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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-49 Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0155

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Mlage.;m Heidelberger Iettung.

M 3S. Sonntag, -en 11. Februar 1866.

D eut s ch la n d

Heidelberg, 4. Febr. Der „B->d. L.-Z."
wird vo» hier gcschrieben: Die bckannlc, vom
Geh. Rath Welcker gestellte Preisfrage:
staatsrechttich nach;uweisen, wie in friedsertiger,
aber wirksamer Weise eine Mißregierung, welche
die Jntcressen und die Ehre eineS LtndeS ge-
fährde, entfernt werden könne, hat in deutschcn
und auSländischen Blältern eine sehr verschie-
dene und entgegengesetzte Aufnahme-und Deu-
tung gefunden. Es war dies natürlich, dr
die meisten Blätter nur den kurzen Jnhalt der
Preissrage selbst, nicht aber deren umfangreiche
Begründung, wie sie die „Allg. Ztg." brachte,
wiedergegeben haben. Da war denn allerdingS
schwer zu bcgreifen, wie durch eine Abhand-
lung, und wäre fie auch die beste von der Welt,
eine Regierung, welche auf bloße Gewalt, nicht
auf daS Recht stch stützt, unschädlich gemacht
.oerden könne. Die Sache verhält sich indessen
iu der That anderS, wie Jedem, der die beige-
grbene Bcgründung aufmerksam liest, klar wer-
den muß. DaS Ganze ist nichtS, als eine fe.inc
Zronie auf einen gewisien politischen Doctri-
»arismus, der slch gerade jetzt wiedcr, namcnt-
lich in eincm gewissen dculschen Großstaat, breit
zu machen sucht. Der altbewährte muthige
Vvrkämpfcr für constitutionelle Prinzipien will
gewisien Politikern zu Gemüth sührcu, daß,
wcnn man nicht einmal den Muth hat, die
Mittel, welche die Verfasiung selbst gegen cine
Mißregicrung an die Haud gibt, entschlosscn
in Anwendung zu bringen, man sich auf cinc
schicfe Ebene begebe, die nur abwärts führen
könne, und deren Endc nur das Aushören alleS
constitntionellen LebenS oder unter Umständcn
daS bringcn müsse, waS alle rechtlichen Lcute
vcrhnten wvllcn. ES handelt stch dahcr keines-
wegS um Wsung der Onadratur eincs politi-
schbn Zirkels, woht aber um Beherzigung eineS
ichr nahe liegenden praktisch lösbaren Pro-
blemS.

Konfianz. Wic die „Konst. Ztg." ver>
nimmt, hat der Gemeinderath von Freiburg
durch cin Rundschreiben sämmtlichc Gemeindcn
deS Landes, welche übcr 8000 Seelefi zählen,
zu gemcinschaftlichen Schritten bezüglich Durch-
stcht dcr Gemeindcgesetze aufgcfvrdert. Der
hiesige Gemeinderath nuu soll sich -instimmig
sür folgcnde Punkte erklärt haben: 1)Abschaf-
siing der großen AuSschüsje in Gemeinden,
welche weniger als 300 Bürger zählen, und
Bermehrung der Mitgliederzahl in jenen Gc-
meinden. sür welche die großen NuSschüsie bei-
behaltcn wcrden. 2) Einsührung dcr unmittel-
barcn und geheimen Wahlen der Gemeindebür-
ger für dic Aemter deS Bürgermeisters, der
Gemeinderäthe und der Mitglicder des cngeren
AuSschusies; Bescitigung des Octroyiruugsrech-
tes der großh. Regierung. 3) Beschränkung
der Dienstzeit deS BürgermeisterS von 9 auf
8 Jahre. 4) Beizug dcr Kapital-und Klassen-
steuerkapitalien der ortSbkrgerlichen Einwohner
zu allcn GemeindeauSgaben; Beizug dcr Ka-
pital- und Klassenstcuerkapitalien der staatS-
bürgerlichen Einwohncr sür AuSgaben zu ge-
wissen Ortsanstalten (Armen-, BezirkS-, OrtS-,
Fener- und Gesundheitspolizei, Kirchen, Fried-
höfe, Schulen, Straßen, Anlagen, Belcuchtung
ec.), wogegen dcn Letzteren eine cinflußrcichcre
Veriretung bei Feststcllung dcs Gemcindcvor-
anschlagS und bci der RechnungSabhör dukch
die Gemeinde einzuräumen wäre. 5) Beseiti-
gnng der BorauSbeiträge der OrtSeinwohner
und ihnen Gleichgestellten. 6) Freic Vcrfü-
gung der Gcmcindc über daS Gcmeindevermö-
gen, ersorderlichen Falls Genehmigungwcr wich-
tigern VcrsügungShandlungen durib eine bür-
gerliche Behörde, den Kreisausschuß. 7) Rc-
gelung der Frage wegen der Armenunterstütznng,
msbesondere auch Erhöhung des Mapimalbci-
trages der neu aufgcnomnienen Bürger zu den
Ortsarinenanstalten.

Köln, 6. Febr. Der Geh. Zustiz- und
AppellationSgerichtsrath v. Ammon verösient-
l^t^ii^e^^K^^

fällen zuwider laufende und mit höchst bedenklichen Fol-

Gegen Ende des Mouals März 1348 mnrde ich durch
das Mi^isterium^^ ^rsiner^ n^ je^t

Borberathung des VerfasfungSeulwurfs vom 29. Mai
1848 betheiligt und die Fassung deS § 57: „Die Mit-

fungse^twurf in die Nationalversammluug, und diefe
faßte den Art. 79 ihres Verfasfungsentwurfs mit ge-
ringer Aenderung dahin: „Sie können sür ihre Abstim-

rungen nicht zur Rechenschaft gezogen wer^en." Die
Verfassungsurkunde vom 5. Dec. 1848 stellte die Fas-
sung^des Entwurfs vom 20. Mai 1848 wieder hcr.

über die Revision dieser Verfassung wurde die Bestim-
mung übereinstimmend gefaßt: ,Sie können für ihre
Absümi^ungen in der^Kamnier ^iiemals, für^ihre dar^n

ihrer RevisionScommissiou angeuommen, — der Cen-
lralausschuß der ersten Kaminer schloß sich demnächst
d^selb^a^^^ die ^erst^e Ka^mer genel^mig^^iesel^

schast vom 7.'Januar 1850, worin mehrere Aenderungen
der Verfassung verlangt wurden, war von diesem Artlkel-
mit keinem Worte die Rede. So kam er denn in die
Verfassung vom 31. Jan. 1850, so wurde er mit der-
selben vom Könige und den Abgeordneten beschworen,
und so wurde er in voller Unbedingtheit 17 Jahre hin-
durch verstanden und gehandhabt, biS man erst in aller-
neuester Zeit durch die beregten Distinktionen ihn ab-
zuschwächen suchte. Wo aber die Gesetzgebung mit allen
chren Factoren klar und einfach gesprochen und keinerlei

tionen und Jnterpretationen die Unverletzlichke^t dcr Ab-
gesrdneten außerhalb der Kammer schwächen. DaS ist
meine tiefe und innige Ueberzeugung, mit welcher ich
stehe und falle. Köln, den 5. Febr. 1866. Friedrich
v. Ammon. Geheimer Justiz- und Appellationsge-
richlsrath.

Köln, 7. Febr. Vor dem hiestgen Zucht-
polizeigerichte beganncn heute Vormittag die
Verhandlungcn wegen der »on Seiten der
Staatsbehördc incriminirten Vorginge nnd
Verösientlichnngen in Betreff deS viclbesproche-
nen Abgeordnetensestes vom 22. und 23. Jnli
vorigcn JahreS. So weit diese Vorgänge und
Schriststücke in der vormittäg. Sitzung bis zum
Schlusie derselben verhandelt wurden, nahm
daS Oeffentliche Minisierinm unter Annahme
mildernder Umstände in allen bezüglichen Fäl-
len Strafanträge auf 25 nnd beziehungSweisc
50 Thlr. Geldbuße gegen Hrn. Clasien-Kap-
pclmann und dieselben Rnträge g-gen den ver-
antwortlichen Rcdactenr der „Kölnischen Zei-
tung", so wie einen Strasantrag ans 50 Thlr.
Gcldbuße gegen den verantwortlichen Redactenr
der „Kölnischen Blätt-r" an. Die Publication
der diesfälligen Urtheile wurde auf acht Tage
auSgesetzt.

Niederlande
Rotterdam, 7. Februar. Der chil-nische
Corsar „Jndependance" befindet stch noch im-
mer in der Schelde bei Ternenzen, wo er von
der holländischen Fregatte „Adolph von Nassau"
genau überwacht wird.

Badifche Bevölkerungssiatistik.

. VII. Aerztlichc Behandlung. Jn den Jah-
ren 1852—83 starbcn 53„ Proz. der Gestor-
benen in ärztlicher Behandlung, 46,x Prozent
ohne diejelbe. Die Zuzichung deS Arz-
t-s b-i Todesfälleu, also auch im Allgcmeinen
in Krankheitssällen, isi im Zunehmen begriffen,
1862 starben schon 58,„ 1863 58„ Proz. der
Gestorbenen in ärztlicher Behandlung.

VI». TodeSartcn. Die Zahl dcr Selbsi-
morde, andercn Ländern gegenüber eine mitt-
lere, ist gegcn früher scheinbar gestiegen; doch
waren damals die Aufzeichnungen weniger ge-
nau. Jn den letzten Zahren ist eher Ivieder
eine Neigung zur Abnahme vorhandcn. Von
1852—1863 fanden im Durchschnitt jährlich
151 Selbstmordc statt, 1 anf 9000 Einwoh-
ner. — Verunglückungen haben sich in crheb-
lich größerem Maße wie srüher ereignet, lvoran
die AuSdchnung des MaschinenwejinS rc.
Schuld ist. Es verunglückt jahrlich durch-
jchnittlich Eincr aus 3000 Einwohner. — Jn
Kindbett starb mährend der genannten Jahre
.»on 131 Frauen Eine; ein außergcwöhnlich
starkeS Verhältniß. — An Blattern kam jähr-
lich 1 Todesfall auf etwa 40,000 Einwohner,
an Mascrn 1 auf 3830 (auf 1220 Kinder
unter 14 Jahren), an Scharlach 1 aus 3310
(auf 1050 Kinder), nberall ein günstigeS Ver-
hältniß. — TodcSfälle in Folge von Keuch-
husten gab cs 1852/63 jährlich 515 oder 1
aus 2620 Einwohner (auf 850 Kinder), gleich-
sallS eine günstige Zahl. — Der TyphuS ver-
langte jährlich 1500 Opfer, 1 auf 900 Ein-
wohner, ivaS etwa dem europäischen Durch-
schnitt entspricht und 4„ Proz. aller TodeS-
sälle ausmacht. — An der Ruhr 1852/63
(1852 und 1854 Cholera) starben durchjchnitt-
lich jährlich 890 Personen, 1 aus 1517 Einw.
(„ Proz. der Sterbesälle). — Plötzlicher, d. h.
binnen 24 Stundcn eingetretener Tod (vor-
nämlich Schlagfluß) fand durchschnittlich jähr-,
lich in 550Fällen statt (1 auf 2455 Einwoh-
ner, 1„ der Sterbefälle).

Masern, Scharlach und Ruhr stnd epide-
mijche Krankheitcn, d. h. ste treten zeitweise
mit großer Heftigkeit auf und verschwinden
dann wieder beinahe gänzlich. So starb im
Jahre 1860 am Scharlach fast Niemand, im
Jahre 1863 üb-r 1000.

Universttäts - Nachrichten
Grcifswald. 3. Febr. Nach der „Köln.
Ztg." ift Professor Franz Bücheler in Frei-
burg als Prosessor der klajsischen Philologie
an die hiestgc Universitgt berusen worden.
 
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