Wdelbtrger Ztilung
Kreisverkülldigungsblatt sür den Kreis Heidelberg nnd amtliches Verkündigungsblatt für die A>nts-- nnd AuttS-
Gcrichtsbczirke Heidclberg nnd Wicsloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargcmünd.
Nr «1
Mittwoch, IL März
18«8.
* Politische Umfchau.
Heidelberg, 13. März.
* Jn neuester Zeit ist von vcrschiedenen Or-
ganen der Presse darauf aufmerksam gemacht
worden, daß Oesterreich einem Krreg mit Preu-
ßen kcineswegs fo ernstlich abgeneigt sei, als
man gewöhnlich annehme. Wenn daher Herr
v. Bismarck darauf rechnen sollte, daß Oefter-
reich eher Alles, was er verlangt, bewilligen, als
das Nisico eineS Krieges übernehmen werde,
welcher dem halbbankerotten Staate beinahe
unerschwingliche Opfer aufbürden würde, und,
im Falle eines unglücklichen Ansgangs, das
zur Zeit ohnehin in feinem Jnnern zerrüttete
N.eich vollends auseinander reißen könnte, so
habe diese Berechnung vielleicht manches für sich,
aber sie fci nichts wenigcr, alS-si ch*er. Hr.
v. BiSmqrck rcchnet hiebei in der That theil-
weise mit unbekannten Größen, und eS ist mög-
lich, daß die Dinge ganz anderS kommcn, alS
er calcnlirt. Es liegt nicht außcr dem Berciche
der Möglichkeit, daß der Kaiser von Oesterreich
einen Appell an die Waffen dem eigenen Staats-
interesse entsprechend findet, und den Handschuh
aufnimmt, welchen man ihm hinwirft. ES wäre
nicht das erste Mal, daß ein Fürst den Degen
zieht, um auf andere Weise unlöSbar gewor-
denen Vcrlcgenheiten ein Endc zu machen. Und
wenn man anch annehmen wollte, daß Ocster-
veich vernünftigerweise die Kosten und Gefah-
ren eines Krieges nicht übcrnehmen sollte, bloS
um Preußen die Annexion der Elbherzogthümcr
strcitig zu machen. so ift doch unleugbar, daß
eine ganz andere Frage als die schleswig-hol-
steinischc hier mit in's Spiel kommt,' und mit
der Zcit ganz und gar in den Vordergrund
treten würde, nämlich die Frage, wer künftig
iv Deutschland herrschen soll. Oester-
reich macht dicse Frage bekanntlich noch jznmcr
zum Hauptpunkt seiner Politik, und ist keincs-
wcgs gesonncn, sich nach dem Osten zurückzu-
zichen. So kann und wird es daher immer-
hin ganz unerwartete Opfer bringen, um eine
ErhöhunL Prcußens in Dcutschland abzuwen-
den, wcnn dieseS von seinen jetzigcn unberech-
tigten Anforderungen nicht durchaus absteht.
Hätte sich sreilich Preußen durck eine liberale
und gerecbte Politik die Sympathie deS schles-
wig-holstcinischen und deutschen Volkes versichcrt,
so könnte cs mit mehr Zuvcrsicht auf einen
günstigen Erfolg seiner Bcstrebnngen zählen.
Der preußische Dcputirte Twesten ist nun
auch vom Obcrtribunalrath wegen seiner Be-
theiligung am deukschcn Abgeordnetentag vom
21. Dec. 1863 zu Franksurt, auf welchem u.
A. auf die LoStrennung dcr Herzogthümer von
Dänemark gcdrungen wurde —- vörurtheilt
worden, nachdem ihn daS Kammcrgericht frei-
gesprochen hatte.
Die „Nheinische Zeitung" ermahnt alle Mit-
glicder der libcralen Partei, namentlich aber
die Abgeordneten, die Wahlcomites rc., schon
jetzt mit aller Energie die Vorbereitungen zu
den Neuwahlcn ^u trcffcn, da die conservative
Partei sich die größte Mühe gebe, ihren Ein-
fluß geltend zu machen und auSzudehnen, und
die Gefahr, daß die Gegüer in einer Anzahl
Wahlkreise, namentlich in Schlesien, Erfolg
haben könnten, kcincswcgs so gering sei, wie
man sie gemeinhin veranschlage.
Der Debit aller in Prcußen verbotenen
Zeitungen und Zeitschriften ist vom Minister
für Handel, Gcwerbe und öffentlichc Arbeiten
auch bei dcn lauenburgischen Postmeistern und
Postexpeditioncn vcrbotcn.
Laut der Sunday Gazette soll Oestcrrcich
die englische Regicrung um ihre FreundeSdienste
Behufs Vermittclung in der Herzogthümerfrage
angegangen, Earl Clarendon jedoch diescS An-
suchen abgelehnt haben. — Die „Morn. Post"
widerlegt vorsteheirde Gerüchte, sowie daß Preu-
ßen ein Ultimatum abgeschickt habe. Der
König und tzer Kronprinz scicn den Ansichten
Bismarcks und anderer Nathgeber entgegen.
Die von dcm „Mem. dipl." gebrachtcn De-
mentis (s. gestr. Nr. Paris, 10. März) wegen
der Aufstcllung der östcrreichischen Truppen
und der Nachricht des „Nuss. Jnv." von der
Concentration russischer Truppen siud, nach
einer Wicnpr Dcpeschc deS „Fr. I.", entschie-
dcn unbcrechtigt. Diese Maßnahmen sind vicl-
mehr unwiderlegliche Thalsachen.
Auch der Württcmb. Staatsanzeigcr spricht
sich nach dcm Vorgange deS badischcn Regie-
rungsorgans gegcn die Politik Preußens in
der schleswig-holsteinischen Frage aus.
Der nächste deutsche Journalistentag soll in
dcn Pfingsttagen in Berlin Statt finden.
Auch ver italienische Senat hat den Han-
delsvertrag mit dem Zollverein und zwar mit
73 gegen 1 Stimme genchmigt.
Der sranzösische Botschaftcr in Wien ver-
langte officielle Veröffentlichung der bei der
Ueberrcichung deS EhrenlegionordenS gehaltenen
Ansprache und der Antwort des KaiserS.
Deutschland.
Karlsruhe, 10. März. Das heute er-
schienene Regierungsblatt Nr. 13 enthält (außer
Personalnachrichten):
I. Verfügungen und Bekanntmachungen der
Ministerien. !) Bekanntmachung des großh.
Justizministeriums: Die Besetzung der Stelle
eines Gerichtsnotars bei großh. AmtSgericht
Neustadt betreffend. (Notar Heinrich Tritsch-
l er in Engcn ernannt.) 2)Bekanntmachungen
des großh. MinisteriumS des Jnnern: a) Das
amtliche Verknndigungsblatt für den Amts- und
Amtsgerichts-Bczirk Buchen betreffend. (Der
„Buchener Anzeiger" wurde an S-tclle deS
„Odenwälder Boten" zum Amts - Verkündi-
gungsblatt sür den Amts- und AmtSgerichts-
Bezirk Buchen vom 1. April d I. an bestimmt.)
b) Die Vornahme ciner Ersatzwahl für den
aus der zweiten Kammer der Ständeversamm-
lung freiwillig ausgetretenen Äbgeordncten Bitt-
mann betreffend. (Mit der Leitung alS landes-
herrlicher Wahlcommissär wird Stadtdircctor
Schaible in Rastatl beauftragt.) 3) Bckannt-
mnchung des großh. FinanzministeriumS: Die
Serienziehung sür die 81. Gewinnziehunz deS
Lotterieanlchens von 14 Millionen Guldcn in
35-fl,-Loosen vom Jahr 1845 betreffend.
II. Todesfälle. Gestorben find: am 30.
Zan. d. I. der pcnsionirte KriegS-Controleur
Schmidt in KarlSrnhe; am 17. v. M. der
pensionirte Lyccalprofessor Hofrath Scharpf
in Mannheim.
Karlsruhe, 12. März. (Fünfzehnte
öffentliche Sitzung der zweiten Kammer.) Ta-
gcsordnung: Berathung des Berichtes der Bud-
getcommission über daS ordentlichc Budget deS
HandelsministeriumS sür die Jahre 1866—67.
Der Etat des gedachten Ministeriums enthält
eine neue Pysition, nämüch die Forderung von
10,860 fl. jährlich für Errichtung eines'sclbst-
ständigen statistischen Bureaus, darunter 1600
fl. für den Vorstand und 1000 fl. für einen
Revisor, die beide mit StaatSdienereigenschaft
angestellt wcrden sollen. Moll drückt den
Wunsch aus, daß auch die Arbeiten der stati-
stischen Bureaus anderer Länder gesammelt und
zum Gcbrauch parat gehalten werden möchten.
Beck: er sei zwar kein besondcrcr Freund einer
Vermehrung der Zahl der St aatSdiener, da
im Semmer die höchfte Ariftokratie, berühmte
Männer der Kuiist und Wisscnschaft, stets durch
nnige Vorträgc mit der ihr eigenen hinreißcndcn
Gewalt. In eincm Seitenthale liegt die reuende
Villa Viardot mit lieblichew Einblick in das Oos-
thal. Nkbenan bkfindet sich ein Gebäude im mo-
dernen Baustyl, tcmpclartig. Ueberrascht wird der
Eintretende durch die wunderbarr Harmonie des
Innern. Jm Hintergrunde eine Orgel, wie in der
Kircke, nrbenan ein vorzüglicher Flügel, am Ein-
gang die Büsten Veethovrns und Rossini's, als
Repräseiitanten dcr deutschen und italienischen Lon-
kunst, zwischen denselben auf einem Piedestal er-
blick>N wir das Brustbtld unserer großcn Priestrrin
selblt in kararischem Marmor. An den beiden Sn-
mit Gesängen, nur Vorzügliches wurdc grboten.
Die Fortschritte der beiden Schülerinnrn, welche
wir zu bören Gelegenhctt batten, sind ganz über-?
raschend, man erkannte darin.die hohe Schule, bie
roße Lehrerin; den Damen ist ohne Zweifel eine
edeut'Nde Zukunft gesichert, mehr zu sagen, halten
> wir nickt für geei^net, denn die Namen^gehören
Zauberflöte in einer VoUendung^ welche sichcrlich
> noch keine Bühne erfahren hat. Frau Viardot
machte uns fcrner mit einer ihrer Eomposirioncn
bekannt, welche ein bohes produktives Talcnt in
^ das glänreudste Licht sicllk: „Waldeinsamkeit" jencs
! liebliche Lied, das kürzlick die JUustrirte Zeitung
j veröffentlichte. Zwei Lieder von Schubert: „Gret-
chen am Spinnrad" und „der Doppelgänaer" brachte
! dic G'sai'gskönigin in ibrer ganzen Leidenschaft-
lickkeit zur höchsten Wahrdeit, namentlich war der
geisterhafte Ausdruck der letztcren Tonschöpfung ticf
i ergreifrnd. ein kalter Schauer ging durch die Glte-
> der bci den Worten: „was willst du Doppelgänger?"
Deu Schluß bildetcn frisch cmpfundene, technisch
fein ausgearbritcte Tonstucke, ebrnfalls Wcrke der
! li- benswürdigen Frau für ihren siebenjäbrigen Kna-
ben Paul, den zu großen Hoff'iungen bcrechtigen-
! den Geiger mit eincm für MäN' er würdigrn Bo-
! genstrich. Tamburin und Triangel der beiden kleinen
' Schwestern in Mitte der auf dem Flügel begleiten-
den Mutter gabrn dem Tongemälde charakteristische
Farbe. Die wahre rrnste Knnst, die bier den Altar
! aufgeschlageu, ist in drn Eoncertsälrn der großen
> Städte nrcht immer zu finben, wir wiffen aber
^ auch die Prrle zu schätzen.
Heidelberg. 8. März. (Lingesandt.) Es
wird nicht ohne Interesse für das hiesige Publi-
kum sein, wenn wir heute eine angenebme Neuig-
keit mittheilen, daß am 15. dieses Monats im
großen Saale des MuseumS ein Concert vom Dio-
linvirtuosen Herrn G. Friemann — unter Mit-
wirkung des Herrn L-(Violoncelle), Beggrow
(Piano) und Ruff (Tenortsi von Mainz) — ge-
geben wird- — Sowohl die Persönlichkrit des Con-
certanten selbst, als die Auswahl der zum Vortrag
kommenden Werke, versprechen den Kunstfreunden
einen wahren und hier seltenen Genuß. — Herr
Friemann, ber unbestritten einen Platz unter
^ deu ersten Vtolinisten einnimmt, wurde vom Pa-
! riser Conservatorium mit dem ersten Preise gekrönt
und riß überall, wo er sich hören ließ, zu dem
lebhaftesten Beifalle hin. Zeitungen, dic über seine
Leistungen Berickte erstatteten, loben etnstimmig
sein Verständniß für classische Musik, seineu seelen-
Vollcn, leichten und eleganten Vortrag, den biS
in die höchsten Lagen glockenreinen Ton und seine
enorme Tecknik. — WaS die zur Erecution be-
stimmten Werke anbelangt, so wiffen wir, daß
unter anderen Es-dur-Trio vo'n Becthoveü und
Mendelsohn's Violinconcert vorgetragen wird; —
in diesem letzten, so wie in allen Solopiecen über-
haupt, gibt sich besonderS das große Talent deS
Herrn Friemann kund.
Kreisverkülldigungsblatt sür den Kreis Heidelberg nnd amtliches Verkündigungsblatt für die A>nts-- nnd AuttS-
Gcrichtsbczirke Heidclberg nnd Wicsloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargcmünd.
Nr «1
Mittwoch, IL März
18«8.
* Politische Umfchau.
Heidelberg, 13. März.
* Jn neuester Zeit ist von vcrschiedenen Or-
ganen der Presse darauf aufmerksam gemacht
worden, daß Oesterreich einem Krreg mit Preu-
ßen kcineswegs fo ernstlich abgeneigt sei, als
man gewöhnlich annehme. Wenn daher Herr
v. Bismarck darauf rechnen sollte, daß Oefter-
reich eher Alles, was er verlangt, bewilligen, als
das Nisico eineS Krieges übernehmen werde,
welcher dem halbbankerotten Staate beinahe
unerschwingliche Opfer aufbürden würde, und,
im Falle eines unglücklichen Ansgangs, das
zur Zeit ohnehin in feinem Jnnern zerrüttete
N.eich vollends auseinander reißen könnte, so
habe diese Berechnung vielleicht manches für sich,
aber sie fci nichts wenigcr, alS-si ch*er. Hr.
v. BiSmqrck rcchnet hiebei in der That theil-
weise mit unbekannten Größen, und eS ist mög-
lich, daß die Dinge ganz anderS kommcn, alS
er calcnlirt. Es liegt nicht außcr dem Berciche
der Möglichkeit, daß der Kaiser von Oesterreich
einen Appell an die Waffen dem eigenen Staats-
interesse entsprechend findet, und den Handschuh
aufnimmt, welchen man ihm hinwirft. ES wäre
nicht das erste Mal, daß ein Fürst den Degen
zieht, um auf andere Weise unlöSbar gewor-
denen Vcrlcgenheiten ein Endc zu machen. Und
wenn man anch annehmen wollte, daß Ocster-
veich vernünftigerweise die Kosten und Gefah-
ren eines Krieges nicht übcrnehmen sollte, bloS
um Preußen die Annexion der Elbherzogthümcr
strcitig zu machen. so ift doch unleugbar, daß
eine ganz andere Frage als die schleswig-hol-
steinischc hier mit in's Spiel kommt,' und mit
der Zcit ganz und gar in den Vordergrund
treten würde, nämlich die Frage, wer künftig
iv Deutschland herrschen soll. Oester-
reich macht dicse Frage bekanntlich noch jznmcr
zum Hauptpunkt seiner Politik, und ist keincs-
wcgs gesonncn, sich nach dem Osten zurückzu-
zichen. So kann und wird es daher immer-
hin ganz unerwartete Opfer bringen, um eine
ErhöhunL Prcußens in Dcutschland abzuwen-
den, wcnn dieseS von seinen jetzigcn unberech-
tigten Anforderungen nicht durchaus absteht.
Hätte sich sreilich Preußen durck eine liberale
und gerecbte Politik die Sympathie deS schles-
wig-holstcinischen und deutschen Volkes versichcrt,
so könnte cs mit mehr Zuvcrsicht auf einen
günstigen Erfolg seiner Bcstrebnngen zählen.
Der preußische Dcputirte Twesten ist nun
auch vom Obcrtribunalrath wegen seiner Be-
theiligung am deukschcn Abgeordnetentag vom
21. Dec. 1863 zu Franksurt, auf welchem u.
A. auf die LoStrennung dcr Herzogthümer von
Dänemark gcdrungen wurde —- vörurtheilt
worden, nachdem ihn daS Kammcrgericht frei-
gesprochen hatte.
Die „Nheinische Zeitung" ermahnt alle Mit-
glicder der libcralen Partei, namentlich aber
die Abgeordneten, die Wahlcomites rc., schon
jetzt mit aller Energie die Vorbereitungen zu
den Neuwahlcn ^u trcffcn, da die conservative
Partei sich die größte Mühe gebe, ihren Ein-
fluß geltend zu machen und auSzudehnen, und
die Gefahr, daß die Gegüer in einer Anzahl
Wahlkreise, namentlich in Schlesien, Erfolg
haben könnten, kcincswcgs so gering sei, wie
man sie gemeinhin veranschlage.
Der Debit aller in Prcußen verbotenen
Zeitungen und Zeitschriften ist vom Minister
für Handel, Gcwerbe und öffentlichc Arbeiten
auch bei dcn lauenburgischen Postmeistern und
Postexpeditioncn vcrbotcn.
Laut der Sunday Gazette soll Oestcrrcich
die englische Regicrung um ihre FreundeSdienste
Behufs Vermittclung in der Herzogthümerfrage
angegangen, Earl Clarendon jedoch diescS An-
suchen abgelehnt haben. — Die „Morn. Post"
widerlegt vorsteheirde Gerüchte, sowie daß Preu-
ßen ein Ultimatum abgeschickt habe. Der
König und tzer Kronprinz scicn den Ansichten
Bismarcks und anderer Nathgeber entgegen.
Die von dcm „Mem. dipl." gebrachtcn De-
mentis (s. gestr. Nr. Paris, 10. März) wegen
der Aufstcllung der östcrreichischen Truppen
und der Nachricht des „Nuss. Jnv." von der
Concentration russischer Truppen siud, nach
einer Wicnpr Dcpeschc deS „Fr. I.", entschie-
dcn unbcrechtigt. Diese Maßnahmen sind vicl-
mehr unwiderlegliche Thalsachen.
Auch der Württcmb. Staatsanzeigcr spricht
sich nach dcm Vorgange deS badischcn Regie-
rungsorgans gegcn die Politik Preußens in
der schleswig-holsteinischen Frage aus.
Der nächste deutsche Journalistentag soll in
dcn Pfingsttagen in Berlin Statt finden.
Auch ver italienische Senat hat den Han-
delsvertrag mit dem Zollverein und zwar mit
73 gegen 1 Stimme genchmigt.
Der sranzösische Botschaftcr in Wien ver-
langte officielle Veröffentlichung der bei der
Ueberrcichung deS EhrenlegionordenS gehaltenen
Ansprache und der Antwort des KaiserS.
Deutschland.
Karlsruhe, 10. März. Das heute er-
schienene Regierungsblatt Nr. 13 enthält (außer
Personalnachrichten):
I. Verfügungen und Bekanntmachungen der
Ministerien. !) Bekanntmachung des großh.
Justizministeriums: Die Besetzung der Stelle
eines Gerichtsnotars bei großh. AmtSgericht
Neustadt betreffend. (Notar Heinrich Tritsch-
l er in Engcn ernannt.) 2)Bekanntmachungen
des großh. MinisteriumS des Jnnern: a) Das
amtliche Verknndigungsblatt für den Amts- und
Amtsgerichts-Bczirk Buchen betreffend. (Der
„Buchener Anzeiger" wurde an S-tclle deS
„Odenwälder Boten" zum Amts - Verkündi-
gungsblatt sür den Amts- und AmtSgerichts-
Bezirk Buchen vom 1. April d I. an bestimmt.)
b) Die Vornahme ciner Ersatzwahl für den
aus der zweiten Kammer der Ständeversamm-
lung freiwillig ausgetretenen Äbgeordncten Bitt-
mann betreffend. (Mit der Leitung alS landes-
herrlicher Wahlcommissär wird Stadtdircctor
Schaible in Rastatl beauftragt.) 3) Bckannt-
mnchung des großh. FinanzministeriumS: Die
Serienziehung sür die 81. Gewinnziehunz deS
Lotterieanlchens von 14 Millionen Guldcn in
35-fl,-Loosen vom Jahr 1845 betreffend.
II. Todesfälle. Gestorben find: am 30.
Zan. d. I. der pcnsionirte KriegS-Controleur
Schmidt in KarlSrnhe; am 17. v. M. der
pensionirte Lyccalprofessor Hofrath Scharpf
in Mannheim.
Karlsruhe, 12. März. (Fünfzehnte
öffentliche Sitzung der zweiten Kammer.) Ta-
gcsordnung: Berathung des Berichtes der Bud-
getcommission über daS ordentlichc Budget deS
HandelsministeriumS sür die Jahre 1866—67.
Der Etat des gedachten Ministeriums enthält
eine neue Pysition, nämüch die Forderung von
10,860 fl. jährlich für Errichtung eines'sclbst-
ständigen statistischen Bureaus, darunter 1600
fl. für den Vorstand und 1000 fl. für einen
Revisor, die beide mit StaatSdienereigenschaft
angestellt wcrden sollen. Moll drückt den
Wunsch aus, daß auch die Arbeiten der stati-
stischen Bureaus anderer Länder gesammelt und
zum Gcbrauch parat gehalten werden möchten.
Beck: er sei zwar kein besondcrcr Freund einer
Vermehrung der Zahl der St aatSdiener, da
im Semmer die höchfte Ariftokratie, berühmte
Männer der Kuiist und Wisscnschaft, stets durch
nnige Vorträgc mit der ihr eigenen hinreißcndcn
Gewalt. In eincm Seitenthale liegt die reuende
Villa Viardot mit lieblichew Einblick in das Oos-
thal. Nkbenan bkfindet sich ein Gebäude im mo-
dernen Baustyl, tcmpclartig. Ueberrascht wird der
Eintretende durch die wunderbarr Harmonie des
Innern. Jm Hintergrunde eine Orgel, wie in der
Kircke, nrbenan ein vorzüglicher Flügel, am Ein-
gang die Büsten Veethovrns und Rossini's, als
Repräseiitanten dcr deutschen und italienischen Lon-
kunst, zwischen denselben auf einem Piedestal er-
blick>N wir das Brustbtld unserer großcn Priestrrin
selblt in kararischem Marmor. An den beiden Sn-
mit Gesängen, nur Vorzügliches wurdc grboten.
Die Fortschritte der beiden Schülerinnrn, welche
wir zu bören Gelegenhctt batten, sind ganz über-?
raschend, man erkannte darin.die hohe Schule, bie
roße Lehrerin; den Damen ist ohne Zweifel eine
edeut'Nde Zukunft gesichert, mehr zu sagen, halten
> wir nickt für geei^net, denn die Namen^gehören
Zauberflöte in einer VoUendung^ welche sichcrlich
> noch keine Bühne erfahren hat. Frau Viardot
machte uns fcrner mit einer ihrer Eomposirioncn
bekannt, welche ein bohes produktives Talcnt in
^ das glänreudste Licht sicllk: „Waldeinsamkeit" jencs
! liebliche Lied, das kürzlick die JUustrirte Zeitung
j veröffentlichte. Zwei Lieder von Schubert: „Gret-
chen am Spinnrad" und „der Doppelgänaer" brachte
! dic G'sai'gskönigin in ibrer ganzen Leidenschaft-
lickkeit zur höchsten Wahrdeit, namentlich war der
geisterhafte Ausdruck der letztcren Tonschöpfung ticf
i ergreifrnd. ein kalter Schauer ging durch die Glte-
> der bci den Worten: „was willst du Doppelgänger?"
Deu Schluß bildetcn frisch cmpfundene, technisch
fein ausgearbritcte Tonstucke, ebrnfalls Wcrke der
! li- benswürdigen Frau für ihren siebenjäbrigen Kna-
ben Paul, den zu großen Hoff'iungen bcrechtigen-
! den Geiger mit eincm für MäN' er würdigrn Bo-
! genstrich. Tamburin und Triangel der beiden kleinen
' Schwestern in Mitte der auf dem Flügel begleiten-
den Mutter gabrn dem Tongemälde charakteristische
Farbe. Die wahre rrnste Knnst, die bier den Altar
! aufgeschlageu, ist in drn Eoncertsälrn der großen
> Städte nrcht immer zu finben, wir wiffen aber
^ auch die Prrle zu schätzen.
Heidelberg. 8. März. (Lingesandt.) Es
wird nicht ohne Interesse für das hiesige Publi-
kum sein, wenn wir heute eine angenebme Neuig-
keit mittheilen, daß am 15. dieses Monats im
großen Saale des MuseumS ein Concert vom Dio-
linvirtuosen Herrn G. Friemann — unter Mit-
wirkung des Herrn L-(Violoncelle), Beggrow
(Piano) und Ruff (Tenortsi von Mainz) — ge-
geben wird- — Sowohl die Persönlichkrit des Con-
certanten selbst, als die Auswahl der zum Vortrag
kommenden Werke, versprechen den Kunstfreunden
einen wahren und hier seltenen Genuß. — Herr
Friemann, ber unbestritten einen Platz unter
^ deu ersten Vtolinisten einnimmt, wurde vom Pa-
! riser Conservatorium mit dem ersten Preise gekrönt
und riß überall, wo er sich hören ließ, zu dem
lebhaftesten Beifalle hin. Zeitungen, dic über seine
Leistungen Berickte erstatteten, loben etnstimmig
sein Verständniß für classische Musik, seineu seelen-
Vollcn, leichten und eleganten Vortrag, den biS
in die höchsten Lagen glockenreinen Ton und seine
enorme Tecknik. — WaS die zur Erecution be-
stimmten Werke anbelangt, so wiffen wir, daß
unter anderen Es-dur-Trio vo'n Becthoveü und
Mendelsohn's Violinconcert vorgetragen wird; —
in diesem letzten, so wie in allen Solopiecen über-
haupt, gibt sich besonderS das große Talent deS
Herrn Friemann kund.