilfe gekommen ist, so
bleiben doch manche glashandwerklichen Reize
trotz aller Erfindungen der Hand des Arbeiters
vorbehalten. Es soll hier soweit als möglich an
den in den Abbildungen dargestellten Dingen,
die aus einer Riesenmenge aller möglichen Glas-
formen als schön ausgewählt worden sind, ge-
zeigt werden, wieweit Handwerk in Verbindung
mit der Technik und Technik allein Dinge schaffen,
die durch Generationen hindurch ohne beabsich-
tigte Gestaltung eines ehrgeizigen Künstlers
selbst durch den Zweck gewachsen sind und zu
den altgewohnten selbstverständlichen, wenig
beachteten Dingen unserer Lebenshaltung ge-
hören.
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